Ein „echtes“ Treffen zweier Menschen, die an verschiedenen Orten stehen, das ist die Zukunftsvision des Fraunhofer-IOSB-Alumnus Miro Taphanel und seinen Mitstreitern. Sie wollen die Menschheit aus der Video-Telefonie-Hölle führen – denn bei herkömmlichen Technologien geht ein großer Teil nonverbaler Informationen verloren. Diese neue Form der Kommunikation ist bereits im Einsatz, die Gründer des Karlsruher Start-up treffen sich regelmäßig virtuell über verschiedene Standorte hinweg und stehen sich virtuell in voller Körpergröße gegenüber. Zumindest fühlt es sich dank Gixels Augmented Reality-Technologie, bestehend aus Kamera, spezieller Brille, Bildschirm, Künstlicher Intelligenz und komplexer Software so an.
Auch US-Tech-Giganten mit milliardenschweren Budgets drängen auf diesen Markt und wollen Menschen in andere Umgebungen versetzen – allerdings mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Gelingt Gixel der technische Durchbruch, scheint der finanzielle Erfolg gesichert. Bevor wir in die Zukunft der Kommunikation eintauchen können, gibt es allerdings für das Karlsruher Unternehmen noch technische Herausforderungen zu meistern.
Die Aussicht auf die Lösung eines grundlegenden Problems hat auch die Agentur für Sprunginnovationen SPRIND der Bundesregierung überzeugt. Und so investiert SPRIND in Gixel mehr als 20 Millionen Euro, ein Ritterschlag, der bislang nur wenigen Gründungen zu Teil wurde.
Miro Taphanel studiert am KIT Maschinenbau. Schon während seiner Promotion am KIT steht er im intensiven wissenschaftlichen Austausch mit dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB. Anschließend arbeitet er als Wissenschaftler für die renommierte Universität und wechselt dann als Leiter der Gruppe »Variable Bildgewinnung« zum Fraunhofer IOSB. Mit dem IOSB-Wissenschaftler und Kollegen Ding Luo sowie dem erfahrenen Unternehmensgründer Felix Nienstädt gründet er Sommer 2019 Gixel.
Eure Lösung wird gerne mit dem Holo-Deck, einer fiktiven Errungenschaft aus einer Science-Fiction-Serie, verglichen. Wie kann man sich die Idee hinter der Gixel-Lösung vorstellen?
Unser Ziel ist ein Remote-Meeting im Gefühl eines echten Treffens. Daher steht die Kommunikationslösung als Ganzes im Mittelpunkt. Mit Hilfe von Augmented Reality erzeugen wir die Illusion, dass Gegenstände oder wie in unserem Fall Menschen in meinem Raum, meinem Sicherheitsbereich sind. Darin unterscheiden wir uns klar vom Virtual Reality-Ansatz und damit auch vom Holodeck. Bei unserer Lösung hat man keinen Mülleimer im Gesicht, verlässt nicht den eigenen Fähigkeitsbereich, um in eine andere Welt hineinzugehen. Wir reichern die eigene Realität mit Freund:innen, Bekannten und Kolleg:innen an, bleiben im Hier und Jetzt. So behalte ich auch alle Fähigkeiten, kann mein Handy, meinen Notizblock verwenden, ich könnte auch einen Nagel in die Wand hämmern. Hätte ich eine Mixed-Reality-Brille aufgesetzt, würde ich nicht auf so eine Idee kommen!
Diese Uneingeschränktheit macht neben dem Kommunizieren auch weitere Einsatzszenarien denkbar. Welchen Ansatz verfolgt Ihr dabei?
Das Sehen ist der wichtigste Sinn, dem wir nicht gerecht werden, wenn wir Informationen zunächst in Pixel und digitale Daten umrechnen, um diese wieder in etwas Optisches, Analoges umwandeln. Den Menschen muss man mit seinem peripheren Sehen belassen, so wie es von Natur aus ist. Wir wollen die Superkraft verleihen, Dinge in diesen Sinn mit aufzunehmen. Das Schönste sind gute Freundinnen und Freunde, mit denen man abends auf dem Sofa sitzt, Spiele spielt oder zusammen Sport macht.
Wir setzen zudem auf Spatial Audio. Man hört das Gegenüber, dort wo sie oder er im Raum erscheint. Unser Leitstern ist das reale Treffen mit einer Person. Daher gehen wir einen Schritt weiter und verzichten auf den Lautstärkeregler. Spricht in der realen Welt ein Gegenüber zu leise, gibt es keinen Regler, sondern die Bitte, lauter zu sprechen.