Industrie: Wasser im Kreis führen, Rohstoffe zurückgewinnen
Die in der Fraunhofer-Allianz SysWasser vereinten Forschungsinstitute fahnden auch nach Innovationen zur Aufbereitung von industriellen wie kommunalen Abwasserströmen, sodass das Wasser dem produzierenden Gewerbe oder der Landwirtschaft erneut zur Verfügung gestellt und dadurch im Kreislauf geführt werden kann. Der Hebel für ein nachhaltiges Wassermanagement ist hier groß: In Deutschland liegt der Wasserverbrauch des produzierenden Gewerbes bei 4,5 Milliarden Kubikmetern jährlich. Parallel zum Bestreben, Wasser einzusparen, wächst in der Wirtschaft das Bewusstsein dafür, dass im Prozesswasser oftmals Chemikalien oder Reststoffe enthalten sind, die industriell erneut genutzt werden könnten. Aus Abwässern metallverarbeitender Betriebe könnten sogar teure Rohstoffe wie Silber oder Kupfer extrahiert und wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden. Dieser Aspekt macht die Rückgewinnung nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen spannend.
Was steckt im Wasser? Um das herauszufinden, wurde am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS eine Integrationstechnologie entwickelt, mit der künftig mit nur einem Sensorchip kontinuierlich parallel und in Echtzeit Wasserparameter wie pH-Wert, Nitrat-, Phosphat- und Kaliumkonzentration gemessen werden können. Auf dem Chip sind mehrere sogenannte ionensensitive Feldeffekttransistoren (ISFETs) integriert, mit deren Hilfe sich die Konzentration zahlreicher Ionen im Wasser bestimmen lässt. Dr. Olaf R. Hild, Leiter des Geschäftsfelds Chemische Sensorik am Fraunhofer IPMS, ist überzeugt: »Ein derartiges Messsystem eröffnet neue Möglichkeiten für Anwendungen in der Umweltanalytik, der Land- und Wasserwirtschaft sowie im stark wachsenden Markt der Indoorfarming-Anwendungen.«
Forschende des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS haben auf dem Gelände des Gemeinschaftsklärwerks Bitterfeld-Wolfen eine Technologie-Plattform errichtet, um unterschiedliche Reinigungsverfahren für die Bedarfe der Industriekunden zu entwickeln und zu testen. Die Kläranlage ist eine der größten in Mitteldeutschland, hier laufen die Abwässer von knapp 300 Betrieben eines nahen Chemieparks ein. Durch die Kombination weiterentwickelter Keramikmembranen mit elektrochemischen, sonochemischen und photokatalytischen sowie biologischen Prozessen lassen sich auch extrem heterogen zusammengesetzte Prozesswasser bedarfsgerecht filtern und aufbereiten. Das Ergebnis: Wasser und Wertstoffe – beides bereit für den Wiedereinsatz.
Der Kreislaufansatz kann selbst nachhaltige Produkte noch nachhaltiger machen. Beispiel Photovoltaik: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP und für Solare Energiesysteme ISE haben zusammen mit der TU Berlin und der Rena Technologies GmbH ein Modell der Wasserflüsse in einer 5-Gigawatt-Solarzellen-Fabrik erstellt. Auf dieser Grundlage prüften sie die Einführung unterschiedlicher Strategien zur zirkulären Wassernutzung. Das Ergebnis: Wassereinsparungen in der Solarzellen-Fertigung von bis zu 79 Prozent und eine Abwasserreduzierung von bis zu 84 Prozent wären bereits mit heutigen Produktionstechnologien technisch möglich. Dies erleichtert den Bau neuer Solarzellen-Fabriken auch an Standorten mit weniger Wasserverfügbarkeit.
»Empfehlen können wir zwei Ansätze: Die Wiederverwendung leicht kontaminierten Abwassers (low contaminated wastewater, LCR) und den sogenannten ›Minimal Liquid Discharge‹ (MLD), bei dem bestimme Reststoffe anderweitig wiederverwertet werden«, erklärt Peter Brailovsky vom Fraunhofer ISE. So könne man etwa zurückbleibende Ätzlösungen noch in der Zementfertigung nutzen.