Webspecial Fraunhofer-Magazin 3.2023
Simon, sechs Jahre alt, muss sich entscheiden: die Limonadendose oder der Joghurtbecher? Die leere Wasserflasche, die Schokolinsen-Schachtel oder die aufgerissene Chipstüte? Allerlei Müll hat Birgit Faltermayr auf den Münchner Wissenschaftstagen am Stand des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV vor sich aufgereiht, doch was davon gehört nun in den Gelben Sack oder in die Wertstofftonne? Zögernd greift Simon zum Joghurtbecher und blickt fragend zu der Wissenschaftlerin. »Volltreffer«, lobt Faltermayr. Und zack – schon ist der Becher im Gelben Sack verschwunden. Ganz einfach, oder?
Wenn es um Kunststoff geht, ist leider gar nichts mehr einfach. Dabei basierte der Siegeszug des Werkstoffs ab der Mitte des 20. Jahrhunderts auf genau diesem Versprechen: Dass das Material mit seinen schier grenzenlosen Möglichkeiten hinsichtlich Form und Eigenschaft, mit seiner Haltbarkeit, dem geringen Gewicht und dem günstigen Preis vieles einfacher, leichter und günstiger machen würde. Über Jahrzehnte sah es auch so aus, als wäre dieses Versprechen uneingeschränkt einlösbar: Die Welt wurde bunter, Produkte wurden preiswerter und sicherer, wirtschaftliche Prozesse wurden effizienter. Die Produktion von Kunststoffen wuchs seit den 1950er-Jahren durchschnittlich um 8,4 Prozent pro Jahr, weltweit wurden inzwischen mehr als acht Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt.
Was unbeachtet blieb, war die Frage, was mit dem Material nach Ende des Gebrauchs passiert. Das »End of Life«-Konzept, aber auch der Kohlenstoff-Fußabdruck für Kunststoffe und Verbundmaterialien wurden nicht ausreichend mitgedacht, und das an vielen Stellen der Wirtschaft. Die Folgen für die Umwelt sind verheerend: Jede 20. Tonne Erdöl fließt inzwischen in die Kunststoff-Produktion, 4,5 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen gehen auf ihre Rechnung. Und: Der einstige Wertstoff ist zum Wegwerfmaterial geworden. Seit dem Beginn des Plastik-Booms haben sich gut fünf Milliarden Tonnen Plastikmüll in der Umwelt und in offenen Deponien angesammelt.
Die Umweltversammlung der Vereinten Nationen will die Plastikverschmutzung des Planeten mit einem internationalen Vertrag eindämmen, bis Ende 2024 soll dieser ausgehandelt und rechtsverbindlich sein. Das Licht, das die UN-Umweltorganisation UNEP nun ans Ende des Tunnels gestellt hat, verbreitet Hoffnung: Eine Reduktion der globalen Plastikverschmutzung um mehr als 80 Prozent bis 2040 sei möglich, hieß es in einer Mitte Mai veröffentlichten Studie. Aber wie?