3x3 Fragen: Kunststoff

Prof. Maik Feldmann, Geschäftsfeldleiter Polymeranwendungen, Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS

Was fasziniert Sie persönlich am Werkstoff Kunststoff?

Die Vielfalt. Einerseits ist es ein Werkstoff, der uns das tägliche Leben erleichtert, oft mehr, als uns bewusst ist. Andererseits werden Kunststoffe in Bereichen eingesetzt, die in metallischer Bauweise nicht so effizient zu realisieren wären. So wiegt zum Beispiel ein auf Kunststoff basierender Drucktank für Wasserstoff bei gleicher Speichermenge nur etwa ein Viertel so viel wie ein Druckbehälter aus Metall.

 

Welcher Trend im Zusammenhang mit Kunststoff und Nachhaltigkeit stimmt Sie optimistisch?

Zwei Statistiken stimmen mich besonders zuversichtlich. Die Statistik zum Bio-Kunststoffmarkt der European Bioplastics e.V. zeigt einen signifikanten Trend hin zu biobasierten Kunststoffen. Und die Zahlen zum werkstofflichen Recycling des Umweltbundesamtes belegen ebenso ein Wachstum, woraus sich in beiden Fällen auch für uns spannende Forschungsfragestellungen ergeben. Die weltweite Abfallproblematik, steigende Umweltauflagen, aber auch das zunehmende Umweltbewusstsein der Verbraucher werden diesen Trend in Zukunft sicherlich noch stärken.

 

Was macht Ihrer Meinung nach einen »guten« Kunststoff aus?

Ein guter Kunststoff ist der, der ideal zur jeweiligen Verarbeitungs- und Gebrauchsanforderung passt und die Langlebigkeit des Produkts bei möglichst geringem CO2-Fußabdruck sicherstellt. Der Werkstoff sollte entsprechend seinen Eigenschaften synergetisch mit dem Design und dem Verarbeitungsverfahren gewählt werden. Die Rohstoffauswahl spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Idealerweise kommen hier Rest- oder Abfallstoffe zum Einsatz.          

Dr. André Lehmann, Abteilungsleiter Fasertechnologie, Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP
 

Was fasziniert Sie persönlich am Werkstoff Kunststoff?

Mich fasziniert einerseits die stoffliche Vielfalt, die Kunststoffe mit sich bringen, und andererseits, dass sich unendlich viele Formen realisieren lassen. Dies spiegelt sich in unterschiedlichsten Verarbeitungstechnologien und Anwendungen wider. So gibt es nicht DEN Kunststoff, sondern eine große Auswahl, die jeweils maßgeschneidert für spezifische Anwendungen ist.

 

Welcher Trend im Zusammenhang mit Kunststoff und Nachhaltigkeit stimmt Sie optimistisch?

Mich stimmt optimistisch, dass etwa in der Textilindustrie bereits jetzt eine Reihe stofflicher Zyklen etabliert ist, wodurch der Marktanteil an Fasern basierend auf recycelten Ausgangstoffen stetig zunimmt. Dabei dominiert PET diese Route mit jährlich 15 Prozent, was ca. neun Millionen Tonnen entspricht. Aber auch recycelte Baumwolltextilien können zu cellulosischen Spinnfasern für neue Textilien umgewandelt werden. Der Fortschritt der Forschung auf dem Gebiet des chemischen Recyclings wird den Übergang von linearen zu zirkulären Wertstoffsystemen zudem weiter vorantreiben.

 

Was macht Ihrer Meinung nach einen »guten« Kunststoff aus?

»Renewable Carbon« ist hier ein wichtiges Schlagwort. Dabei geht es darum, den Kunststoffkreislauf energieeffizient und mit möglichst geringen Verlusten aufrechtzuerhalten. Ein guter Kunststoff sollte also kreislauffähig sein. Funktion und Qualität sollten dabei erhalten bleiben. Das ist eine große Herausforderung, der wir uns am Fraunhofer IAP gemeinsam mit Partnern aus der Industrie stellen.

Dr. Katharina Koschek, Abteilungsleiterin Polymere Werkstoffe und Bauweisen, Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik  und Angewandte Materialforschung IFAM
 

Was fasziniert Sie persönlich am Werkstoff Kunststoff?

Kunststoffe sind so vielfältig wie ihre Einsatzmöglichkeiten und aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die strukturellen und mikroskopischen Unterschiede sind teilweise marginal, die Auswirkung auf das resultierende Material aber können immens sein. Bei aller Faszination sehe ich natürlich auch die mit den Kunststoffen einhergehenden enormen Umweltprobleme. Mit neuen Werkstoffentwicklungen, dem Verständnis von Struktur und Eigenschaften können wir diesen begegnen und funktionierende Kunststoffkreisläufe aufbauen.

 

Welcher Trend im Zusammenhang mit Kunststoff und Nachhaltigkeit stimmt Sie optimistisch?

Deutschland hatte neben vier weiteren europäischen Ländern im Jahr 2020 eine Recyclingrate von über 40 Prozent. Das stimmt mich positiv, wenn ich an ein Zukunftsszenario der Kunststoffindustrie denke, in dem keine zusätzlichen fossilen Ressourcen in den Kreislauf gelangen, sondern ein weitgehend vollständig auf erneuerbarem Kohlenstoff basierter Kreislauf existiert. In der Perspektive muss es hier weitere technologische Fortschritte geben, um zum Beispiel die Recyclingquote von Kunststoffgemischen zu erhöhen.

 

Was macht Ihrer Meinung nach einen »guten« Kunststoff aus?

Ich halte die meisten Kunststoffe an sich für »gut«, ich sehe aber unseren schnelllebigen Umgang mit ihnen kritisch. Wir erkennen die Wertigkeit von Kunststoffen nicht an und vergessen häufig, dass sie nicht nur langlebig sind, sondern in ihren jeweiligen Wirkungsfeldern kleine und große Wunder vollbringen. Eine Änderung unseres Verhaltens zum bewussten Umgang und Einsatz in Kombination mit einem kreislaufgerechten Design dieses Werk- und Wertstoffs wird aus »guten« »ausgezeichnete« Kunststoffe machen.