Interview mit Nico Rosberg

Nico Rosberg
© Team Nico Rosberg
Nico Rosberg (35), war 2016 mit Mercedes Formel-1-Weltmeister geworden. Wenige Tage nach dem Titelgewinn kündigte er seinen Rücktritt als Rennfahrer an. Inzwischen fordert er den Umstieg der Formel 1 auf Elektromotoren – und engagiert sich als Investor für Nachhaltigkeit und E-Mobilität.

»Ich glaube an Wasserstoff!«

Verbrennungsmotoren haben ihn zum Weltmeister in der Formel 1 gemacht. Inzwischen setzt Nico Rosberg als Investor auf Nachhaltigkeit und neue  Antriebskonzepte. Und ist sehr gerne bereit, das Steuer aus der Hand zu  geben – für autonomes Fahren und sogar Fliegen.

 

Herr Rosberg, zehn Jahre Formel-1-Rennfahrer, 2016 Weltmeister – wie viel haben Sie persönlich zur Klimaerwärmung beigetragen?

Rosberg: Ob ich ein schlechtes Gewissen habe? Da kann ich sagen: nein. Aber natürlich ist mir bewusst, dass die CO2-Belastung durch die Formel 1 nicht unerheblich war. Allerdings, wenn man sich die Zahlen im Detail anschaut, mehr durch die Reisen der Teams und die Anreisen der Fans. Sie dürfen aber nicht vergessen, welche Freude diese Leidenschaft macht oder zumindest gemacht hat – und das tatsächlich sehr vielen Millionen Menschen weltweit.


Ist Ihnen die Faszination erhalten geblieben?

Ich kann sie noch nachvollziehen. Aber ich führe heute ein völlig anderes Leben.


Inzwischen begeistern Sie sich für neue Formen der Mobilität – E-Mobilität, Wasserstoffantriebe. Sie stecken Ihr Geld als Investor gerne in Nachhaltigkeitsprojekte. Was ist für Sie die Zukunft?

Ich glaube an Wasserstoff, ich hoffe auf Wasserstoff. Und ich wünsche mir, dass es den Politikern gelingt, die Weichen richtig auf Zukunft zu stellen. Mir ist aber auch sehr schmerzhaft bewusst, dass Zukunftsprozesse und Wahlperioden nicht zusammenpassen. Wer die Zukunft wirklich gestalten will, der muss langfristig denken und weit über die Vier-Jahres-Zyklen der Politik hinaus. Aber: Das lohnt sich – für unser aller Zukunft. Vielen Dank übrigens, mir helfen da auch die Strategiepapiere und Studien von Fraunhofer.


Wird das autonome Fahren ein Traum bleiben?

Ich glaube daran. Die Gefahr aktuell ist noch die Interaktion von Mensch und Maschine. Ich bin mir sicher, wir brauchen ein wirklich autonomes Fahren auf Level 5, bei dem die Insassen nur noch Passagiere sind und die Technik alle Verkehrssituationen bewältigt.


Wie schwer fällt es einem anerkannten Fahr-Profi, wenn er plötzlich das Steuer aus der Hand geben soll?

Ich genieße es. Ich freue mich über den Gewinn an Lebensqualität. Und da genügt es mir völlig, die Strecken selber zu fahren, die auch wirklich Freude machen – mit einem tollen Auto bei schönem Wetter auf einer kurvigen Straße durch die Berge.

 

Sind Sie ein schwieriger Beifahrer – dann, wenn ein Mensch und nicht die Maschine den Wagen steuert?

Also meine Frau Vivian ist meistens ganz zufrieden mit mir.


Als Investor setzen Sie auf Höhenflüge.

Sie meinen die Flugtaxis? Tatsächlich habe ich in Volocopter und Lilium investiert, zwei vielversprechende deutsche Start-ups in diesem Bereich. Die autonom fliegenden Lufttaxis werden, davon bin ich fest überzeugt, nicht nur den Verkehr in den Städten umkrempeln. Sie werden unser ganzes Leben in den Städten verändern – sie eröffnen neue Möglichkeiten des Pendelns, entlasten die Straßen, steigern die Mobilität und machen damit letztlich unsere Städte lebenswerter.


Unser Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO hat in Kooperation mit der Volocopter GmbH eine Akzeptanzstudie dazu erstellt. Die große Mehrheit der in einem Prototypen Befragten begrüßt die Alternative zum Autoverkehr – auch wenn 72 Prozent dann doch die Notlandefunktion noch »sehr wichtig« ist. Autonomer Stadtverkehr im Flugtaxi ist also nicht nur Science-Fiction?

Also ich habe mein Ticket schon gekauft, für Singapur. Und ich bin davon überzeugt, dass die ersten Flugtaxis auch hierzulande in den nächsten Jahren abheben werden.


Wer in unserer Gesellschaft Gutes in die Breite bringen will, der muss zeigen, dass sich damit auch gutes Geld verdienen lässt. Was sind die Faktoren?

Es geht tatsächlich um wirtschaftlichen Erfolg. Dafür allerdings müssen Sie für möglichst viele Menschen einen möglichst großen Nutzen schaffen. Sehen Sie, ich habe früh in TIER investiert, die Elektro-Scooter, die unsere Großstädte verändert haben. Sie haben eine neue Form von Mobilität ermöglicht, die Freude und Nutzen ideal verbindet. Da gehen wir übrigens gerade den nächsten großen Schritt. Die TIER-Nutzer können künftig die Akkus selbst in Ladestationen aufladen und bekommen dafür eine Gutschrift. Durch diesen Vorteil profitieren die Kunden. Dadurch profitiert auch das Unternehmen, das seine Kosten relevant senkt. Und dadurch profitiert auch die Umwelt, weil das nächtliche Aufsammeln der Roller mit dieselbetriebenen Transportern wegfällt.


Wie unterscheidet sich das Leben des Unternehmers Rosberg von dem des Leistungssportlers?

Ich lerne, geduldiger zu sein. Diese unglaubliche Verdichtung aller Anspannung in ein Rennwochenende gibt es natürlich nicht mehr. Stattdessen werden Verträge ausgehandelt, und das über Wochen und Monate. Wobei: Die Liebe zum Detail und das Wissen, dass echter Erfolg nur in einem Team zu schaffen ist – das ist mir auch in meinem Wirtschaftsleben geblieben.


Was ist heute Ihre Motivation?

Die Welt besser zu machen. Dabei hilft mir übrigens die Prominenz sehr, die ich meiner Zeit in der Formel 1 zu verdanken habe. Sie öffnet mir Türen und ermöglicht Kontakte – und so bringt der Rennsport meine Nachhaltigkeitsanliegen voran.


Sie sind sicher für viele Fans mit Benzin im Blut vom Saulus zum Paulus geworden. Werden Sie deshalb häufig angefeindet?

Klar, das kommt vor. Aber Gegenwind ist mir vertraut. Das kenne ich doch auch aus meiner Zeit als Rennfahrer.


Tempo erleben Sie inzwischen in ganz anderer Form.

Sie spielen aufs Speedreading an? Tatsächlich faszinieren mich Methoden, schneller zu lesen und Wissen effektiver aufnehmen zu können. Nebenbei: Diese Form von Geschwindigkeit ist völlig klimaneutral.