Den Sprung wagen
Auch Dr. Juliane Kronen habe ihrem Fulbright-Stipendium in den USA vieles zu verdanken. Sie fährt für den Familienbetrieb zunächst Tankwagen. Dann berät sie für die Boston Consulting Group Telekommunikationsunternehmen. Der Zufall konfrontiert sie mit einem verbreiteten Phänomen: Fabrikneue Waren, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in den Handel gelangen, werden häufig vernichtet. In dem konkreten Fall waren das zwei Ladungen Sattelschlepper mit einem Marken-Shampoo. Trotz vieler Bemühungen konnte diese wertvolle Fracht nicht den Weg zu Bedürftigen oder sozialen Organisationen finden und wurde entsorgt. Für die Betriebswirtschaftlerin war dieses Erlebnis der Anlass, sich selbst grundlegende Fragen zu stellen:
»Ich überlegte, ob ich weiterhin bei BCG arbeiten will oder ob ich den Sprung wage. Ich konnte das Problem nicht mehr ignorieren und habe mich entschlossen, mit zwei Kolleg:innen die Gründung anzuschieben.« Seitdem vermittelt die gemeinnützige innatura neuwertige Sachspenden vom Waschmittel bis zu Buntstiften an Organisationen und Einzelpersonen unter dem Motto: Spenden statt wegwerfen. Die Organisationen profitieren von deutlich vergünstigten Waren und können so die Mittel für ihre eigentliche Arbeit einsetzen. Inzwischen sind in dem Netzwerk der innatura über 200 namhafte Unternehmen als Spender vertreten, so dass sich die Gründung selbst trägt.
Dennoch, der Start war alles andere als einfach. Speziell soziale Innovationen kommen nach wie vor sehr schwer an finanzielle Mittel, berichtet Kronen aus ihrer Erfahrung. Auch für innatura konnten keine Geldgeber gefunden werden. So stemmten die Gründer:innen das Projekt aus eigener Kraft. Für Kronen ein grundlegendes Problem: »So viele Innovationen gelangen nicht in die Umsetzung, weil die Finanzierung nicht funktioniert. Wir leisten es uns als Gesellschaft, viele soziale Innovationen und Problemlösungen für verschiedene Probleme nicht umzusetzen, weil wir es schlicht nicht finanzieren wollen.«
Die Rahmenbedingungen für Sachspenden seien nach wie vor nicht optimal: Steuerliche und organisatorische Hindernisse sorgen in vielen Fällen dafür, dass es für Unternehmen einfacher und günstiger ist, Waren zu vernichten als diese zu spenden. Auch das will die NRW-Honorarkonsulin Schwedens ändern.
Ihre Botschaft an ihr »20-jähriges Ich« lautet: Karriereplanung erfolgt in robusten Schritten: Ziele setzen, die einem keiner mehr nehmen kann. Erfolg heißt Optionen zu haben. Mit Karl Popper erklärt Kronen die »Muddling Through-Theorie«. Man kann nicht alles planen, wichtig sei es daher, einfach weiter zu gehen und sich eine gewisse »Geländegängigkeit« zuzulegen, also zu wissen, was die nächste Frage ist. Ein weiterer Rat: Sehr früh breite Netzwerke aufzubauen. Entscheidend sei aber: »Machen Sie das, was Ihnen Freude macht, aber mit Beharrlichkeit. Wenn 20 Prozent der Tätigkeit Ihnen Spaß bereitet, dann kann man auch Dinge aushalten, die weniger Freude bereiten.« Für sie ginge es aber auch ein Stück weit darum, »ein Buch in die Bibliothek zurückzustellen. Für andere Menschen etwas zu tun, fällt uns immer leichter und ist auch viel befriedigender als für einen selbst etwas zu tun.«