Rückblick CONNECTING ALUMNI mit Fulbright Germany

Technische Innovation und Nachhaltigkeit. Unter dem Motto »Gründer:innen in Tech-nik und Gesellschaft im Fokus« trafen sich Alumni von Fulbright und Fraunhofer zum Vernetzen und Austauschen.

Cathleen Fisher, Executive Director der German-American Fulbright Commission: »Dank der Innovationskraft der Alumni-Communities der Fraunhofer-Gesellschaft und von Fulbright  Germany können wir ein starkes Zeichen für gegenseitiges Verständnis setzen.
© Fraunhofer-Alumni e.V. | Paul Hahn
Cathleen Fisher, Executive Director der German-American Fulbright Commission.

Technische Innovation und Nachhaltigkeit. Unter dem Motto »Gründer:innen in Technik und Gesellschaft im Fokus« trafen sich Alumni von Fulbright, Vertreter von Fulbright Germany und der Fraunhofer-Gesellschaft zum Vernetzen und Austauschen. Der gesellschaftliche Wert von Gründungen stand beim vierten CONNECTING ALUMNI zusammen mit Fulbright Germany und der German Fulbright Association im Mittelpunkt. Zum ersten Mal seit vielen Monaten war eine Veranstaltung wieder in Präsenzform im Veranstaltungszentrum des Fraunhofer FOKUS am 30. Juni 2022 in Berlin möglich.  

Hochkarätige Sprecherinnen und Sprecher sorgten nicht nur für ein Corona-Regel-konform gefülltes Auditorium, sondern auch für eine – von der ARD-Journalistin Nadine Brecht perfekt moderierte – intensive Diskussion.

In ihrer Begrüßung hält Cathleen Fisher, Executive Director der German-American Fulbright Commission, fest: »Dank der Innovationskraft der Alumni-Communities der Fraunhofer-Gesellschaft und von Fulbright  Germany können wir ein starkes Zeichen für gegenseitiges Verständnis setzen. Durch unseren Austausch leisten wir ebenso einen Beitrag zur Entwicklung und der Resilienz der Gesellschaft und der Demokratie.«

Doch warum sollte man sich auf das (finanzielle) Abenteuer einlassen, solch eine Kraftanstrengung zu unternehmen? Für Dr. Ruth Houbertz, Dr. Juliane Kronen und auch für Daniel Büning, die alle hinter erfolgreichen Gründungen stehen, ist auf jeden Fall klar: die Aussicht auf das „Große Geld“ war zumindest in diesen drei Fällen nicht die entscheidende Antriebsfeder. Vielmehr geht es allen Gründerinnen und Gründern vor allem darum, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.  

Michael Vogel, Leiter Alumni-Management der Fraunhofer-Gesellschaft
© Fraunhofer-Alumni e.V. | Paul Hahn
Michael Vogel, Leiter Alumni-Management der Fraunhofer-Gesellschaft
Dr. Ruth Houbertz über ihre Erfahrungen als Gründerin.
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Dr. Ruth Houbertz über ihre Erfahrungen als Gründerin.

Eine unter vielen?

 

»Wenn ich nicht liebe, was ich tue, dann gehe ich«, das ist das Motto von Dr. Ruth Houbertz. Sie hat nach Stationen in den USA und bei Fraunhofer ISC in Würzburg das 3D-Lithographie-Unternehmen Multiphoton Optics gegründet: Ihr Ziel: die Revolutionierung der Datenübertragung mittels optischer Komponenten. Sie beantragt mehr als 120 Patente und kann auf eine beeindruckende Liste an Auszeichnungen und Nominierungen blicken. Schließlich stimmt sie 2021 dem Verkauf dieses Unternehmens zu. Sie macht sich als Beraterin für Innovation selbständig und bekommt einen lukrativen Posten als Senior Director bei einem großen US-Unternehmen angeboten. 

Aber dann stellte sich für die Wahlwürzburgerin die Frage: »Will ich das eigentlich wirklich, will ich eine unter vielen sein?« Und so gründet sie Society6.0, eine Genossenschaft für Menschen und Umwelt. Das Ziel dieses Projektes lässt sich unter dem Begriff Empowerment zusammenfassen. Doch das greift zu kurz: »Ich habe einen Traum! Es fehlen so viele Arbeitskräfte, also warum ermöglichen wir den Menschen nicht das, wozu sie fähig sind«, so die promovierte Physikerin. Dafür will sie unter anderem das »Lernen verändern«, denn laut offizieller Zahlen gibt es in Deutschland derzeit rund 7,5 Prozent Analphabeten. Mit Society6.0 soll nun ein »Netzwerk der Netzwerke« aufgebaut werden, um »über alle Schichten hinweg Ideen zu ernten«.  

Die TV-Moderatorin und Fulbright-Alumna Nadine Brecht führt durch die Veranstaltung.
© Fraunhofer-Alumni e.V. | Paul Hahn
Die TV-Moderatorin und Fulbright-Alumna Nadine Brecht führt durch die Veranstaltung.
Daniel Büning, Gründer nFRONTIER, Fulbright Alumnus.
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Daniel Büning, Gründer nFRONTIER, Fulbright Alumnus.

Neugierde

 

Der Architekt, Unternehmer Innovator, Forscher und Universitätsdozent Daniel Büning steigt in seiner Freizeit lieber auf ein Stand-up-Paddle. Seine erste große Gründung, die sich auf 3D-Druck spezialisiert hatte, erhielt mit einem nahezu vollständig „gedruckten“ Motorrad internationale Aufmerksamkeit und wurde inzwischen aufgekauft.

Nun engagiert er sich mit seiner Gründung nFRONTIER bei neuesten Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik oder generatives Design. Mit einem Fulbright-Stipendium studiert er in den USA Architektur. Nach seiner Rückkehr war aber für ihn klar, dass Innovationen spannender sind und gründet noch als Student ein erstes Unternehmen. Dabei habe ihn vor allem eine Neugierde und eine Lust, immer etwas Neues zu machen, angetrieben. Sein Anspruch neben der technologischen Weiterentwicklung ist, dass diese Projekte auch einen nachhaltigen Nutzen für die Gesellschaft bringen.

Interdisziplinarität ist für Büning der Schlüssel zum Erfolg. Mit einer Spezialisierung auf acht Technologien und auf die übergreifende Anwendung dieser Technologien, erreiche sein Projekt eine hohe Innovationsgeschwindigkeit. Unternehmen, die vor großen transformatorischen Aufgaben stehen, sind seine Zielgruppe. Was machen künftig Unternehmen, die heute Benzintanks herstellen, wenn keine Verbrenner mehr gebaut werden? Vergleichbare Umbrüche passieren derzeit an vielen Stellen und die sorgen für Unsicherheiten. Büning: »Wir mögen genau diese Unsicherheit und begreifen diese als Chance.« Trotz aller Innovationen und trotz aller künstlicher Intelligenz, gibt es für Büning ein essentielles Erfolgsrezept: »Die menschliche schöpferische Kraft, ist das, was uns immer bleiben wird.«

Den Sprung wagen

 

Auch Dr. Juliane Kronen habe ihrem Fulbright-Stipendium in den USA vieles zu verdanken. Sie fährt für den Familienbetrieb zunächst Tankwagen. Dann berät sie für die Boston Consulting Group Telekommunikationsunternehmen. Der Zufall konfrontiert sie mit einem verbreiteten Phänomen: Fabrikneue Waren, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in den Handel gelangen, werden häufig vernichtet. In dem konkreten Fall waren das zwei Ladungen Sattelschlepper mit einem Marken-Shampoo. Trotz vieler Bemühungen konnte diese wertvolle Fracht nicht den Weg zu Bedürftigen oder sozialen Organisationen finden und wurde entsorgt. Für die Betriebswirtschaftlerin war dieses Erlebnis der Anlass, sich selbst grundlegende Fragen zu stellen:

»Ich überlegte, ob ich weiterhin bei BCG arbeiten will oder ob ich den Sprung wage. Ich konnte das Problem nicht mehr ignorieren und habe mich entschlossen, mit zwei Kolleg:innen die Gründung anzuschieben.« Seitdem vermittelt die gemeinnützige innatura neuwertige Sachspenden vom Waschmittel bis zu Buntstiften an Organisationen und Einzelpersonen unter dem Motto: Spenden statt wegwerfen. Die Organisationen profitieren von deutlich vergünstigten Waren und können so die Mittel für ihre eigentliche Arbeit einsetzen. Inzwischen sind in dem Netzwerk der innatura über 200 namhafte Unternehmen als Spender vertreten, so dass sich die Gründung selbst trägt.

Dennoch, der Start war alles andere als einfach. Speziell soziale Innovationen kommen nach wie vor sehr schwer an finanzielle Mittel, berichtet Kronen aus ihrer Erfahrung. Auch für innatura konnten keine Geldgeber gefunden werden. So stemmten die Gründer:innen das Projekt aus eigener Kraft. Für Kronen ein grundlegendes Problem: »So viele Innovationen gelangen nicht in die Umsetzung, weil die Finanzierung nicht funktioniert. Wir leisten es uns als Gesellschaft, viele soziale Innovationen und Problemlösungen für verschiedene Probleme nicht umzusetzen, weil wir es schlicht nicht finanzieren wollen.«

Die Rahmenbedingungen für Sachspenden seien nach wie vor nicht optimal: Steuerliche und organisatorische Hindernisse sorgen in vielen Fällen dafür, dass es für Unternehmen einfacher und günstiger ist, Waren zu vernichten als diese zu spenden. Auch das will die NRW-Honorarkonsulin Schwedens ändern.

Ihre Botschaft an ihr »20-jähriges Ich« lautet: Karriereplanung erfolgt in robusten Schritten: Ziele setzen, die einem keiner mehr nehmen kann. Erfolg heißt Optionen zu haben. Mit Karl Popper erklärt Kronen die »Muddling Through-Theorie«. Man kann nicht alles planen, wichtig sei es daher, einfach weiter zu gehen und sich eine gewisse »Geländegängigkeit« zuzulegen, also zu wissen, was die nächste Frage ist. Ein weiterer Rat: Sehr früh breite Netzwerke aufzubauen. Entscheidend sei aber: »Machen Sie das, was Ihnen Freude macht, aber mit Beharrlichkeit. Wenn 20 Prozent der Tätigkeit Ihnen Spaß bereitet, dann kann man auch Dinge aushalten, die weniger Freude bereiten.« Für sie ginge es aber auch ein Stück weit darum, »ein Buch in die Bibliothek zurückzustellen. Für andere Menschen etwas zu tun, fällt uns immer leichter und ist auch viel befriedigender als für einen selbst etwas zu tun.«

Dr. Juliane Kronen, Gründerin innatura, sieht bei sozialer Innovation noch viel Handlungsbedarf.
© Fraunhofer-Alumni e.V. | Paul Hahn
Dr. Juliane Kronen, Gründerin innatura, sieht bei sozialer Innovation noch viel Handlungsbedarf.
Dr. Robin Bürger, Leiter der Gruppe Innovationsfinanzierung am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW.
© Fraunhofer-Alumni e.V. | Paul Hahn
Dr. Robin Bürger, Leiter der Gruppe Innovationsfinanzierung am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW.

Den Transfer schaffen

 

Für seinen Lieblingsverein FC Karl Zeiss Jena hat Dr. Robin Bürger über eine Crowd-Sending-Campagne 150.000 Euro für den Erhalt der Südkurve des FC Carl Zeiss zusammengetragen. Crowdfounding ist auch eines der Themen seiner Arbeit als Leiter der Gruppe Innovationsfinanzierung am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW in Jena. Daneben arbeitet er zusammen mit seinem Team an der Crowd Innovation Platform. Die Grundidee dieses Pilotprojektes ist, gute Projekte sichtbar und erklärbar zu machen, Forschung in die Anwendung zu bringen und gleichzeitig für die Anwendung zu prüfen, ob an anderer Stelle Herausforderungen adressiert werden. »Wir wollen Transfer hinbekommen, und gerade technisch ausgerichtete Institute haben immer mehr Bedarf, zu erklären, wie eine Technik funktioniert. Nicht nur Investoren, sondern auch andere Akteure sollen den roten Faden aufnehmen können und Unterstützung leisten. Das ist es, was mich und mein Team antreibt«, verdeutlicht Bürger. Daten sollen auf diese Weise wieder für einen Erkenntnistransfer verwendet werden können. Über so genannte Challenges können auf der Plattform des IMWs Ideen eingereicht werden, die dann in verschiedenen Phasen von anderen Nutzern bewertet werden. Bürger kann auch bereits einige Beispiele nennen, in denen dieser Transfer mit Hilfe dieser Ideenwettbewerbe angeschoben werden konnten.

 

Den vollständigen Mitschnitt mit Podiumsdiskussion sowie eine umfassende Fotostrecke finden Sie im Portal des Fraunhofer-Alumni e.V.