Haben Sie denn noch Kontakte zu Kollegen und Kolleginnen von damals?
Diese Kontaktpflege ist sehr wichtig. Ich erinnere mich noch gerne an eine Kollegin bei der DLR, die mich damals einarbeitete. Sie selbst hatte keinen akademischen Hintergrund, was zur Folge hatte, dass ich als absoluter Neuling einen höheren Verdienst hatte als sie, die ein wandelndes Lexikon war. Ihr war nicht klar, warum ihre Abteilung eine Juristin braucht, dementsprechend hatte sie mich gechallenged und gab mir scheinbar fragwürdige Aufgaben, zum Beispiel die Dienstjubiläen von Vorständen auszurechnen. Das ist im Beamtenrecht nicht trivial und man muss sich einlesen. Erst war ich ungehalten, als Juristin so eine Aufgabe übernehmen zu müssen. Schließlich verstand ich den Hintergrund. Indem ich mich intensiv in das Thema einarbeitete, konnte ich die Kollegin von meinem Engagement überzeugen und so ist eine Freundschaft entstanden, die bis heute hält. Auch zu anderen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen und insbesondere aus Birlinghoven halte ich bis heute den Kontakt. Solche Verbindungen sind absolut wichtig, auch weil sie Teil unseres Lebens sind. Auch bin ich Alumna der Verwaltungshochschule Speyer.
Der Fraunhofer-Alumni e.V. ist inzwischen eine Stabstelle in Ihrem Vorstandsbereich, darüber hinaus engagieren Sie sich auch als Beirätin des Fraunhofer-Alumni e.V. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ziele dieses Vereins?
Wir gründeten 2016 den Alumni e.V., weil wir sahen, dass in unserem Karrieremodell noch etwas fehlt. Wir leben bei Fraunhofer die Mission: »Transfer durch Köpfe«. Das bedeutet, junge Leute zu gewinnen, sie für Fraunhofer-Themen zu begeistern, deren Talente zu fördern und qualifiziert dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen. Was bis zur Gründung des Vereins gefehlt hat, war das Element der Vernetzung, für die Zeit nach Fraunhofer. Denn natürlich wollen wir mit diesen Menschen in Kontakt bleiben.
Bei einigen Fraunhofer-Instituten, die seit Jahren rege Alumni-Aktivität pflegen, erleben wir, welcher Mehrwert sich aus diesen Verbindungen entwickelt. So sind wir gemeinsam mit den Instituten zu dem Entschluss gekommen, eine Alumni-Aktivität aufzubauen, die die gesamte Fraunhofer-Welt abdeckt. Wir wollen damit auch den Gedanken aufrechterhalten, dass wir eine Fraunhofer-Familie sind.
Es ist unser wichtigstes Anliegen, dass sich Fraunhofer-Leute treffen, über Themen und Projekte vernetzen und so Ideen, Gedanken und Lösungsansätze sprühen und weiterverfolgt werden. Wir sehen ehemalige Fraunhofer-Mitarbeitende in hochrangigen Positionen, die gerne mit Fraunhofer kooperieren. Warum sollten wir diesen Verein nicht als Plattform nutzen, um Ehemaligen und Fraunhofer-Mitarbeitenden die Gelegenheit zu geben, gemeinsam Projekte zu entwickeln und zu generieren?
Wir verfolgten auch den Plan, über eine Plattform hochqualifizierte Menschen, die bei uns ausscheiden, an Unternehmen zu vermitteln, die Fördermitglieder des Vereins sind. Weil aber Fraunhofer-Expertinnen und Experten am Arbeitsmarkt hoch begehrt sind, ist dieses Instrument aktuell nicht zielführend.
Trotz digitaler Formate des Vereins waren Treffen in den zurückliegenden Monaten nur schwer möglich.
Für Treffen und Vernetzung über den Verein war Corona natürlich absolut kontraproduktiv. Ich denke immer noch sehr gerne an den Alumni-Summit 2018 in Aachen zurück. Es war unglaublich die Gespräche und den Austausch der Menschen zu sehen und zu erleben, wie schnell und intensiv sie ins Miteinander gefunden haben und auf welch hohem Niveau die Besucherinnen und Besucher Fachthemen diskutierten. Bei den Institutsbesuchen sogen unsere Ehemaligen es auf, Fraunhofer erneut von innen zu erleben und zu sehen, was bei uns aktuell geforscht wird. Ob sich diese Menschen schon vor der Veranstaltung gekannt haben oder nicht, eines haben sie auf jeden Fall gefunden: »Ehemalige Fraunhofer-Zeiten.«
Umso mehr freuen wir uns auf den nächsten Alumni-Summit am 18. November in Freiburg, der hoffentlich endlich wieder in Präsenz stattfinden kann, bei dem es Führungen an den Instituten und bei der Abendveranstaltung auch viel Raum für Vernetzung geben wird.
Auch im Arbeitsalltag bietet das Miteinander, das sich gegenseitig den Ball zuspielen, das gemeinsame kreative Denken und das gemeinsame Arbeiten einen unschätzbaren Mehrwert. Daher finde ich es richtig, wenn unser Vorstand sagt, wir wollen wieder zurück und die Hälfte unserer Zeit im Büro verbringen. Es geht dabei nicht um stilles Arbeiten, das man sehr gut zu Hause erledigen kann. Aber die persönliche Begegnung fehlt im Arbeitsalltag doch sehr. Bezüglich Corona denke ich, dass wir lernen müssen, damit zu leben.
Wie sollte es mit dem Fraunhofer-Alumni e.V. weitergehen?
Ich würde mich über eine Diskussion darüber freuen, wo der größte Mehrwert für den Verein und dessen Mitgliedern liegt. Ist es eher eine Personal-Frage, also vermittle ich ehemalige Mitarbeitende an Fördermitglieder oder zurück in die Fraunhofer-Gesellschaft, oder soll der Verein die Themen Transfer, Innovation und Verwertung in den Vordergrund stellen? Wir sollten die Plattform des Alumni-Vereins vermehrt nutzen, um Fraunhofer und Ehemalige wieder ins gemeinsame Denken und Generieren von neuen Themen zu bringen. Man müsste dafür aber einiges ändern. Persönlich werde ich weiterhin im Alumni-Verein engagiert bleiben, doch dieser Transfer-Aspekt trifft in meinen Augen im Moment mehr den Kern und man könnte so auch weitere Institute von dem Mehrwert dieses Vereins überzeugen.
Viele Beratungshäuser und Universitäten unterhalten große Ehemaligen-Vereine, da ist es klar, dass man im Kontakt und den Alumni-Gedanken pflegt. Auch bei Fraunhofer existiert diese Kultur. Mit den vielen großartigen Menschen und wertvollen Kontakten bedeutet es für alle einen unglaublichen Mehrwert, Teil dieser Familie zu bleiben.
Wir sehen diese leuchtenden Augen, wenn eine Alumna oder ein Alumnus im Ausland auf eine oder einen Fraunhofer trifft. Die Verbindung ist sofort hergestellt. Man ist in einer fremden Welt, aber da ist etwas, das man kennt. Oder wenn eine Person neue Verantwortung in einem Industrieunternehmen aufnimmt, und wieder Projekte mit der Fraunhofer-Gesellschaft gehen kann, weil er oder sie sagt, das kenne ich.
Diese Möglichkeiten sollten wir jedem auf dieser Plattform geben und das auch nutzen. Dafür müssen wir die Leute begeistern, und vermitteln, dass dieser Alumni-Verein für alle Vorteile bietet. Es ist eine Herausforderung, das nach der Coronazeit und mit all den Entwicklungen umzusetzen, aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Alumni-Verein richtig und wichtig ist.
Wie könnte diese neue Ausrichtung konkret aussehen?
Es gibt beispielsweise Planungen im Vorstands-Bereich von Herrn Prof. Kurz einen digitalen Markplatz aufzubauen, über Industrieunternehmen an die Institute mit Problemen und Fragestellungen herantreten können. Es ist die Frage, was der Alumni-Verein in seiner eigenen Verantwortung übernehmen soll oder was sind Themen oder Kontakte, die man weitergeben kann. Für solche Überlegungen wäre ein stärkerer Schulterschluss mit dem Vorstandbereich für Innovation, Transfer und Verwertung natürlich sinnvoll.
Und auch hier wieder mein Petitum: Kommen Sie in die Büros und suchen Sie den Austausch. Wenn ich im Innenhof der Fraunhofer-Zentrale die Gespräche verfolge, sehe ich, dass man auf diesem Weg ganz andere Möglichkeiten erhält, als wenn man formal nach einem Termin anfragt. Auch hier ist der Verein gefordert, zu prüfen mit welchen Personen eine engere Zusammenarbeit sinnvoll ist, um auch in dieser neuen Welt aufzugehen.
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch, Frau Ewen.