Wasserstofftechnologien - Fraunhofer-Projekte 2022

Weltweit größter klimaneutraler Binnenhafen

Visualisierung des geplanten Terminals – Planungsstand: März 2019.
© duisport / Fraunhofer UMSICHT
Visualisierung des geplanten Terminals – Planungsstand: März 2019.

Im Duisburger Hafen entsteht bis 2023 der erste Containerterminal, der mit Wasserstoff und Photovoltaik vollkommen klimaneutral betrieben wird, intelligent vernetzt ist und benachbarte Quartiere mit Energie versorgen kann. Auf dem Gelände der ehemaligen Kohleninsel errichtet duisport gemeinsam mit internationalen Partnern den trimodalen Duisburg Gateway Terminal (DGT). 

Um die vollständige energetische Transformation des weltweit größten Binnenhafens umzusetzen, analysierten duisport und das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT zukunftsweisende Technologien und entwickelten maßgeschneiderte Modelle. Im Anschlussförderprojekt »enerPort II« wird nun im DGT ein nachhaltiges Energiesystem installiert. Es koppelt erneuerbare Energien, Energiespeicher, Verbraucher und verschiedene Wasserstofftechnologien miteinander. Schlüsselkomponenten dafür sind Brennstoffzellensysteme und Wasserstoffmotoren zur Stromerzeugung sowie Batteriespeicher.

Mit einem modularen Aufbau schafft enerPort II die Voraussetzung für eine kontinuierliche Fortsetzung des Transformationsprozesses. So sollen etwa Elektrolyseure oder wasserstoffbetriebene Lokomotiven über Satellitenprojekte angekoppelt werden können. Das DGT will letztlich eine revolutionäre Verkehrsaufteilung erreichen: 40 Prozent Transporte per Bahn, 40 Prozent per Binnenschiff – und lediglich 20 Prozent Lkw-Verkehr auf der Straße. Dazu sollen künftig »saubere« Rangierlokomotiven eingesetzt werden und für jedes Binnenschiff am Kai ein Landstromanschluss bereitstehen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren. Alle Güterbewegungen sollen digital gesteuert werden. 

Weitere Partner von enerPort II sind die Westenergie Netzservice GmbH, der Rolls-Royce-Geschäftsbereich Power Systems, die Netze Duisburg GmbH, die Stadtwerke Duisburg und die Stadtwerke Duisburg Energiehandel GmbH. Das Projekt wird im Rahmen der »Technologieoffensive Wasserstoff« vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bis 2025 gefördert.

Presseinformation Fraunhofer UMSICHT: Startschuss für den Bau des klimaneutralen Containerterminals

Presseinformation Fraunhofer UMSICHT: Wasserstoff als Baustein nachhaltiger Energiesysteme

Wasserstoff aus Methanol für Schiffsantriebe

Die eingebauten Membranen im Modul für einen Reaktor trennen den Wasserstoff vom Kohlenstoffdioxid
© Fraunhofer IKTS
Die eingebauten Membranen im Modul für einen Reaktor trennen den Wasserstoff vom Kohlenstoffdioxid

Der Schiffsverkehr gehört zu den am schnellsten wachsenden Quellen für Treibhausgase. Schiffsbauer und Betreiber suchen nach umweltfreundlichen alternativen Antrieben. Fraunhofer-Forschende haben gemeinsam mit Partnern in einem EU-Förderprojekt das Antriebskonzept »HyMethShip« entwickelt, bei dem Wasserstoff aus Methanol gewonnen wird. Die Energiedichte von Methanol ist doppelt so hoch wie bei verflüssigtem Wasserstoff, die benötigten Tanks an Bord müssen nur halb so groß sein. Außerdem ist der Transport deutlich sicherer als bei Wasserstoff. Ein Antrieb, der hinsichtlich des europäischen Green Deals auch für Kreuzfahrtschiffe interessant wird.

Verwendet wird Methanol als flüssiger Wasserstoffträger, der am Hafen getankt wird. An Bord wird daraus durch Dampfreformierung Wasserstoff für den Schiffsantrieb gewonnen. Technisches Herzstück des Systems ist der Reaktor. Dabei wird das Methanol zunächst mit Wasser gemischt, durch Wärme verdampft und in den vorgeheizten Reaktor eingespeist. Dort wird die Methanol-Wasser-Mischung zu Wasserstoff und CO2 umgesetzt. Für die Abtrennung des Wasserstoffs und das Reaktorengineering entwickelten die Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS eine mit Kohlenstoff beschichtete Keramikmembran. Durch die extrem feinen Poren der Membran entweichen die Wasserstoffmoleküle, während das größere Kohlenstoffdioxid-Gas zurückgehalten wird. Den Forschenden ist es gelungen, die ursprünglich nur 105 Millimeter lange Membran auf eine Länge von 500 Millimetern zu skalieren. Dadurch kann der Wasserstoff mit einer Reinheit von mehr als 90 Prozent in den Motor geleitet werden. Dort treibt er einen klassischen Verbrennungsmotor an, ohne dass klimaschädliche Abgase entstehen. Weitere konstruktive Kniffe optimieren das Prozesskonzept: So wird die Abwärme des Motors genutzt, um den Reaktor zu heizen. Zudem wird das zurückbleibende CO2 nach dem Reaktorprozess verflüssigt in die leeren Methanoltanks geleitet. Im Hafen angekommen, wird es in Tanks geleitet und kann für die neuerliche Methanol-Synthese verwendet werden.

Presseinformation Fraunhofer IKTS: »Wasserstoff aus Methanol treibt Schiffe an« 

Aus Biomasse-Abfällen Wasserstoff gewinnen

Aus Holzabfällen sollen im Projekt H2Wood – BlackForest Biowasserstoff und biobasierte Koppelprodukte entstehen.
© Leins Aktenvernichtungs GmbH / Jochen Weiblen / Fraunhofer IPA
Aus Holzabfällen sollen im Projekt H2Wood – BlackForest Biowasserstoff und biobasierte Koppelprodukte entstehen.

Grünabfälle und Klärschlämme werden bisher meist kompostiert oder verbrannt. 2021 waren es laut Bundesumweltamt allein 4,6 Millionen Tonnen Bioabfall aus braunen Tonnen. Dazu kommen Abfälle aus öffentlichen Parks und Gärten, aus der Landwirtschaft und aus der Nahrungsmittelproduktion, außerdem Klärschlamm und Speisereste aus Kantinen – zusammen gut 15 Millionen Tonnen. Daraus den wertvollen Energieträger Wasserstoff zu gewinnen, wäre sinnvoller als die bisherige Weiterverwertung: Dabei kann CO2 abgeschieden und z. B. in der chemischen Industrie als Rohstoff verwendet werden. 

Technische Verfahren dazu, wie Biomasse wirtschaftlich in Wasserstoff gewandelt werden kann, entwickelt ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Beispielsweise begleiteten die Forschenden ein Projekt bei einem Unternehmen der Metallbranche. Dort werden die Abfälle von ortsnahen Obst- und Weinbauern, aus Kartonagen und Altholz sowie aus Kantinenabfällen in Wasserstoff umgewandelt. Dieser wird dann direkt in der Metallverarbeitung genutzt. Obstreste und Kantinenabfälle z. B. werden zunächst mithilfe von Bakterien fermentiert, wobei Wasserstoff und Kohlendioxid entstehen. Anschließend kann die restliche fermentierte Masse in einer herkömmlichen Biogasanlage zu Methan vergoren werden, das ebenfalls zu Wasserstoff und CO2 umgewandelt wird. 

Zudem belegt die Studie »Industrielle Wasserstoff-Hubs in Baden-Württemberg« des Fraunhofer IPA, dass grüner Wasserstoff das Potenzial besitzt, den Energiebedarf von Industrie und Schwerverkehr regional zu decken. Die Rentabilität dezentraler Wasserstofferzeugung und -nutzung hängt von der strategischen Platzierung der Verteilerzentren ab, an denen die Elektrolyseure mit Ökostrom betrieben werden. Für Baden-Württemberg wurden die Metropolregion Rhein-Neckar und der Großraum Karlsruhe als vielversprechende Standorte identifiziert.

Presseinformation: »Grüner Wasserstoff aus Pflanzenresten«

Forschung Kompakt Juli 2022 - Grüner Wasserstoff aus Pflanzenresten [ PDF  0,21 MB ] 

 

Erdgasnetze für Wasserstofftransport nutzen

Vorwiegend bestehende Erdgasleitungen sollen für die Wasserstoffwirtschaft umgewidmet werden
© iStock
Vorwiegend bestehende Erdgasleitungen sollen für die Wasserstoffwirtschaft umgewidmet werden

Den Umbau der Erdgasnetze für die Wasserstoffwirtschaft bereiten u. a. mehrere Fernleitungsbetreiber gemeinsam mit einem Fraunhofer-Konsortium unter Leitung der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG und anderen Forschungspartnern vor. Die neue Netzinfrastruktur für Wasserstoff soll im Wesentlichen aus umgewidmeten Erdgasleitungen bestehen. Deshalb untersuchen mehr als 20 Partner die Transport-Infrastruktur im Forschungsvorhaben »TransHyDE-Sys«. Es ist Teil des großen Leitprojekts »TransHyDE«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Zum Beispiel simulieren die Forschungsgruppen das Verhalten wichtiger Anlagen in den künftigen Wasserstoffnetzen und deren Kopplung mit Stromnetzen im Detail. Einen Schwerpunkt bilden physikalisch-chemische Detailmodellierungen für alle mechatronischen Anlagen des Netzes – von den Elektrolyseuren über die bisherigen Verdichterstationen und Regler des Erdgasnetzes bis hin zu möglicherweise umgerüsteten Gas- und Dampfkraftwerken. Auch Brennstoffzellenkraftwerke, wie sie es in Deutschland bislang nicht gibt, sind Teil der Simulationen für das Wasserstoffnetz der Zukunft. Berechnet werden unterschiedliche Szenarien um das Verhalten von Wasserstoff detailliert zu beschreiben: Wie viel Wasserstoff wird wann und wo benötigt und wo erzeugt? Wie viel Wärme entsteht bei der Elektrolyse? In welcher Qualität wird der Wasserstoff in die Pipelines geschickt? Gibt es bei der Durchleitung weitere Verunreinigungen? Welchen Einfluss hat die Zusammensetzung des Gases auf Anlagen und Druckabfall? Dabei entstehen Softwaremodule, die den Projektpartnern als Fundament für deren weitere Untersuchungen dienen.

Bis 2050 soll ein prognostizierter Bedarf von mehr als 1000 Terawattstunden jeweils zur Hälfte mit Wasserstoff und synthetischem Methan oder Biomethan gedeckt werden, um die Gaswirtschaft wie geplant zu defossilisieren. Dafür muss das Fernleitungssystem aufgespalten werden, so das Ergebnis der Fachleute. Eine Umrüstung des Leitungsnetzes im laufenden Betrieb, wie sie derzeit in Teilen Westdeutschlands von niederkalorischem Erdgas aus den Niederlanden auf hochkalorisches Erdgas z. B. aus Norwegen stattfindet, kann bei Wasserstoff nicht stattfinden.

Presseinformation Fraunhofer SCAI: Wegfall russischer Gasimporte: Simulation analysiert Defizite im Pipelinenetz

Presseinformation Fraunhofer IEG: Gutachten »Europäische Gasversorgungssicherheit «

Podcast – Sicherheit der Energieversorgung