TigerShark Science – Mit In-vitro-Hautmodellen Tierversuche reduzieren

Hautsache

Gründerin Amelie Reigl in einem Gebäude vor einem Lift mit einem aufblasbaren Tigerhai in der Hand als Symbol für ihr Start-up TigerShark Science
© Patrick Runte
Zähne zeigen? Für Gründerin Amelie Reigl symbolisiert der Hai vor allem Stärke und Effizienz.

Medizinische Innovationen kommen nicht ohne Tierversuche aus. Oder doch? Mit hochentwickelten Hautmodellen aus menschlichen Stammzellen will das geplante Fraunhofer-Biotech-Start-up TigerShark Science Tierversuche drastisch reduzieren.

 

 

Amelie Reigl mag Tiere. Vor allem zwei. »Der Tiger steht für Kraft und Entschlossenheit«, sagt die 29-Jährige, »der Hai für Anpassungsfähigkeit und Effizienz.« Zusammen mit Dr. Dieter Groneberg und Prof. Florian Groeber-Becker steht die Biologin kurz vor der Ausgründung ihres Start-ups TigerShark Science. Der Name, angelehnt an die Lieblingstiere des Gründerteams, symbolisiert Stärke und Agilität in der Wissenschaft. Kraft und Entschlossenheit, Anpassungsfähigkeit und Effizienz: Eigenschaften, die ein Start-up braucht, um bahnbrechende Lösungen zu entwickeln und sich damit erfolgreich am Markt zu bewähren.

Tatsächlich geht es TigerShark Science um Tiere. Rund 1,73 Millionen Versuchstiere wurden 2022 in Deutschland verwendet. Alternative Testmethoden sollen diese Zahl verringern. Doch oft können sie nicht die Komplexität eines lebenden Organismus abbilden. Amelie Reigl will das ändern. Sie plant, ein realitätsnahes Hautmodell auf den Markt zu bringen, das nahezu alle Strukturen der menschlichen Haut aufweist.

 

Genauere und besser übertragbare Testergebnisse

»Unsere Vision ist es, die biomedizinische Hautforschung durch hochentwickelte In-vitro-Hautmodelle zu verbessern und eine ethische und nachhaltige Forschung zu fördern«, so die künftige Geschäftsführerin. »Langfristig wollen wir durch unsere Technologie personalisierte Medizin und individuelle Behandlungsmöglichkeiten unterstützen.« Das hochkomplexe Hautmodell aus menschlichen Stammzellen soll Pharma- und Kosmetikunternehmen helfen, schnellere und präzisere Testergebnisse zu erzielen, die besser auf den Menschen übertragbar sind. So können Wirkstoffe und deren Nebenwirkungen rascher getestet oder das Haarwachstum besser erforscht werden. In nur einem einzigen Modell lassen sich die Reaktionen der Zellen der drei Hautschichten Epidermis, Dermis und Hypodermis untersuchen – eine Möglichkeit, die es auf dem Markt bislang nicht gibt, und klarer Vorteil gegenüber teuren und zeitaufwendigen Tierversuchen. TigerShark Science will die Hautmodelle automatisiert in hoher Stückzahl im Bioreaktor produzieren und anschließend mit einem speziellen Verfahren auf Nanofasern aufbringen. Das ermöglicht die Kultivierung an der Luft-Medium-Grenze, sodass die oberste Hautschicht – wie die menschliche Haut auch – Kontakt mit der Luft hat. Der Vorteil: eine bessere Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse.


Weiterentwicklung dank Fraunhofer-Unterstützung

Die Inspiration für das Spin-off kam Amelie Reigl während ihrer Forschung am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg und dessen Translationszentrum für Regenerative Therapien (TLZ-RT). »Dort sahen wir die Möglichkeit, eine In-vitro-Technologie für Hautmodelle weiterzuentwickeln und kommerziell zu nutzen«, erzählt Reigl. »Mit der Idee starteten wir beim Fraunhofer-Inkubator-Programm AHEAD, das uns finanzielle Unterstützung und Zugang zu einem breiten Netzwerk von Experten und Mentoren bot. Dies half uns, unsere Geschäftsmodelle zu schärfen, die richtigen Schritte zur Markteinführung zu planen und letztendlich über den EXIST-Forschungstransfer eine Förderung von 1,3 Millionen Euro zu erhalten.« Die Finanzierung und die interdisziplinäre Unterstützung aus dem Fraunhofer-Netzwerk nutzen die Forschenden auch, um ihr Hautmodell weiterzuentwickeln. Es soll künftig um Modelle mit Immunzellen und Blutgefäßen, aber auch Tumorzellen ergänzt werden, um Krankheiten wie Hautkrebs oder Hautfibrose zu simulieren und zu erforschen. Der gesellschaftliche Impact ihrer Arbeit ist Reigl wichtig: »Was mich besonders begeistert, ist die Möglichkeit, ethische Lösungen zu entwickeln, die zu einer effektiveren Hautforschung führen und somit auch die Lebensqualität von Patienten schneller verbessern können – und das ganz ohne Tierleid.«