Daten-Kompetenzzentrum für Städte und Regionen (DKSR)

Datenlust

Dr. Alanus von Radecki in einem Gebäude vor einer geöffneten Telefonzelle mit einem geöffneten Laptop in der Hand.
© Patrick Runte
Antworten auf urbane Zukunftsfragen: Dr.-Ing. Alanus von Radecki setzt dabei auf kluges Datenmanagement.

Dr.-Ing. Alanus von Radecki unterstützt Städte und Gemeinden dabei, Daten sinnvoll zu nutzen – und schubst so die Digitalisierung im ganzen Land an.

 

Zwei Seelen, die in einer Brust wohnen? Gibt es nicht nur in Büchern von Goethe, sondern auch bei Start-ups in Berlin: Dr. Alanus von Radecki ist Soziologe und Ingenieur. Einerseits treibt ihn um, wie Menschen ticken und wie man ihr Verhalten beeinflussen kann. Andererseits will er Technologien bis ins Detail durchdringen. Entsprechend agiert sein Unternehmen an der Schnittstelle zwischen beiden Welten: Wie kann man technologische Lösungen so gestalten, dass sie von der Gesellschaft wirklich genutzt werden?

Um diese Frage herum ist am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart das Daten-Kompetenzzentrum für Städte und Regionen (DKSR) entstanden, das 2021 ausgegründet wurde. Seitdem unterstützt es Städte und Regionen beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur. »Wir wollen eine Art Katalysator für die Digitalisierung sein und dabei den Mehrwert für die Menschen im Blick haben«, sagt Ingenieur-Soziologe von Radecki. Wie kann man die Verwaltung effizienter gestalten? Städte lebenswerter machen? Steuergelder sparen?

Deutschland zu digitalisieren, das klingt nach einer undankbaren Aufgabe: In Studien ist die Bundesrepublik auf diesem Gebiet regelmäßig Schlusslicht in Europa. Auch der aktuelle Digitalreport 2024 zeigt: Das Land hinkt hinterher, die meisten Befragten aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Bevölkerung glauben nicht an größere Fortschritte in naher Zukunft. »Es ist schon eine große Herausforderung«, gibt von Radecki zu. Alle Bundesländer, Städte und Kommunen machen ihr eigenes Ding, was zu einem Flickenteppich an digitalen Lösungen führe. Manche leben noch im Zeitalter von Fax und Papierakten, andere verheddern sich in Fragen des Datenschutzes oder sind regelrecht gelähmt von der Angst, Fehler zu machen. Den 44-jährigen Unternehmer treibt all das eher an: »Ich liebe die Herausforderung und möchte mit meiner Arbeit nicht nur Papier produzieren, sondern Teil einer Systemtransformation in der echten Welt sein.«

 

Den Fokus auf Potenziale setzen statt auf Probleme

Das ist ein typischer Satz für ihn. Von Radecki ist einer, der immer schon gerne an übermorgen gedacht hat, einer mit Freude an Visionen. Jahrelang hat er das Fraunhofer-Innovationsnetzwerk Morgenstadt geleitet, das sich urbanen Zukunftsfragen verschrieben hat. Dieser Wille zur Gestaltung der Zukunft, der Fokus auf Potenziale statt Probleme ist auch beim DKSR deutlich zu spüren. Nach nunmehr drei Jahren auf dem Markt hat es viel vorzuweisen. Mehr als 80 Städte im In- und Ausland gehören zu seinen Kunden: In Köln wurde das Shared-Mobility-Konzept optimiert, indem alle E-Scooter und Leihräder erfasst wurden. Im bayerischen Deggendorf ist ein Projekt angelaufen, das den Hochwasserschutz verbessern soll, indem Daten von Regensensoren und aus Rückhaltebecken mit Wetterprognosen und Informationen zur Bodenfeuchte verknüpft werden. In Augsburg haben Daten geholfen, den Verkehr in der Innenstadt zu beruhigen. Und im dänischen Aarhus wird gerade ein ganzes Stadtquartier so umgestaltet, dass es mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Das DKSR baut dafür die komplette Dateninfrastruktur, etwa für die Stromversorgung.

 

Pionierarbeit mit Pragmatismus

Es gibt unzählige Ideen und Beispiele – und die meisten sind eng mit Fragen der Nachhaltigkeit und Lebensqualität verknüpft. »Ich sehe Daten vor allem als ein Hilfsmittel für ein komfortables, sicheres und nachhaltiges Leben jenseits der Digitalisierung«, sagt von Radecki. »In Daten zu denken und mit Daten zu arbeiten ist für Verwaltungsbehörden ungewohnt.« Viele brauchen zunächst eine Inventur: Welche Daten haben wir? Wie lassen sie sich strukturieren, nutzen, teilen? Welche Probleme lassen sich damit angehen? Von Radecki weiß: Manchmal brauchen Visionen vor allem Pragmatismus und Geduld. »Wir sprechen hier von großen Systemtransformationen, so was geht nicht von heute auf morgen.«

Genau diese Pionierarbeit ist es, die von Radecki reizt: »Das Thema ist wichtig und wir haben die Chance, einen echten Unterschied zu machen.« Diese Haltung verdanke er auch seiner Zeit beim Fraunhofer-Institut. Dort sei man umgeben von Menschen mit innovativen Ideen und Lust auf eine andere, bessere Zukunft. »Das hat mich sehr inspiriert und bestärkt, diesen Schritt zu gehen.«