Webspecial Fraunhofer-Magazin 1.2024
Der Klimawandel ist schneller als erwartet, die Energiewende langsamer als gewünscht. Die Referenzfabrik.H2 will Tempo in die Produktion von Wasserstoffsystemen bringen und etwa der Automobilindustrie neue Geschäftsfelder öffnen: Fraunhofer macht »Fit4H2«.
Fit4H2 – Schulung in der Referenzfabrik.H2: Orientierung für die Wasserstoffsystem-Produktion
Sechs Schräublein, sechs winzige Muttern sowie jede Menge durchsichtige, schwarze und farbige Rechtecke: Selbst als Demo-Version im Puppenstubenformat ist der Zusammenbau eines Elektrolyseur-Stacks kein Kinderspiel. Im Schulungsraum des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz beugen sich 20 Köpfe über die Mini-Teile und versuchen, sie in sinnvoller Reihenfolge zu stapeln und zu fixieren. Mit nicht immer optimalem Ergebnis: »Kann es sein, dass am Ende eine Membran übrig bleibt?«
Das kann – und sollte – natürlich nicht sein. Aber es ist auch kein Drama, schließlich geht es beim Workshop Fit4H2 am Fraunhofer IWU ums Lernen. Und darum, binnen zwei Tagen fitter in Sachen Wasserstofftechnologie zu werden. Die Mehrheit der Teilnehmenden aus Unternehmen in Deutschland, Österreich und Tschechien erhofft sich Anregungen für neue Geschäftsfelder – etwa, weil das nahende Verbrenner-Aus eine Ausweitung des Produktportfolios oder gar eine unternehmerische Neuausrichtung erfordert. Andere sind bereits eingestiegen in die Wasserstoffwirtschaft und suchen nach Wegen der Prozessoptimierung. Mit fünf Fahrzeug- und Motorenwerken sowie 780 Zulieferern, Ausrüstern und Dienstleistern in der Mobilitätsbranche gilt Sachsen traditionell als »Autoland«; gut 95 000 Arbeitsplätze entfallen auf diese Branche, mehr als 80 Prozent davon in der Zulieferindustrie.
»Hydrocycle«, das Motorrad fürs Wasserstoffzeitalter
»Wir wollen Einblicke in die Technologie sowie die Anforderungen und Herausforderungen bekommen«, hatte Ulrike Michel-Schneider in der Vorstellungsrunde erklärt. Sie nimmt gemeinsam mit Dušan Poliaček an Fit4H2 teil. Dessen Unternehmen 1to1 design in Prag entwickelt in einem deutsch-tschechischen Forschungskonsortium mit dem Fraunhofer IWU derzeit ein Motorrad mit Wasserstoff-Antrieb. Der Part von 1to1 design im Projekt »Hydrocycle « liegt in der Konstruktion einer schlanken und leichten Karosserie, in der dennoch ein komplettes Brennstoffzellensystem Platz finden muss. Ulrike Michel-Schneider und Dušan Poliaček möchten deshalb nicht nur wissen, wie eine Brennstoffzelle aufgebaut ist, sondern auch, wie stark man sie schrumpfen kann, ohne an Leistung zu verlieren. Die Idee eines H2-Motorrads fasziniert Designer Poliaček: »Rein elektrische Motorräder gibt es bereits, hier ist wenig Innovation möglich.« Außerdem verspricht er sich mehr Fahrspaß für längere Strecken. »Wasserstoff kann eine wichtige Alternative werden – auch für Kleinfahrzeuge.«