Protein aus Insekten?

Prof. Andreas Vilcinskas vom Fraunhofer IME.
© Fraunhofer / Piotr Banczerowski
»Von Insekten lernen, heißt siegen lernen.« Prof. Andreas Vilcinskas hat die Insektenbiotechnologie maßgeblich geprägt.
Schwarze Soldatenfliege Hermetia illucens.
© Fraunhofer IME
Schwarze Soldatenfliege Hermetia illucens.
Larve der Schwarzen Soldatenfliege
© Fraunhofer IME
Larve der Schwarzen Soldatenfliege

Insekten als Tierfutter der Zukunft zu etablieren – daran arbeiten Forscher des Bereichs Bioressourcen am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME.

 

Regenwälder werden für den Soja-Anbau gerodet, Meere wegen des Fischmehls überfischt. Doch wie lässt sich wertvolles Protein nachhaltig gewinnen? Die Lösung könnte in Insekten liegen. »Insekten werden das Tierfutter der Zukunft sein, sie ermöglichen auch eine nachhaltige und klimaschonende Produktion von tierischem Protein«, versichert Prof. Dr. Andreas Vilcinskas, Leiter des Forschungsbereichs Bioressourcen des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Gießen. Denn die Insekten liefern wertvolle Proteine und Fette – und das mit einem minimalen ökologischen Fußabdruck. Auch ökonomisch sind Insektenfarmen äußerst interessant.

Bestens bewährt zur Herstellung von Tierfutter haben sich die Larven der Schwarzen Soldatenfliege Hermetia illucens. Die weltgrößte Anlage zur Produktion der Schwarzen Soldatenfliege entsteht aktuell auf der indonesischen Insel Sumatra mit wissenschaftlicher Unterstützung von Prof. Vilcinskas und seinem Team. Die Fabrik hat ein Investitionsvolumen von einer halben Milliarde Dollar und wird direkt neben einer riesigen Palmölfabrik gebaut – mit deren Abfällen die Soldatenfliegen gefüttert werden. Pro Jahr sollen auf Sumatra über eine Million Tonnen pflanzliche Reste der Palmölproduktion in Fliegenlarven verwandelt und weiterverarbeitet werden. »Bei so großen Beständen kann der Befall mit Krankheiten immer ein Problem sein«, gibt Andreas Vilcinskas zu bedenken. »Wir wollen auf jeden Fall ohne Antibiotika arbeiten, um die Umwelt nicht zu belasten.« Durch die Optimierung der für die Zucht verwendeten Nahrung konnten die Forscher erreichen, dass die Larven antimikrobielle Peptide gegen wichtige Pathogene wie Salmonellen oder Listerien produzieren. »Diese Peptide sind dann auch in dem Insektenmehl enthalten und schützen es vor einem Bakterienbefall«, erklärt Vilcinskas.  

Die Vorschrift der EU, dass die Fliegenlarven nicht mit Abfällen gefüttert werden dürfen, erschwert eine ökonomische Nutzung. Die Larven mit anerkannten Futtermitteln wie Getreide aufzuziehen, macht in der Ökobilanz keinen Sinn. Vilcinskas setzt daher auf organische Nebenströme aus der Lebensmittelindustrie, wie zum Beispiel die Reste der Apfelsaftherstellung. Um zu zeigen, wie damit auch in Deutschland eine gute Wertschöpfung erreicht werden kann, baut er ein geschlossenes System auf, in dem die Fliegenlarven an die hochpreisigen schwarzen Tigergarnelen verfüttert werden – aus Black Soldier Fly wird Black Tiger Prawn.

Fraunhofer-Magazin-Artikel weiter.vorn 4/2019

Wie aus Fliegenlarven ein nobles Mahl wird

 

Insekten - der lange Marsch auf den Tisch

In Europa sind die Hemmschwellen für Insekten als Nahrungsmittel seit der BSE-Krise am höchsten. Doch das beginnt sich zu ändern. Seit 2018 dürfen auch EU-Bürger mit dem offiziellen Segen aus Brüssel Insekten essen. Immer mehr überwinden ihre Scheu vor den Krabbeltieren und wagen den Biss in eine knusprige Heuschrecke. Denn Insekten sind gesund und haben eine gute Ökobilanz. Grashüpfer oder Buffalo-Würmer sind bereits heute schon gefriergetrocknet zu kaufen, Kochbücher erklären, wie sich geröstete Mehlwürmer auf Kräuterbett oder Grillen mit Honig und Sesam zubereiten lassen. Einige Supermärkte haben bereits Insekten-Proteinriegel und tiefgekühlte Insektenburger im Angebot. Fachmann Andreas Vilcinskas ist sich sicher, dass insektenbasierte Produkte in zehn Jahren zum üblichen Sortiment gehören werden.