Eine neuartige Schiene zur Ruhigstellung von Knochenbrüchen kann während der Behandlung mehrfach nachgeformt werden, etwa wenn die Schwellung nachlässt. Möglich macht das der biobasierte Kunststoff Polymilchsäure, kurz PLA. Nach ihrer Nutzung kann die Schiene kompostiert werden.
Jährlich müssen in Deutschland bis zu 1,5 Millionen Frakturen ruhiggestellt werden. Hinzu kommen vermutlich noch zwei- bis viermal so viele Immobilisationen aus anderen Gründen – etwa Infektionen, Zerrungen oder Stauchungen – die statistisch nicht erfasst werden. Herkömmliche Immobilisationsmethoden sind meist unbequem, schwer, anfällig für Geruchsbildung, aufwändig beim Anlegen oder energieintensiv. Eine nachträgliche Anpassung der Form ist nicht möglich. Zudem sind sie nicht bioabbaubar und erzeugen bis zu 150 Tonnen Müll pro Jahr.
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm hat in Kooperation mit der Nölle Kunststofftechnik GmbH die innovativen Schienen RECAST entwickelt. Sie basieren auf dem biobasierten und bioabbaubaren Kunststoff PLA, den die Forscher so optimiert haben, dass er sich, erwärmt auf 55 bis 65 °C, verformen und an die entsprechende Körperstelle problemlos anpassen lässt.
»Die Anforderungen an das Material waren vielschichtig. Beispielsweise sollte es nur eine halbe bis drei Minuten verformbar bleiben und danach bei Körpertemperatur hart und stabil werden. Die Form sollte zudem mehrfach nachjustiert werden können«, erklärt Helmut Remde, der Leiter des Verarbeitungstechnikums am Fraunhofer IAP. Das Forscherteam entschied sich für PLA als Basispolymer, kombinierte es mit geeigneten Füllstoffen und entwickelten eine Rezeptur, die alle Anforderungen erfüllte. Zudem stellten die Forscher sicher, dass das Material auch in industrierelevanten Mengen hergestellt werden kann.
Der Einsatz von PLA bringt noch einen weiteren entscheidenden Nutzen mit sich: Es ist bioabbaubar. Während der überwiegende Anteil an gängigen Immobilisationsmitteln große Mengen an Kunststoffmüll erzeugt, der in Mülldeponien entsorgt und verbrannt wird, können die RECAST-Schienen im Industriekomposter biologisch abgebaut werden.