Bakteriophagen infizieren Bakterien und töten sie ab. Schon vor 100 Jahren heilte man mit ihrer Hilfe schwere Infektionen. Jetzt erlebt die Phagentherapie eine Renaissance — im Kampf gegen multiresistente Bakterien.
Mukoviszidose-Patienten haben einen zähen Schleim in ihren Lungen, der ein idealer Nährboden für Bakterien ist. Zu diesen Bakterien gehört auch Pseudomonas aeruginosa, das mittlerweile gegen die meisten Antibiotika resistent ist. Die Phagen-Therapie eröffnet hier jedoch neue Behandlungsmöglichkeiten: Die Bakteriophagen infizieren die Bakterien und töten sie ab. Bekannt ist diese Therapieart bereits seit 100 Jahren – also länger als die Antibiotikatherapie. Allerdings geriet sie in Vergessenheit. Im Zuge der antibiotikaresistenten Keime ist sie ein neuer Hoffnungsträger.
Phagen gegen multiresistente Bakterien
Im Projekt Phage-4cure entwickeln Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Braunschweig mit zwei Partnern ein auf Phagen basierendes Medikament für Mukoviszidose-Patienten. Gefördert wird das Projekt vom Bundesforschungsministerium. Zunächst einmal galt es, die passenden Phagen zu finden: Das Team testete an mehr als 130 klinischen Proben von Patienten, welche Phagen am besten gegen die Pseudomonas-Bakterien wirken. »Es gibt keinen Breitband-Phagen, der alle Pseudomonas-Stämme abdeckt«, erklärt Holger Ziehr, Bereichsleiter am Fraunhofer ITEM. »Daher haben wir einen Cocktail aus drei verschiedenen Phagen gemischt, der eine hinreichend breite Abdeckung hat.« Hergestellt werden die benötigten Phagen im Fraunhofer ITEM – in Reinräumen mit entsprechenden Anlagen.
Klinische Studien starten 2021
Aus diesen Phagen entwickelt ein Forscherteam am Fraunhofer ITEM in Hannover ein Aerosol, das die Mukoviszidose-Patienten inhalieren können. Weitere präklinische Tests finden an der Berliner Charité statt, wo die Phagen an lebenden Lungengewebsschnitten getestet werden. In Berlin sind für 2021 auch die ersten klinischen Studien an der Charité Research Organisation vorgesehen – zuerst an gesunden Probanden und dann an Patienten. Bei der Zulassung arbeitet das Phage4Cure-Team eng mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammen und betritt damit regulatorisches Neuland.