2018

EARTO Innovation Award: Weniger Tierversuche durch Multiorgan-Chip

Die europäische Vereinigung der Forschungs- und Technologie-Organisationen EARTO zeichnet jährlich Innovationen mit signifikantem sozialen oder wirtschaftlichen Einfluss aus. 2018 wurde der »Multiorgan-Chip« aus dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS mit dem 3. Preis in der Kategorie »zu erwartende Auswirkungen« geehrt.

Das Mikrosystem simuliert den Blutkreislauf sowie Organe von Tieren oder Menschen. Es kann in vielen Fällen Tierversuche ersetzen, beschleunigt die Entwicklung neuer Medikamente und Kosmetika und dient als maßgeblicher Baustein für eine individualisierte Medizin. Seit 2009 forscht ein Team um Dr. Frank Sonntag und Dr. Udo Klotzbach in Dresden am Multiorgan-Chip. Zunächst schneiden die Ingenieure mit einem Laser künstliche Blutgefäße, Kammern für Gewebe und weitere Funktionselemente in Kunststofffolien. Diese Folien werden gestapelt, verbunden und ergänzt um Sensoren, Ventile, Pumpen, Anschlüsse, Stoffaustauscher und elektronische Ansteuerungen. Künftig sollen zudem Konzepte des maschinellen Lernens die Analyseergebnisse verbessern.

In der neuesten Parallelflussversion bildeten die Wissenschaftler die unterschiedlich starke Durchblutung von Organen nach. Im weltweiten Wettlauf um Ersatzlösungen für Tierversuche zeichnet sich der tablettenschachtelgroße Multiorgan-Chip dadurch aus, dass er komplexe Abläufe nachbilden kann, insbesondere die Wirkstoffverteilung im Blutkreislauf und zwischen den Organen.

Berthold Leibinger Innovationspreis: Effektiver Schutz für Metallschichten

Mit dem 1. Preis des hochrangigen Innovationspreises der Berthold Leibinger Stiftung wurde ein neuartiges Verfahren zum Laserauftragschweißen gewürdigt. Das »Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA)« entstand am Fraunhofer-Institut für Lastertechnik ILT und an der RWTH Aachen. Es ist umweltschonend, ressourceneffizient und steigert die Produktion: Da die Metallpulverpartikel direkt im Laserstrahl schmelzen, wird eine Prozessgeschwindigkeit von bis zu 500 Metern pro Minute möglich statt bisher maximal einigen Metern. Zudem senkt das Verfahren die herstellbare Schichtdicke von bisher über 500 auf 25 bis 250 Mikrometer.

Dr. Andres Gasser, Wolfgang Kueppers, Thomas Schopphoven (alle Fraunhofer ILT) sowie Gerhard Backes und Jochen Kittel (Lehrstuhl Digital Additive Production DAP an der RWTH Aachen) waren 2017 bereits mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet worden. Seither verbreitet sich ihr Verfahren zunehmend in der Industrie: Bei IHC Vremac Cylinders B. V. aus den Niederlanden wird für den Offshore-Einsatz produziert, die TRUMPF Laser- und Systemtechnik GmbH bietet Bauteile der TruLaser-Cell-Baureihe mit verschleiß- und korrosionsbeständigen Beschichtungen. Das Spin-off ACunity des Fraunhofer ILT lieferte bereits einige Anlagen an das staatliche Forschungsinstitut »Advanced Manufacture Technology Center« in China, um dort den Markteintritt vorzubereiten.

EU-Preis für das Kulturerbe: 3D-Digitalisierung sichert Kulturschätze

CultLab3D: Die Scanstraße digitalisiert vollautomatisch Objekte unterschiedlicher Größe und erfasst dabei Geometrie, Textur und physikalisch-optische Materialeigenschften für eine originalgetreue und mikrometergenaue Wiedergabe.
© Fraunhofer IGD
CultLab3D: Die Scanstraße digitalisiert vollautomatisch Objekte unterschiedlicher Größe und erfasst dabei Geometrie, Textur und physikalisch-optische Materialeigenschften für eine originalgetreue und mikrometergenaue Wiedergabe.

2018 haben die Europäische Kommission und Europa Nostra, das führende Netzwerk für Kulturerbe, 29 Preisträger aus 17 Ländern für ihre herausragenden Leistungen in den Bereichen Denkmalschutz, Forschung, ehrenamtliches Engagement, Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung ausgezeichnet. In der Kategorie Forschung gehörte das CultLab3D des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD zu den Gewinnern. Anerkannt wurde die Abteilung für ihren innovativen Ansatz zur 3D-Massendigitalisierung sowie ihre besondere Leistung, mithilfe hochaufgelöster 3D-Scans Europas Kulturschätze auch für zukünftige Generationen zu bewahren. Mit der automatisierten Scantechnologie leistet das Fraunhofer IGD einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Erbe Europas als Inspirationsquelle für die Zukunft.

Den hohen Stellenwert dieser Auszeichnung beweist die Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und des Präsidenten von Europa Nostra, Maestro Placido Domingo, sowie des EU-Kommissars für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, Tibor Navracsics, bei der Preisverleihung.

Stahl-Innovationspreis 2018

Berlin, 13. Juni 2018

Dr. Johannes Grob (2. v. l.), Geschäftsführung TURBONIK GmbH, und Prof. Christian Doetsch, Leiter des Bereichs Energie beim Fraunhofer UMSICHT, nahmen den Stahl-Innovationspreis 2018 entgegen.
© Wirtschaftsvereinigung Stahl
Dr. Johannes Grob (2. v. l.), Geschäftsführung TURBONIK GmbH, und Prof. Christian Doetsch, Leiter des Bereichs Energie beim Fraunhofer UMSICHT, nahmen den Stahl-Innovationspreis 2018 entgegen.
Das Team des Fraunhofer ILT erreichte am 13. Juni 2018 in Berlin den 2. Platz beim Stahl-Innovationspreis für das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA in der Kategorie »Stahl in Forschung und Entwicklung«. Links: Thomas Schopphoven (Fraunhofer ILT), rechts: Gerhard Backes (Lehrstuhl Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen University).
© Fraunhofer ILT
Das Team des Fraunhofer ILT erreichte am 13. Juni 2018 in Berlin den 2. Platz beim Stahl-Innovationspreis für das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA in der Kategorie »Stahl in Forschung und Entwicklung«. Links: Thomas Schopphoven (Fraunhofer ILT), rechts: Gerhard Backes (Lehrstuhl Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen University).

Seit 1989 zeichnet die Wirtschaftsvereinigung Stahl in Deutschland alle drei Jahre herausragende Innovationen rund um den Werkstoff Stahl aus. Der Wettbewerb wird in mehreren Kategorien vergeben und zählt zu den führenden Innovationspreisen in Deutschland. 
 

1. Preis für Mikro-Dampfturbine in der Kategorie »Produkte«

Den ersten Preis in der Kategorie »Produkte aus Stahl« konnten sich Forscher des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und dessen Ausgründung TURBONIK sichern. Sie entwickelten eine hocheffziente und ölfreie Mikro-Dampfturbine aus Edelstahl zur Eigenstromerzeugung. Die Dampfherstellung erzeugt bei vielen industriellen Prozessen einen hohen Energieverbrauch und stellt einen relevanten Kostenfaktor dar. Die Mikro-Dampfturbine aus Oberhausen nutzt Prozessdampf. Dies schont Ressourcen und spart Strom. Dank des Verzichts auf ein Getriebe arbeitet sie mit sehr hohen Drehzahlen um bis zu 40 Prozent effizienter als konventionelle Dampfturbinen. Zudem erübrigt sich die Schmierung mit Öl, was neben Wartungskosten auch einen ökologischen Vorteil bietet. Indampfnutzenden Betrieben, etwa aus der Pharma-, Lebensmittel- oder Textilindustrie, kann die Mikro-Dampfturbine einfach integriert werden und bereits bei kleinen Anlagen die Energiekosten erheblich senken. Die erste Mikro-Dampfturbine von TURBONIK läuft bei der Energieversorgung Oberhausen AG (evo). Angetrieben vom Dampf der Fernwärmeentgasung, reguliert sie den Dampfdruck und erzeugt gleichzeitig Strom. Die Turbine produziert jährlich 300 000 kWh Strom, was dem Jahresverbrauch von circa 60 bis 75 Vier-Personen-Haushalten entspricht. Die Energiekosten werden durch die ressourcenschonende Stromerzeugung erheblich gemindert.


2. Preis für umweltfreundliche Stahl-Beschichtung in der Kategorie »Stahl in Forschung und Entwicklung«

Im Mittelpunkt des Stahl-Innovationspreises stehen nicht nur Produkte aus Stahl, sondern auch innovative Verfahren, wie das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA, das bereits mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2017 ausgezeichnet wurde. Für die umweltfreundliche Laser-Alternative zur Chrom(VI)-Beschichtung erhielten die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT aus Aachen am 13. Juni 2018 nun den 2. Preis des Stahl-Innovationspreises in der Kategorie »Stahl in Forschung und Entwicklung«.

European Silver Economy Award des SEED Konsortiums: Sensor, App und Portal für die alternde Gesellschaft

Bewegungsfreiheit, Fitness und Sicherheit sind Bedürfnisse aller Menschen. Ende 2017 brachte das dänische Unternehmen Gociety Solutions mit Unterstützung von Fraunhofer Portugal einen Clip auf den Markt, der viele Sicherheitsfunktionen in einem Gerät vereinigt: Mit einem Notfallknopf können eingespeicherte Kontakte benachrichtigt werden, Stürze lassen sich detektieren und Benachrichtigungen automatisch auslösen, sollte der Nutzer den Notfallknopf nicht mehr selbstständig betätigen können. Eine Aufzeichnung des Bewegungsprofils erlaubt sogar Vorhersagen zu einem Sturzrisiko. Verwendet wird der Clip in Verbindung mit der GoLivePhone App. Mithilfe des Webportals GoLiveAssist können autorisierte Betreuungspersonen in Echtzeit Einblick in die gesundheitlichen Messdaten erhalten.

Zur Marktreife des GoLiveClips einschließlich seiner digitalen Zusatzfunktionen trug die selbstständige Fraunhofer-Auslandsgesellschaft »Associação Fraunhofer Portugal Research« mit zwei ihrer Entwicklungen bei: Smart Companion vereinigt App-Angebote für ältere Menschen, damit diese in einer digitalisierten Welt weiterhin an der Gesellschaft teilhaben können. Mit Pandlets haben die portugiesischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue Architektur für eingebettete Elektronik in drahtlosen Geräten entwickelt, die randlos in das Android-Bediensystem integrierbar ist. Pandlets wurden bereits in Überwachungsanwendungen für Wohnungen getestet und eignen sich besonders für Anwendungen im Internet der Dinge oder für Elektronik, die in der Kleidung am Körper getragen wird.

Im Mai 2018 wurde die Entwicklung des GoLiveClips mit dem ersten Preis der »European Silver Awards« in der Kategorie für gemeinnützige Organisationen ausgezeichnet. Der Preis wurde im Rahmen einer Maßnahme des aktuellen EU-Rahmenprogramms ausgelobt, um innovative Lösungen zur Verbesserung der Lebensqualität einer alternden Gesellschaft in die Öffentlichkeit zu tragen.

Circular Materials Challenge: bioORMOCER®-Beschichtungen für bioabbaubare Plastikverpackungen

Die Ellen MacArthur Foundation, 2010 von der ehemalig schnellsten Weltumseglerin Dame Ellen MacArthur gegründet, setzt sich weltweit für die Entwicklung nachhaltiger Konzepte und den Übergang zur Kreislaufwirtschaft ein. Inzwischen hat sich die Foundation zu einem globalen Vordenker entwickelt und das Thema Kreislaufwirtschaft auf der Agenda von Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Regierung und Wissenschaft etabliert. 2018 verlieh die Stiftung den mit insgesamt 1 Mio US$ dotierten Preis »Circular Materials Challenge « im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos an fünf Gewinner.

Frau Dr. Sabine Amberg-Schwab vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC wurde mit ihrem Team für die Entwicklung der bioORMOCER®e ausgezeichnet. Mit diesen bioabbaubaren, anorganisch-organischen Hybridmaterialien ist Frau Dr. Amberg-Schwab ein Meilenstein in der Entwicklung bioabbaubarer Verpackungsmaterialien gelungen. »Unsere bioORMOCER®e beseitigen die Schwächen bisheriger Biopolymere und machen diese fit für die hohen Anforderungen an zuverlässiges Verpackungsmaterial«, erläutert die Entwicklerin. Die bioORMOCER®e werden als Barrierematerial in industriellen Standardverfahren zur Beschichtung biobasierter Verpackungsfolien eingesetzt. Die so ausgerüsteten bioabbaubaren Verpackungsfolien erfüllen damit die im Lebensmittel-, Pharma- oder Kosmetikbereich geforderten Barrierewerte gegenüber Sauerstoff und Wasserdampf. Auf konventionelle Folien aufgetragen, sorgen Beschichtungen aus bioORMOCER® für einfache Recycelbarkeit.