Gebäudedämmung – nachhaltig und kostengünstig mit Aerogelen
Joseph-von-Fraunhofer-Preisträger 2023:
Christoph Dworatzyk (PROCERAM GmbH & Co. KG)
Andreas Sengespeick und Nils Mölders (Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT)
CO2-Emmissionen konsequent einzusparen, ist entscheidend für das Erreichen unserer Klimaziele. Eine wesentliche Stellschraube ist dabei die Dämmung von Gebäuden. Großes Potenzial bietet ein nachhaltiger, kostengünstiger, mineralischer Dämmstoff, der die Dämmleistung von Styropor und Co. bei Weitem übertrifft.
Aerogele haben es bereits mehrfach ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft: Als leichtester Feststoff der Welt – sie bestehen bis zu 99,8 Prozent aus Luft – und als bester Dämmstoff. Da sie aus dem unkritischen mineralischen, natürlich vorkommenden Rohstoff Siliziumdioxid bestehen, sind sie zudem nachhaltig und lassen sich unabhängig von petrochemischen Quellen fertigen. Doch als Dämmstoffe waren Aerogele bisher deutlich zu teuer, ihre Herstellung war aufwändig und langwierig.
Herstellungskosten um 70 Prozent gesenkt
Das Ziel der PROCERAM GmbH & Co. KG lag in der kostengünstigen, massentauglichen Herstellung von Aerogelen – und damit in einem günstigen mineralischen Dämmstoff, der besser isoliert als seine auf fossilen Energien basierenden Alternativen und nicht brennbar ist. Dazu kontaktierten die Unternehmer die Expertinnen und Experten des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT. Innerhalb von sechs Jahren stellte das Team um Nils Mölders und Andreas Sengespeick vom Fraunhofer UMSICHT sowie Christoph Dworatzyk von der PROCERAM GmbH & Co. KG ein neuartiges Produktionsverfahren für Aerogele auf die Beine, das vollständig ohne umweltgefährliche Chemikalien auskommt – vom Labor bis in den vorindustriellen Maßstab. Die Herstellungskosten der bis dato teuren Aerogele sanken um 70 Prozent, die Produktionszeit von mehr als 10 Stunden auf 2,5.
Um Kosten und Produktionszeit des Aerogels in diesem Ausmaß senken zu können, setzte das Forscherteam beim Produktionsprozess an. Üblicherweise wird zur Aerogelherstellung ein Sol, eine feine Verteilung fester Stoffe in einem Medium, mittels Säure geliert – dazu braucht es sechs Kilogramm Säure für ein Kilogramm Aerogel. Das Gel wird anschließend gealtert, das Lösungsmittel getauscht und getrocknet. Während überkritisches Kohlenstoffdioxid, dessen Eigenschaften zwischen denen von Flüssigkeit und Gas liegen, bisher lediglich für die Trocknung genutzt wurde, setzen die Forschenden es für alle Prozessschritte ein. Auch die Rohstoffe stehen im Zeichen der Nachhaltigkeit: Die Forschenden testeten über 20 verschiedene silikatische Sole, die gut verfügbar, kostengünstig und nicht toxisch sind – im Gegensatz zu etablierten Solen.
Starke Dämmleistung in mineralischem Putz
Um schließlich als Dämmmaterial von Gebäuden zum Einsatz zu kommen, wird das Aerogel auf eine Korngröße von zwei bis vier Millimetern gebracht und in einen rein mineralischen Putz integriert. Die Masse verfügt über gute Dämm- und bauphysikalische Eigenschaften, die diejenigen der klassischen Dämmstoffe wie Styropor oder Mineralwolle übertrifft. So kann der Aerogel-Putz die Wärmeleitfähigkeit verglichen mit Styropor um einen Faktor 2 senken. Ein weiterer Pluspunkt: Alle enthaltenen Aerogel-Rohstoffe wie Sand oder Kalk lassen sich wieder in die Stoffkreisläufe einbringen, also recyclen. Das Potenzial des neuartigen Produktionsverfahrens ist für Gebäudetechnik und Klimaschutz also gleichermaßen groß.
Förderhinweis: Das Projekt »Aerolight« wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)über den Projektträger Jülich (PTJ) gefördert. (FKZ: 03LB4006, Laufzeit: 1.4.2021 – 31.3.2024)