Das Problem
In den ländlichen Regionen Afrikas stellt oftmals die schlechte Erreichbarkeit ein großes Hindernis für eine flächendeckende medizinische Versorgung dar. 1,5 Millionen Menschen sterben pro Jahr allein in der Subsahara-Region Afrikas (SSA) an den vier häufigsten Erkrankungen: Malaria, HIV/AIDS, COVID-19 und Tuberkulose. Gründe dafür sind unter anderem in mangelnder Gesundheitsversorgung und Hygiene zu suchen. Menschen vor Ort sind zudem häufig in ihrer Mobilität eingeschränkt. Flächendeckende Untersuchungen für die Früherkennung, systematische Datenerfassung bei epidemischen Lagen, Impf-, Medikamentierungs- und Aufklärungskampagnen sowie der direkte Kontakt zu medizinischem Fachpersonal sind damit in vielen Fällen kaum möglich.
Die Lösung
Eine mobile medizinische Versorgungseinheit könnte auch schwer zugängliche Gebiete erreichen und in Erweiterung mobiler Kliniken vor Ort Gesundheitsdienste anbieten. Zudem wäre eine solche Versorgungsplattform im Gegensatz zu einer mobilen Klinik auch mit wenig Personal zu betreiben. Die Herausforderung besteht darin, die Versorgungseinheiten mit der entsprechenden Geländegängigkeit auszustatten und andererseits in großer Stückzahl kostengünstig zu produzieren.
Das Projekt
Im Projekt »PreCare – Health Care for Everyone and Everywhere« entwickelt ein internationales Team zweier Fraunhofer-Institute und der Universität-Stellenbosch kostengünstige modulare Infrastrukturlösungen, die sich einfach auf geländegängigen Pickups montieren lassen. Mit diesen mobilen Einheiten sind vorklinische Untersuchungen, Tests und Impfungen auch in unzugänglicheren Gebieten möglich. Initiiert wurde dieses Projekt von Forschenden der Fraunhofer-Institute für Schicht- und Oberflächentechnik IST sowie für Solare Energiesysteme ISE. PreCare wird zudem von der Fraunhofer Zukunftsstiftung gefördert.
Originalität/Alleinstellungsmerkmal
Die im Rahmen des PreCare-Vorhabens entwickelte mobile Versorgungsplattform besteht aus einer Kabine mit modularen Versorgungselementen wie einer Wasseraufbereitungsanlage, on-board Desinfektionsmittelproduktion, Kühlschrank und Telekommunikationseinheit. Zudem kann die Einheit andere medizinische Geräte, wie z.B. mobile Röntgengeräte, Wirkstoffe und Testequipment aufnehmen. Ein PV-Generator mit Akku versorgt die Einheit autark mit Strom. Ein Laptop mit Sat-Link sowie Bluetooth-fähige Untersuchungsgeräte wie z. B. Blutdruckmesser oder EKG sollen künftig den Patienten vor Ort telemedizinische Konsultationen von medizinischem Fachpersonal ermöglichen und so zu einer besseren gesundheitlichen Aufklärung beitragen.
Marktfähigkeit
Der Prototyp der mobilen Versorgungsplattform wurde 2023 zum ersten Mal in einer Testphase bei der gemeinnützigen Organisation Rhiza Babuyile in der Praxis getestet. In der Region Mpumalanga in Südafrika war das Modul bei verschiedenen Behindertenzentren im Einsatz. Neben der Beobachtung der Vitalzeichen wurden primär HIV-Tests im Rahmen einer allgemeinen Gesundheitsaufklärung und -beratung durchgeführt. Eine erste Auswertung zeigt, dass sich während der Testphase die gesundheitlichen Bedingungen der Patienten in den besuchten Zentren verbesserten. Chronische Erkrankungen wurden wirksamer behandelt und verbesserte hygienische Bedingungen reduzierten die Zahl von Komplikationen.
Die Erfahrungen aus der bis Mitte 2024 gelaufenen Evaluierungsphase fließen nun in Entwicklung und Design eines weiteren, seriennahen Prototypen ein. Dank der Zusammenarbeit mit der NGO Mudiro e.V. ist der Probebetrieb einer zweiten Plattform in Namibia möglich. Diese soll im Rahmen eines einjährigen Programms zur Früherkennung und Vorsorge von Gebärmutterhalskrebs in Betrieb genommen werden.
Die mobile Einheit wird durch lokale Wirtschaftsakteure wie Fahrzeugausstatter, Anlagenbauer und Photovoltaik-Firmen vollständig durch das eigens gegründete südafrikanische StartUp »S Mile Solutions (Pty) Ltd« in Afrika gefertigt.
»PreCare« kann darüber hinaus für den Einsatz in der dezentralen Wasseraufbereitung, in den Bereichen Wildlife und Naturschutz, Landwirtschaft, Bergbau und Tourismus sowie in der Katastrophenhilfe ausgeweitet werden.
Das Preisgeld wird voraussichtlich für den Kauf eines gebrauchten Trägerfahrzeugs eingesetzt. Damit wäre den Projekt-Partnern der Betrieb der Plattform vor Ort (auch probeweise) möglich. Viele NGOs verfügen zwar über eigene Fahrzeuge, jedoch können diese meist nicht einfach mit der Plattform bestützt werden. Diese Fahrzeuge werden regelmäßig für den Transport von Material und/oder Personal benötigt. Mit einem Gewicht von bis zu 700 kg lässt sich die Plattform nicht ohne Weiteres auf ein Fahrzeug montieren. Eine schnelle Montage/Demontage soll jedoch im Rahmen einer zukünftigen Serienproduktion möglich werden.