Das Problem
Die Menschen in Mali und Gambia sehen sich bereits heute Extremereignissen wie Dürren, Überschwemmungen oder Hitzewellen gegenüber. Künftig werden diese häufiger und intensiver auftreten und damit tiefgreifende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit haben. In ländlichen Regionen haben die Menschen nur eingeschränkt Zugang zu erschwinglicher Energie, Trinkwasser oder Nahrungsmitteln. Das schränkt die sozialen Aufstiegsmöglichkeiten für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen insbesondere von Frauen und Jugendlichen ein.
Sowohl in Mali als auch in Gambia steigt die Nachfrage nach Solarstromerzeugung durch Photovoltaik-Freiflächenanlagen stetig an. Die begrenzte Verfügbarkeit von Ackerland bei gleichzeitig steigender Flächennachfrage führte in den beiden Ländern bereits zu einer Verschärfung der Landnutzungskonkurrenz und zu vielschichtigen Konfliktkonstellationen. Entnahme und Verbrauch von Wasser ist meist nicht reglementiert, was zu einer Ausbeutung der Wasserressourcen führt. Das wirkt sich wiederum auf die Nahrungsmittelproduktion aus. Für die Installation nachhaltiger Infrastruktur ist zudem kaum Kapital vorhanden.
Die Lösung
Die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Wasser und Strom soll verbessert werden. Agri-Photovoltaik (Agri-PV) versorgt in einer Dreifachnutzung die lokale Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Wasser und Strom und erhöht die Widerstandsfähigkeit des Agrarsektors gegenüber dem Klimawandel. Dabei fungieren die aufgeständerten Solar-Panele nicht nur als Kollektoren für Sonnenlicht, sondern fangen auch Regenwasser auf und bieten gleichzeitig Verschattung für Pflanzen. Der Strom kann verkauf oder für Beleuchtung oder Klimatisierung verwendet werden.
Das Projekt
Das Projekt »Agrophotovoltaik für Mali und Gambia: Nachhaltige Stromproduktion durch integrierte Nahrungsmittel-, Energie- und Wassersysteme (APV-MaGa)« basiert auf einer länderübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Mali und Gambia. Es soll die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Nahrung, Wasser und Strom verbessern und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit des Agrarsektors gegen den Klimawandel erhöhen.
Das interdisziplinäre Konsortium des Projekts verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und will die technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit eines dreifachen Landnutzungssystems nachweisen. Das Projekt zielt auch darauf ab, Synergien und Wechselwirkungen innerhalb des Wasser-Energie-Nahrungsmittel-Nexus in den Partnerländern sowie im gesamten westafrikanischen Kontext zu verstehen. Daher untersuchen die Projektpartner die Auswirkungen der Beschattung durch PV-Module auf das Mikroklima und die Pflanzen in Agri-PV-Systemen, verschiedene Wassermanagementsysteme wie Regenwassernutzung, Grundwasserentnahme oder saisonale Wasserspeicherung für Bewässerungszwecke sowie die Mehrfachnutzung von Energie entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette (Kühlräume für die Lagerung der Ernte und Ausrüstung für die Nachernteverarbeitung). Finanz- und Geschäftsmodelle, die die Umsetzung und Nachhaltigkeit von Agri-PV-Projekten gewährleisten können, werden erforscht. Darüber hinaus untersucht das Projekt wichtige soziale Aspekte.
Originalität
Mali und Gambia sind Teil der westafrikanischen Sahelzone und waren in den letzten Jahrzehnten zunehmend extremen Klimaereignissen wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen ausgesetzt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Klimawandel weiter tiefgreifende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Stabilität der Region insgesamt haben wird. In vielen Teilen Afrikas steht das Energiesystem vor einer Reihe miteinander verbundener Herausforderungen, darunter der flächendeckende Zugang zu Strom, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und die zunehmende Umweltzerstörung. Die Originalität des Projekts liegt in dem interdisziplinären und vielschichtigen Ansatz, bei dem Energie-, Agrar-, Wasser- und sozioökonomische Faktoren erforscht werden sollen.
Marktfähigkeit
Das Team plant die Installation von vier Pilotsystemen. Gleichzeitig sollen auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnittene Geschäftsmodelle getestet werden. Ziel ist es, die Bauern in Mali und Gambia einzubinden und langfristige Investitionen zu fördern. Die ländliche Bevölkerung kann so Eigentümer eines Agri-PV-Systems werden. Klein- und Mittelbetriebe werden für ihre Anfangsinvestitionen entschädigt. Die Gesamtinvestitionskosten für die Demonstrationsanlagen werden in kommerzielle Kosten und Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E) aufgeteilt.
Für die Anlage in Mali wird das Projektkonsortium die Agri-PV-Anlage zu rund 85 Prozent über das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzieren, der lokale Partner, das Mali-Folkcenter, die verbleibenden 15 Prozent. Mit den Demonstrationsanlagen sollen die Nutzung des erzeugten Stroms und die Ernteerträge für die lokalen Gemeinden optimiert werden. Die Integration von nachhaltigem Wassermanagement und die sozioökonomische Verankerung des Gesamtkonzepts stehen im Mittelpunkt der F&E-Aktivitäten.
Konkret umfasst das APV-MaGa-Projekt die Installation eines 150 -kWp-Demonstrators auf etwa einem Hektar Land in Katibougou, Mali, sowie drei weiteren Demonstrationsanlagen mit jeweils etwa 332,76 kWp in ausgewählten Gemeinden in Gambia. Dazu zählen ein bewässerter Reisanbau, ein Pilotsystem mit integrierter Regenwassernutzung, eine »Transformationsplattform« sowie ein Kühllager für die Lebensmittelkonservierung.
APV stellt eine große Chance dar, die regionale Wertschöpfung ländlicher Gemeinden zu erhöhen. Die Geschäftskonzepte werden so gestaltet werden, dass die Anlagen vor allem von Landwirten, Gemeinden und kleinen und mittelständischen Unternehmen betrieben werden können.
Mit dem Preisgeld des Fraunhofer-Alumni-Awards kann das Projekt weitere Sensoren zur Datenerfassung der landwirtschaftlichen Parameter installieren. Die Erfassung eines breiteren Spektrums von pflanzlichen und mikroklimatischen Parametern mit größerer Genauigkeit ist für das Agri-PV Konzept unerlässlich.