Waves to Watt and Water. So lautet das Motto des von dem Fraunhofer-Alumnus Marcus Lehmann mitgegründete Unternehmen CalWave Power Technologies Inc., dem er auch als CEO vorsteht. Ziel des ambitionierten Start-ups ist ein Kraftwerk, das aus Meereswellen Elektrizität gewinnt. Diese Form der erneuerbaren Energie birgt im Vergleich zu anderen regenerativen Energieformen Vorteile: Die Wellenteppiche des jungen kalifornischen Unternehmens, mit denen die Energie der Wellen aufgenommen wird, »schwimmen« unter Wasser in einiger Entfernung zur Küste. Damit sind die Anlagen - anders als Windräder - nicht zu sehen, können auch bei Sturm Energie produzieren und sind von Sonneneinstrahlung oder Wind unabhängig. Vor allem aber lassen sich die Energieerträge aus diesen Anlagen sehr langfristig und zuverlässig voraussagen.
Energie aus der Kraft der Meere könnte in Zukunft ein wichtiger Baustein für die Versorgung mit regenerativen Energien werden. Davon ist auch das U.S. Energieministerium (DOE) überzeugt. Das Energy Efficiency and Renewable Energy Water Power Technologies Office des US-Ministeriums hat 12 innovative Projekte für maritime Energie ausgewählt und fördert diese jetzt mit insgesamt 25 Millionen Dollar. Meeresenergie umfasst die Energiegewinnung aus Gezeiten-, Fluss- oder Ozeanströmen und aus Wellen. Mit der Förderung in Millionenhöhe will CalWave nun eine größere kommerzielle Anlage bauen. Seit 2017 testet CalWave die eigene Technologie bereits in der Praxis.
Marcus Lehmann war ab Ende 2011 für acht Monate in der Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft in München, wo er im Stab des Finanzvorstandes Alfred Gossner tätig war. Dort arbeitete er auch mit Dirk Artels zusammen, der in einem Forschungsprojekt der Frage nachging, wie sich fundamental neue Technologien zur Marktreife heranführen lassen. Heute führt er ein Unternehmen, das genau das versucht und für die Zukunft der Energieversorgung der Menschheit einen entscheidenden Beitrag leisten könnte.
Könnte man die Energie aller Meereswellen ausnutzen, ließe sich so viel Energie erzeugen, wie weltweit im Jahr 2008 verbraucht wurde. Realistisch, so Schätzungen, könnten bis 2050 bis zu 10 Prozent des europäischen Strombedarfs aus der Kraft der Ozeane abgedeckt werden.
Wir haben uns bereits Ende vergangenes Jahr mit Marcus Lehman unterhalten und das Gespräch in unserem Portal veröffentlicht. Sie können im Folgenden einen Auszug des Interviews oder im Portal das gesamte Gespräch lesen.
Fraunhofer-Alumni e.V.: Herr Lehmann, wie sind Sie auf Ihr Projekt gekommen?
Ich habe im MIT Technology Review einen Artikel über das Thema Wellen gelesen als ich am Center for Digital Technology and Management (CDTM) auf die Stelle für einen verpflichtenden Austausch gewartet habe. Das CDTM, eine Initiative der Ludwigs-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München, bietet den Aufbaustudiengang »Technology Management« und ist Teil des Elite-Netzwerks Bayern. Ich schlug als Visiting Research Student des CDTM dieses Projekt als Diplomarbeit in Maschinenwesen an der TUM vor. Während der Arbeit wurde das erste Patent angemeldet. Nach Abschluss des Diploms und des CDTM kehrte ich nach Berkeley zurück, in Form einer externen Promotion mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Während der Promotion schlug ich die Technologie der Cyclotron Road initiativ vor und war erfolgreich. Seit 2017 ist unser Unternehmen eigenständig aber wir arbeiten mit dem Theoretical and Applied Fluid Dynamics Laboratory (TAFLab) der Universität Berkeley zusammen. Das TAFLab wird von Professor Reza Alam geführt, von dem auch das ursprüngliche Konzept stammt .
Fraunhofer-Alumni e.V.: Über Cyclotron Road bekommen Start-ups Förderung und Zugriff auf Ressourcen des Lawrence Berkeley National Laboratories. Wie weit fortgeschritten ist aus ihrer Sicht das Projekt?
2012 haben wir zum ersten Mal zusammen mit Kommilitonen einen ersten Prototyp mit Dingen gebaut, die wir im Labor vorfinden konnten. Seitdem hat sich das Projekt deutlich weiterentwickelt. Um mit dem Technologie Readiness Level von der Nasa zu sprechen liegen wir derzeit auf 4 bis 5 von insgesamt 9 Stufen. Das bedeutet, dass wir Prototypen bereits testen und auch schon erste skalierende Experimente durchführen. Aktuell sind wir aus Mitteln des amerikanischen Energieministeriums finanziert und haben einen Vertrag über 48 Monate. Wir planen bis zum Jahr 2020 und gehen davon aus, dass wir noch ein Jahr für das ausführliche Testen der Technologie brauchen werden. Theoretisch könnten wir in 2021 in Serienproduktion gehen.
Fraunhofer-Alumni e.V.: Könnten Sie uns diese Technologie noch mal etwas eingehender erläutern?
Das ursprüngliche Konzept leitet sich von Schlamm-Vibrationen am Meeresgrund ab. Es gibt Regionen, in denen ein schlammiger Meeresboden wie ein verteilter Schockabsorber arbeitet. Auf wenigen Metern kann der schlammige Untergrund sehr schnell die Wellenenergie absorbieren. In einem landesweiten Wettbewerb hat das US-Energieministerium nach Konzepten gesucht, wie sich diese Energie für Stromerzeugung nutzen lässt. Mit unserem Vorschlag konnten wir diese Fördergelder bekommen.
Wir nutzen dafür aber nicht die küstennahen Bereiche, wo die Wellen bereits viel Energie abgegeben haben, sondern operieren offshore. Dort sind die Wellen länger und energiereicher. Küstennahe Konzepte sehen zunächst einfacher aus, aber bereits einen Kilometer vor der Küste verfügen Wellen über die doppelte Energie.
Im Offshore-Bereich brauchen wir eine spezielle Verankerung um unsere Technologie schwimmend und unter Wasser zu lagern. Im Offshore-Bereich herrscht bereits eine erhebliche Wassertiefe vor. Das bringt aber auch Vorteile, weil wir dadurch keinerlei visuelle Beeinträchtigungen haben. Es ermöglicht außerdem schwere Stürme zu überstehen, wie man es von der Pitch und Yaw Regulierung einer Windturbine kennt.
Fraunhofer-Alumni e.V.: Gibt es bereits Installationen des Kraftwerks?
Über die letzten vier Jahre haben wir mehrere Tanktest-Kampagnen in Labors durchgeführt, um unsere numerischen Modelle zu validieren und den Wirkungsgrad und Koststruktionen zu optimieren. Seit 2017 arbeiten wir an einem Pilotprojekt das 2020 in offenem Meer getestet werden soll.
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