Deutschland verfügt über ein exzellentes Wissenschafts- und Innovationssystem mit einer klaren Arbeitsteilung, bei der jede Institution einen eigenen, wichtigen Beitrag zur Innovationskette leistet. Fraunhofer steht für angewandte Forschung und Technologietransfer, DESY entwickelt und betreibt führende Infrastrukturen, die als Katalysatoren für Technologieentwicklungen und Innovationsprozesse dienen. Um wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen zu adressieren sowie Technologiesouveränität in Deutschland und Europa zu sichern, ist es entscheidend, Kompetenzen, Infrastrukturen und Wissen über die Grenzen einzelner Forschungseinrichtungen hinweg zu bündeln und gezielt in Innovationen umzusetzen. »Die Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen DESY und Fraunhofer ist eine wichtige Weichenstellung für mehr Innovation, mehr Transfer und mehr Wettbewerbsfähigkeit für den Standort Deutschland. In Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen ist es essenziell, missionsspezifische Kompetenzen, Infrastrukturen und Wissen über die Grenzen der einzelnen Forschungseinrichtungen hinweg zu bündeln und planvoll und zielgerichtet in Innovationen umzusetzen. Durch die enge Zusammenarbeit werden wir Spitzenforschung und neuste Erkenntnisse noch schneller in die Anwendung überführen und Nutzbar für unsere Wirtschaft machen«, erklärt Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.
Prof. Helmut Dosch, Vorsitzender des DESY-Direktoriums, hebt die Bedeutung der Forschungsinfrastrukturen hervor: »Durch die engere Zusammenarbeit mit den verschiedenen Fraunhofer-Instituten können wir die Nutzung der DESY-Analytik noch besser für die angewandte Forschung und weitere industrielle Nutzung öffnen. Wir freuen uns, so gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft Innovationen und den Transfer von Spitzentechnologien für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Gesellschaft weiter zu beschleunigen.«
Fraunhofer-Institute nutzen Spitzeninfrastruktur von DESY
DESY zählt zu den weltweit führenden Teilchenbeschleunigerzentren und bietet mit Anlagen wie der Röntgenstrahlungsquelle PETRA III eine Plattform für internationale Spitzenforschung. PETRA III ist eine hochmoderne Röntgenlichtquelle der 3. Generation, die exzellente Forschungsergebnisse ermöglicht. Mit dem geplanten 4D-Röntgenmikroskop PETRA IV ist eine noch leistungsstärkere Strahlungsquelle in Planung, die ab 2032 die leistungsstärkste weltweit sein soll. Mit PETRA IV wird es möglich sein, komplexe, Materialien und Prozesse auf der Nanometerskala unter umwelt-, industrie- und medizinrelevanten Bedingungen mit höchster Präzision zu analysieren und damit die Grundlage für wissensbasiertes Material- und Wirkstoffdesign zu stärken.
Die Kooperation mit Fraunhofer ermöglicht es DESY, seine Infrastruktur als Dreh- und Angelpunkt für internationale Talente im Bereich der industriellen Forschung und Entwicklung weiterzuentwickeln. Fraunhofer-Forschende wiederum profitieren von dem prioritären wissenschaftlichen Zugang zu röntgenbasierter Analytik. Geplant ist ein maßgeschneidertes Zugangsmodell, das die Nutzung der Forschungsinfrastruktur und der damit verbundenen röntgenbasierten analytischen Methoden erleichtert. Damit könnten die Forschenden aktuelle industrierelevante Fragestellungen mit höchster Aussagekraft beantworten.
Rahmenvertrag für wissenschaftliche Zusammenarbeit
Bereits am 13. November 2023 unterzeichneten die Fraunhofer-Gesellschaft und DESY zusammen mit dem Helmholtz-Zentrum Hereon und dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie EMBL, ein »Memorandum of Understanding«. Darin bekundeten sie ihr Interesse, eine Kooperation für Synchrotron-Experimente an PETRA III und in Zukunft an PETRA IV aufzubauen. Seither haben erste Pilotprojekte das Potenzial der engen Zusammenarbeit aufgezeigt. In der Pilotphase wurden bis Ende 2024 insgesamt 23 Projekte und mit insgesamt über 1500 Stunden Strahlzeit an PETRA III gestartet.
Beispiele für die bereits angelaufene Zusammenarbeit umfassen Technologieentwicklungen – so haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie ISIT ein Spiegelsystem entwickelt, um Proben wie im Laserbereich für Untersuchungen mit Röntgenstrahlung an PETRA III umfassend abzurastern. Ein weiteres erfolgreiches Beispiel ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit DESY, dem Fraunhofer -Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und der Universität Leipzig. Es wurden Gehirnproben an einer Beamline an PETRA III untersucht. Ziel des gemeinsamen Projekts ist es, mit den gewonnenen Daten die Struktur der Hirnfasern zu charakterisieren und diese mit den Hirnfunktionen in Verbindung zu bringen. Diese Erkenntnisse sollen zur Weiterentwicklung von MRT-Techniken genutzt werden.
Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
DESY zählt zu den weltweit führenden Teilchenbeschleuniger-Zentren und erforscht die Struktur und Funktion von Materie – vom Wechselspiel kleinster Elementarteilchen, dem Verhalten neuartiger Nanowerkstoffe und lebenswichtiger Biomoleküle bis hin zu den großen Rätseln des Universums. Die Teilchenbeschleuniger und die Nachweisinstrumente, die DESY an seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen entwickelt und baut, sind einzigartige Werkzeuge für die Forschung: Sie erzeugen das stärkste Röntgenlicht der Welt, bringen Teilchen auf Rekordenergien und öffnen neue Fenster ins Universum. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands, und wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert.