Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist eine der führenden Organisationen für anwendungsorientierte Forschung. Im Innovationsprozess spielt sie eine zentrale Rolle – mit dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie. Ziel ist es, den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa zu stärken, insbesondere in zukunftsrelevanten Schlüsseltechnologien, die sich an den Bedürfnissen des Markts orientiert. Beispiele sind Technologien für den Umbau von Energiesystemen, für die Cybersicherheit oder für Grundlagenmodelle der generativen Künstlichen Intelligenz.
Darüber hinaus zählt Fraunhofer seit Jahren zu den aktivsten Patentanmeldern in Deutschland und Europa. Dazu entwickelt die Forschungsorganisation ein umfangreiches, internationales Patentportfolio in verschiedenen Technologiebereichen, vor allem als Grundlage für den Transfer von Technologien durch Forschungsprojekte, Ausgründungen und Lizenzierung.
Erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung
Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Die gegenwärtig knapp 32 000 Mitarbeitenden, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Finanzvolumen von 3,4 Mrd. €. Davon fallen 3,0 Mrd. € auf den Bereich Vertragsforschung, der sich in drei Finanzierungssäulen gliedert: Einen Anteil davon erwirtschaftet Fraunhofer mit Aufträgen aus der Industrie und aus Lizenzerträgen, die sich auf insgesamt 836 Mio. € belaufen. Der hohe Anteil an Wirtschaftserträgen ist das Fraunhofer-Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Forschungslandschaft.
Ein weiterer Teil aus dem Bereich Vertragsforschung stammt aus öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Bund und Länder komplettieren die Vertragsforschung durch die Grundfinanzierung. Damit ermöglichen die Zuwendungsgeber, dass die Institute schon heute Problemlösungen entwickeln können, die in einigen Jahren für die Gesellschaft relevant werden.
Transformationsprozess zur Stärkung der Fraunhofer-Mission
2023 begann die Fraunhofer-Gesellschaft mit dem Antritt des neuen Präsidenten, Prof. Holger Hanselka, einen umfassenden Transformationsprozess. »Die direkte Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Industrie garantiert den stetigen Innovationspush in die Wirtschaft und stärkt die deutsche und europäische Wettbewerbsfähigkeit. 88 Prozent unsere Kerntätigkeiten macht die Vertragsforschung aus. Zentral ist dabei unser Fokus auf das Fraunhofer-Modell. Durch unsere anwendungsorientierte Forschung und die Beschleunigung des Transfers mit unmittelbarem Bezug zum Kundennutzen stärken wir unsere Alleinstellung als zentraler Akteur im Forschungs- und Transfergeschehen«, sagt Hanselka.
Weiterentwicklung einer modernen Governance und Gestaltung effizienter Organisationsstrukturen
Weitere Bausteine des Transformationsprozesses bilden die Weiterentwicklung einer modernen Governance und einer transparenten Compliance sowie die Gestaltung effizienterer und agiler Organisationsstrukturen auf Basis einer modernen, offenen Unternehmenskultur. Diverse Dialogformate des Präsidenten und des Vorstands mit unterschiedlichen Bezugsgruppen der Mitarbeitenden starteten im August 2023. Damit verfolgen mehrere ineinandergreifende partizipative Formate das Ziel, organisationsweit Impulse für eine zukunftsgerichtete Fraunhofer-Kultur aufzugreifen und zu verdichten. Diese Formate markieren dadurch einen symbolischen Startpunkt für die gemeinsame Weiterentwicklung der Organisation. »Unser Ziel ist es, die Corporate Governance der Fraunhofer-Gesellschaft zeitgemäß und zukunftsfähig zu gestalten, um der gewachsenen Bedeutung der Fraunhofer-Gesellschaft und ihrem Auftrag in der Wirtschafts- und Wissenschaftslandschaft Rechnung zu tragen. Durch die enge Zusammenarbeit des Senats, der Zuwendungsgeber und des Vorstands haben wir gemeinsam die Weichen für die zukünftige Entwicklung der Fraunhofer-Gesellschaft gestellt und eine neue Satzung beschlossen«, erläutert Hanselka.
Erfindungen, Beteiligungen und Ausgründungen
Unter den Forschungseinrichtungen in Deutschland ist Fraunhofer nach wie vor Spitzenreiter bei der Anzahl der Erfindungen und der neu angemeldeten Patente. Nach dem Rückgang der vergangenen zwei Jahre ist die Zahl der Erfindungsmeldungen 2023 wieder auf 506 Erfindungen gestiegen. Auch die Zahl der prioritätsbegründenden Patentanmeldungen lag mit 406 über dem Vorjahr.
Ausgründungen sind ein integraler Bestandteil der Verwertungsaktivitäten bei Fraunhofer. Über die Abteilung Ausgründungen und Beteiligungen unterstützt die Fraunhofer-Gesellschaft die Gründerinnen und Gründer bei ihren Vorbereitungsaktivitäten. Im Einzelfall übernimmt Fraunhofer im Rahmen des Technologietransfers eine gesellschaftsrechtliche Minderheitsbeteiligung. Im Jahr 2023 unterstützte Fraunhofer Venture 71 neue Ausgründungsprojekte, aus denen 23 Spin-offs hervorgingen.
Fraunhofer hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl die Anzahl der Ausgründungen als auch den Anteil des Wirtschaftsertrags mit Spin-offs am Gesamtwirtschaftsertrag weiter zu steigern. Unterstützt wird dies mit zielgerichteten Maßnahmen und Programmen, die im Rahmen des integralen Ansatzes AHEAD inhaltlich gebündelt wurden.
Wissenschaftspolitische Rahmenbedingungen und Positionierung der Fraunhofer-Gesellschaft
2023 war ein Jahr großer technologischer Durchbrüche, etwa bei generativer Künstlicher Intelligenz (KI) oder wichtigen Schritten in der Digitalpolitik. Die Fraunhofer-Gesellschaft besitzt sowohl die technologische Expertise als auch die langjährige Erfahrung in der Use-Case-Entwicklung, um diese Prozesse zu begleiten. Daher erhielt der Fraunhofer-Präsident 2023 vom Zukunftsrat des Bundeskanzlers das Mandat, zusammen mit SAP und der Max-Planck-Gesellschaft die Patenschaft für das Thema »Generative KI« zu übernehmen.
Mit der »Zukunftsstrategie Forschung und Innovation« verfolgt die Bundesregierung das Ziel, das deutsche Innovationsökosystem zu stärken. Sie betont dabei, wie bedeutend die Förderung des Transfers von innovativen Forschungsergebnissen in die Anwendung ist. Zu den einzelnen Missionen der Zukunftsstrategie (Kreislaufwirtschaft, digitale Souveränität, Gesundheit und weitere) formuliert die Fraunhofer-Gesellschaft wissenschaftspolitische Positionen und lässt diese in den weiteren Ausgestaltungsprozess der Strategie einfließen.
Mit einer Vielzahl an Instituten war Fraunhofer 2023 maßgeblich an der Erarbeitung eines Dossiers zur Kreislaufwirtschaft im Rahmen der Allianz für Transformation (Leitdialog der Bundesregierung) beteiligt. Im Fokus des Dossiers standen Kreislaufkonzepte für den Bausektor und die Batteriewirtschaft – Schlüsselindustrien für die Mobilitäts- und Energiewende.