In der Mobilität sind signifikante Anstrengungen erforderlich, um klimaschädliche Emissionen weiter zu reduzieren. Antriebswellen aus faserverstärkten Kunststoffen können durch ihr geringes Gewicht den Spritverbrauch von Fahrzeugen verringern und dazu beitragen, Umweltbelastungen zu senken. In Pkw und in Lkw übertragen sie die Kraft vom Getriebe auf die Räder und müssen dabei hohe Belastungen aushalten. Daher werden sie meist als mehrteilige Gelenkwellen aus Stahl-, Aluminium oder Titanlegierung hergestellt und sind entsprechend schwer.
Als Alternative stehen aktuell Antriebswellen aus carbonfaserverstärktem Kunststoff mit duroplastischer Matrix zur Verfügung. Sie sind durch ihre geringere Dichte und weniger erforderliche Lagerstellen etwa 60 Prozent leichter als ihre metallischen Pendants und zeichnen sich durch bessere mechanische Eigenschaften aus. Trotzdem lassen sie sich in puncto Gewicht und Recyclingfähigkeit weiter optimieren. Dieser Aufgabe widmen sich Forschende der Fraunhofer-Projektgruppe »Zentrum für nachhaltige Leichtbautechnologien« (ZenaLeb), einer Projektgruppe des Forschungsbereichs Polymermaterialien und Composite PYCO am Fraunhofer IAP gemeinsam mit Partnern aus der Industrie. »Im ersten Schritt wollen wir gewickelte Antriebs- und Seitenwellen mit duroplastischer Matrix optimieren. Im zweiten Schritt entwickeln wir Wellen mit thermoplastischer Matrix«, fasst Felix Kuke, Leiter des ZenaLeb, die Vorgehensweise zusammen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Vorhaben.
Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen senken
Antriebswellen mit duroplastischer Matrix werden derzeit mittels Filament Winding produziert. Bei diesem Herstellungsverfahren werden mit Harz getränkte Filamente unter Spannung um eine rotierende Achse gewickelt und in einem weiteren Schritt ausgehärtet. Die geplanten thermoplastischen Antriebs- und Seitenwellen hingegen werden mittels Automated-Fiber-Placement-Technologie (AFP) hergestellt. »Bei der AFP-Technologie werden Prepregs, also vorimprägnierte Bänder, die Carbonfasern enthalten, mittels eines Lasers erhitzt und anschließend robotergesteuert und vollautomatisiert auf einer sich drehenden Rotationsachse abgelegt. Eine zusätzliche Aushärtung ist nicht notwendig«, erläutert der Forscher.
Weitere Vorteile der AFP-Technologie: Die Bänder können während des Vorgangs abgeschnitten und an anderen Stellen abgelegt werden, wodurch sich neue Winkel, Wickelmuster und Formen erzielen lassen. Die Antriebswellen lassen sich also frei umwickeln. Im Gegensatz zum Filament Winding ist man nicht an vorgegebene Wickelmuster gebunden. Dies führt zu einem besseren Leichtbaugrad gegenüber den aktuellen duroplastischen Bauweisen, wodurch der Kraftstoffverbrauch während der Nutzungsphase laut Berechnungen des Fraunhofer IAP um 0,3 Prozent gesenkt und die CO2-Emissionen für neu zugelassene Pkw und Lkw in Deutschland beträchtlich reduziert werden können. Im Vergleich zu stahlbasierten Antriebswellen ist sogar eine Einsparung des Gewichts von mehr als 65 Prozent möglich. »Der AFP-Prozess ermöglicht es Herstellern, hohe Produktivitätsraten zu erzielen. Unser Ziel ist es, das Fertigungskonzept für eine großserientaugliche Herstellung umzusetzen«, so Kuke.
Ganzheitliche digitale Überwachung des Produktlebenszyklus
Um die komplette Prozesskette nachverfolgen und so den CO2-Fußabdruck senken zu können, soll der Produktlebenszyklus – von der Herstellung des Grundwerkstoffs bis hin zum Recycling – mithilfe integrierter Sensorik abgebildet und überwacht werden. Hierfür werden faseroptische Sensoren und Dehnungsmessstreifen in die Antriebswellen eingewickelt – auch die Anlagen werden entsprechend ausgerüstet.
Die Prepregs sind bereits mit einem QR-Code versehen, der Auskunft über die verwendete Faser sowie das Matrixsystem gibt, was wiederum entscheidend fürs Recycling ist.
Durch die Integration von Product-Branding-Konzepten und Sensorsystemen lässt sich die Herstellung der neuen Wellen ökologisch bewerten und der erforderliche Energie- und Ressourcenverbrauch ermitteln. Digitalisierungs- und Simulationstools in Form eines digitalen Zwillings unterstützen den Optimierungsprozess sowie die Qualitätssicherung und ermöglichen die Steigerung des Leichtbaugrads. »Mit geeigneten Digitalisierungstools sind wir in der Lage, ganze Baugruppen rechnerisch auszulegen«, sagt der Forscher.