Gesundheitsdaten zählen zu den derzeit am stärksten wachsenden Datenmengen. »Wie wir diese Daten weiterverarbeiten und welche Möglichkeiten sich dadurch für Patientinnen und Patienten, Pflegepersonal sowie Ärztinnen und Ärzte ergeben, ist eine spannende Frage, deren Antwort wir ein Stück weit selbst in der Hand haben«, erklärt Dario Antweiler, Teamleiter Healthcare Analytics am Fraunhofer IAIS. Gemeinsam mit seinem Team hat er ein Whitepaper verfasst, in dem aktuelle Entwicklungen und Möglichkeiten dokumentenbasierter Prozesse im medizinischen Bereich aufgezeigt werden.
Weitere Chancen durch den Einsatz von Large Language Models
Im Paper widmen sich die Expertinnen und Experten auch Large Language Models (LLM), die in den vergangenen Monaten eine rasante Entwicklung vollzogen haben und dadurch verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind. Das derzeit vermutlich bekannteste Beispiel eines LLM ist ChatGPT, ein Chatbot, der natürlich klingende Texte erstellt. »In naher Zukunft werden diese Modelle in der Lage sein, multimodal zu arbeiten, also auch Bilder oder tabellarische Daten, und nicht nur wie bisher Texte und gesprochene Sprache zu verarbeiten«, erklärt Antweiler. Dadurch ergeben sich auch im medizinischen Bereich wiederum neue Möglichkeiten, die das Personal entlasten, und Behandlungsprozesse – stets unter Berücksichtigung des Datenschutzes – im Sinne der Patientinnen und Patienten weiter verbessern können.
Das Gesundheitswesen steht vor zahlreichen Herausforderungen wie Personalmangel, Kostendruck und einem »Information-Overload«, der durch die stetig wachsende Menge an Daten entsteht – denn momentan werden viele Daten im Krankenhaus noch mühsam per Hand ausgewertet. »Die Daten auszuwerten, zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen, kostet an vielen unterschiedlichen Stellen wertvolle Zeit, die im stressigen Krankenhausalltag einfach fehlt. Im schlimmsten Fall gehen wichtige Informationen verloren, was die Behandlung erschweren, teure Doppeluntersuchungen oder unvollständige Abrechnungen nach sich ziehen kann«, erklärt Antweiler.
Bis Ende 2024 soll der Arztbriefgenerator auf den Markt kommen
Um Lösungen für diese Probleme in die Krankenhäuser zu bringen, arbeitet das Healthcare-Analytics-Team des Fraunhofer IAIS bereits eng mit medizinischem Personal zusammen: Aktuell entwickelt es gemeinsam mit mehreren Universitätskliniken, darunter die Universitätsmedizin Essen, verschiedene Möglichkeiten der Informationsextraktion aus Dokumenten. Das nächste Ziel: Bis Ende 2024 soll der Arztbriefgenerator auf den Markt kommen, der die Erstellung von Entlassbriefen vereinfacht. Dafür wertet die KI alle vorliegenden Dokumente aus und erstellt einen natürlich klingenden Text, der zusätzlich leicht verständliche Erklärungen für die Patientinnen und Patienten enthält. Nach einer Kontrolle und möglichen Ergänzung oder Änderung durch die Medizinerinnen und Mediziner wird der Arztbrief per Knopfdruck erstellt, und das in einem Bruchteil der Zeit, die eine rein manuelle Erstellung gekostet hätte. Ein zusätzlicher Gewinn: Patientinnen und Patienten, die am Tag ihrer Entlassung häufig länger auf dieses Dokument warten müssen, können früher das Krankenhaus verlassen.
Künstliche Intelligenz vereinfacht Prozesse im Krankenhaus
Weitere Funktionen von Clinical NLP verringern den Workload des medizinischen Personals insgesamt, da die KI wichtige Informationen aus Krankendaten eines Patienten automatisiert zusammenfassen, und allen Behandlern übersichtlich strukturiert zu Verfügung stellen kann. Informationen sind so in kürzester Zeit greifbar und können umgehend weiterverarbeitet und dem medizinischen Personal vollumfänglich zur Verfügung gestellt werden. Dario Antweiler: »In den meisten Krankenhäusern werden jeden Tag Unmengen an Texten händisch ausgewertet, was sich – in unterschiedlichen Abteilungen oder nach der Entlassung beim Haus- und Facharzt – wiederholt. Diese Prozesse könnten mit unseren Anwendungen flächendeckend automatisiert, schnell, präzise und – in Hinblick auf den Datenschutz – auch sicher umgesetzt werden. Davon würden das Gesundheitswesen und insbesondere das Personal und die Patientinnen und Patienten profitieren.«