Bisher galten fluoreszenzbasierte Techniken eher als Schätzeisen denn als zuverlässige, quantitative Messverfahren: Schließlich braucht es nicht nur präzise Referenzen, um das Verfahren zu kalibrieren, sondern auch ein tiefes Verständnis der Effekte, die die Fluoreszenzstrahlung beeinflussen. »Wir konnten aus dem Schätzeisen eine robuste und extrem schnelle Präzisionsmessmethode entwickeln«, erläutert Dr. Albrecht Brandenburg vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM. Die Welt scheint darauf gewartet zu haben: Die Technologie verbreitet sich national wie international rasant, die Umsätze beim Fraunhofer IPM in diesem Arbeitsgebiet erreichen schon jetzt Millionenhöhe. Für ihre Entwicklung werden Dr. Albrecht Brandenburg und Dr. Alexander Blättermann mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet. Die Jury begründet ihre Entscheidung mit der hohen technischen Leistung und dem wirtschaftlich messbaren Vorteil für die anwendenden Unternehmen.
Verunreinigungen im Fertigungstakt nachweisen
Ein weiterer Pluspunkt: Die Technologie ist inline-fähig. »Komplexe 3D-Bauteile lassen sich erstmals im Sekundentakt der Fertigung auf Reinheit prüfen – und das zu hundert Prozent«, sagt Brandenburg, der seit über 30 Jahren am Fraunhofer IPM forscht. Er war es auch, der die Idee hatte, die bildgebende Fluoreszenzmesstechnik für die Bauteilprüfung zu nutzen – vor allem, um Verunreinigungen durch Öl oder Schmutz auf die Spur zu kommen. Elementar sind solche Informationen vor allem dort, wo es um die Sicherheit geht, etwa beim Verkleben von Pkw-Bauteilen. Für die Messung tastet ein kurzwelliger, violetter Laserstrahl die Bauteiloberfläche ab und regt die organischen Verunreinigungen zu einem langwelligen Leuchten an. Dieses Fluoreszenzlicht wird vom Laserscanner eingefangen, zu quantitativen Messdaten umgewandelt sowie zu einem Bild zusammengefügt: egal ob bei einem meterlangen Blech oder einem kleinen Elektrobauteil. »Die erzielten Leistungsdaten sind spektakulär: Wir können 40 Millionen
Punkte in der Sekunde messen und dabei Verunreinigungen von einem Milligramm pro Quadratmeter nachweisen, ab zehn Milligramm werden quantitative Messungen möglich«, begeistert sich Blättermann, der das Inlinesystem entwickelt und in Betrieb genommen hat. »Durch den F-Scanner wird die Fluoreszenzmesstechnik zur Qualitätskontrolle und Prozessregelung salonfähig.«
Erfolg rund um den Globus
Nach dem Erfolgsrezept befragt, antwortet Brandenburg: »Um den industriellen Bedarf einer neuen Technologie zu treffen, ist entscheidend, parallel zur Entwicklung bereits Kundenkontakte zu knüpfen und in einer sehr frühen Phase Kooperationen aufzubauen.« Wie etwa mit der Robert Bosch GmbH als Kunde der ersten Stunde: »Mit dem neuen Fraunhofer-Verfahren können wir geringste Verunreinigungen auf den Oberflächen erkennen und die Qualität und damit die Sicherheit von Klebeverbindungen von elektronischen Steuergeräten erhöhen«, sagt Dr. Heiko Elsinger, Verfahrensentwickler im Bosch-Geschäftsbereich Automotive Electronics. »Das verbessert die Zuverlässigkeit, sorgt für schnellere Prozesse und trägt am Ende zu einer nachhaltigen Produktion bei.« Nicht nur die Robert Bosch GmbH, sondern auch andere Unternehmer scheinen das ähnlich zu sehen: Das Team um Brandenburg und Blättermann hat seit 2015 rund 3,5 Millionen Euro Industrieaufträge eingeworben, bei zwanzig Kunden in fünf Ländern. »Praktisch wöchentlich unterschreibe ich nun Angebote für Fluoreszenz-Inspektionsgeräte in unterschiedlichen Ausführungen – für Anwender in Deutschland und der ganzen Welt. Tendenz stark steigend«, freut sich Prof. Karsten Buse, der Institutsleiter des Fraunhofer IPM.