Im Hightech-Zeitalter gelten Batterien als unkomplizierte Helfer. Sie lassen morgens den Wecker läuten, versorgen Smartphones mit Energie und helfen dem mobilen Bluetooth-Lautsprecher beim Musikmachen. Zudem treiben sie E-Autos und E-Scooter an und spielen damit eine entscheidende Rolle in der Mobilitätswende. Ist der Akku einmal leer, wird er wieder aufgeladen. Doch das simple Nutzungskonzept steht im Gegensatz zum erstaunlich komplexen Innenleben der Batterien. Das bietet viel Potenzial zur Leistungssteigerung und zur Verlängerung der Lebenszeit.
Forschende des Fraunhofer ISC in Würzburg wollen dieses Potenzial besser nutzen. Gemeinsam mit Projektpartnern arbeiten die Fraunhofer-Experten und -Expertinnen im Rahmen einer europaweiten Forschungsinitiative im Projekt SPARTACUS an einer Technologie, bei der Sensoren den Status der Batteriezelle registrieren. Mit Hilfe dieser Daten kann das integrierte Batteriemanagement-System die Lade- und Entladeströme optimal steuern. »Ein großer Vorteil ist dabei, dass sich die Ladezeit um bis zu 20 Prozent verkürzt, ohne dass Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Batterie darunter leiden«, erklärt Gerhard Domann, Projektkoordinator am Fraunhofer ISC, Würzburg.
Ultraschall-Sensoren generieren ein Sonogramm
Das Konzept von SPARTACUS (Spatially resolved acoustic, mechanical and ultrasonic sensing for smart batteries) macht sich das Phänomen zunutze, dass in der Batteriezelle eine Reihe komplexer elektrochemischer und physikalischer Vorgänge ablaufen. Die am Fraunhofer ISC eingesetzten akustischen, mechanischen und thermischen Sensoren überwachen und messen die Vorgänge. Ultraschall-Sensoren etwa senden Schallimpulse aus, die verschiedene Schichten der Batteriezellen durchqueren und wieder von Sensoren detektiert werden. Wenn sich nun beispielsweise eine Zelle beim Laden ausdehnt oder ein Defekt an einer Elektrode auftritt, wirkt sich dies auf die Laufzeit des Schallsignals aus. Auf diese Weise entsteht eine Art Sonogramm der Batteriezelle. Ebenso wichtig: die druckempfindlichen, mechanischen Sensoren. Sie registrieren, wie bestimmte Komponenten während des Auf- oder Entladens ihr Volumen ändern. Thermische Sensoren wiederum messen die Temperaturänderungen.
»Alle Sensordaten werden an das Batteriemanagement übermittelt und dort ausgewertet. Es ist damit in der Lage, die elektrischen Ströme beim Entladen und Aufladen der Batterie so zu steuern, dass einerseits die maximal mögliche Leistung zur Verfügung steht, dies andererseits aber so schonend geschieht, dass die relevanten Funktionsschichten (Anoden, Kathoden etc.) der Batterie nicht übermäßig gestresst werden. So verlängern wir die Lebensdauer der Batteriezelle«, sagt Domann. Aus dem scheinbar simplen Energiespeicher wird eine intelligente Batterie, die ihre Zellen überwacht und die elektrischen Ströme im Betrieb und beim Aufladen aktiv steuert.
Die daraus resultierende Verlängerung der Lebensdauer lohnt sich nicht nur bei Akkus von E-Autos, in denen mehrere 100, manchmal sogar mehr als 1000 einzelne Zellen verbaut sind, sondern auch bei stationären Systemen.
Analyse der Alterungsprozesse
Doch es gibt noch mehr Effekte, die von den Sensoren beobachtet werden. Der mechanische Stress bei der Nutzung und die natürlichen Alterungsprozesse hinterlassen Spuren im empfindlichen Innenleben der Zellen. Bei den Elektroden der Batteriezelle führt das möglicherweise zu Rissen und zum Ablösen der Graphitschicht oder es bilden sich baumartige Metallstrukturen an der Außenseite der Elektroden, sogenannte Dendriten. All diese Phänomene schwächen die Leistung und können im Extremfall einen Kurzschluss in der Zelle erzeugen, der zu einem Batteriebrand führen kann. »Das multifunktionale Sensor-Array hilft uns dabei, die komplexen elektrochemischen Vorgänge in der Batterie besser zu verstehen und das Batteriemanagement entsprechend anzupassen«, sagt Domann. Das Fraunhofer ISC verfügt über langjährige Erfahrung in der Elektrochemie, aber auch bei der Entwicklung von Sensoren und in der Batterietechnik. Diese Expertise floss in die Entwicklung der multifunktionalen Sensor-Arrays ein.
Das zweite Leben der Batterie
Die in SPARTACUS entwickelte Sensor-Technologie kann für den gesamten Lebenszyklus eines Batterieprodukts eingesetzt werden. Bereits in der Konstruktion und Entwicklung hilft sie beim Optimieren der Qualität. In der Produktion gewährleisten Ultraschallsensoren, dass das fertige Produkt im optimalen Zustand vom Band läuft. »Wenn die Leistung der Batterie nach einigen Jahren unweigerlich abnimmt und weniger als 80 Prozent der ursprünglichen Leistung zur Verfügung stehen, könnten die Sensoren aus dem SPARTACUS-Projekt auch genutzt werden, um die Batterie für ein Second Life, also eine Zweitnutzung für eine weniger anspruchsvolle Anwendung zu qualifizieren«, sagt Domann.
Die Technologie ist künftig nicht nur für Lithium-Ionen-Akkus einsetzbar, sondern lässt sich beispielsweise auch auf Festkörperbatterien oder Lithium-Schwefel-Akkus anwenden. Das Fraunhofer ISC und seine Projektpartner haben die Funktionsfähigkeit und Praxistauglichkeit der Technologie bereits erprobt. Im nächsten Schritt arbeitet das Forscher-Team an der konkreten Umsetzung und entsprechenden Prototypen.
SPARTACUS ist kein isoliertes Projekt. Es ist Teil der groß angelegten EU-Forschungsinitiative BATTERY 2030+, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Nachhaltigkeit und Leistungsfähigkeit von Batterien in Europa für verschiedene Anwendungsszenarien deutlich zu verbessern.