Kupfer ist ein Halbedelmetall mit vielen nützlichen Eigenschaften: Es leitet Strom und Wärme, hat eine weiche Konsistenz und eine ganz besondere Optik. Kein Wunder also, dass der Rohstoff sehr gefragt ist – zum Beispiel in der Elektro- und Kommunikationstechnik, im Bauwesen und im Kunsthandwerk. Mittlerweile lässt sich Kupfer zwar gut recyceln, doch der weltweite Bedarf steigt, wodurch der Abbau von Kupfer auch weiterhin nötig ist. Nummer eins der Kupferproduzenten und -exporteure weltweit ist Chile. Allein im Jahr 2021 wurden dort rund 5,6 Millionen Tonnen Kupfer gefördert, was etwa einem Viertel des globalen Fördervolumens entspricht. Dies macht die Kupferwirtschaft zu einer der bedeutendsten Einnahmequellen des Landes.
Abgebaut wird das chilenische Kupfer in Übertagebau-Kupferminen in der Atacama-wüste. Aus Löchern mit Durchmessern von bis zu zwei Kilometern wird hier das Gestein gesprengt. Dieses enthält ungefähr zwei Prozent Kupfer, die in mehreren Schritten extrahiert werden: Das Gestein wird zunächst gemahlen. Durch die anschließende Flotation, eine nasschemische Aufschäumung des Materials, wird eine Trennung zwischen kupferreichem und kupferarmem Gestein erreicht. Auf diese Weise erhält man Kupferkonzentrat, ein Produkt, das Chile in dieser Form auch vertreibt und etwa 20 bis 30 Prozent Kupfer enthält. Um reines Kupfer zu erhalten, wird das Konzentrat in Hochöfen aufgeschmolzen und schließlich in elektrochemischen Elektrolyseprozessen aufgereinigt.
Neue Herausforderungen durch Arsen
In den abgetragenen Gesteinsschichten befindet sich neben dem Kupfer meist auch Arsen, das aufgrund seiner Toxizität abgetrennt werden muss. Beim Aufheizen des Gesteins geschieht dies im Prinzip von selbst: Das Arsen wird gasförmig. Die derzeitige Vorgehensweise in Chile ist in der Regel, das Gas abzufangen, in Schwefelsäure zu lösen und diese in einem sogenannten Fällungsprozess in festes Calciumarsenat oder Calciumarsenit umzuwandeln. Diese Calciumverbindungen werden dann in der Atacamawüste deponiert. Dass diese Verbindungen wasserlöslich sind, stellte bislang kein Problem dar, da die Atacamawüste eine der trockensten Regionen der Welt ist. Doch bedingt durch den Klimawandel kommt es in den letzten Jahren vermehrt zu Regenfällen, die zu einer Kontaminierung der Umgebung führen können. Gleichzeitig dringen manche der Minen zunehmend in Gesteinsschichten vor, die nicht mehr sauerstoff-, sondern schwefelbasiert sind und somit mehr Arsen enthalten. Zukünftig wird also die Menge des zu deponierenden Arsens zunehmen, zumal es bislang keine industrielle Verwendung für Arsen gibt.
Viele Wege, ein Ziel
»Diese zwei Entwicklungen zwingen die chilenischen Minenbetreiber dazu, ihren bisherigen Umgang mit Arsen zu überdenken und zeitnah an die neuen Gegebenheiten anzupassen«, erklärt Anna-Lisa Bachmann. Sie arbeitet in der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS in Alzenau und koordiniert das Projekt »ReAK – Reduktion von Arsen in Kupferkonzentraten«. »In dem Projekt untersuchen wir neue Möglichkeiten, das Arsen so abzutrennen und zu deponieren, dass die Umweltauswirkungen so gering wie möglich bleiben«, so die Forscherin. Auf Initiative des Fraunhofer IWKS hin lief 2018 zunächst ein Definitionsprojekt, in dem das Projektkonsortium bestehend aus zahlreichen deutschen und chilenischen Partnern aus Forschung und Industrie zueinander fand. Im September 2019 startete dann unter Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung das eigentliche Projekt.
Seitdem werden verschiedene mögliche Prozessschritte näher untersucht, die bei der Weiterverarbeitung von arsenreichem Kupferkonzentrat ansetzen. »Wir testen einen Bausatz aus verschiedenen Möglichkeiten und wollen am Ende herausfinden, welche einzelnen Module in welcher Reihenfolge am zielführendsten sind«, beschreibt Bachmann. Das Konsortium beschäftigt sich hierbei unter anderem mit arsenselektiver Flotation, sulfatisierender Röstung sowie mit mikrobiellen und sulfidischen Laugungsprozessen.
Außerdem werden alternative Oxidierungsprozesse untersucht, um am Ende statt der instabilen und wasserlöslichen Arsen3+-Verbindungen stabilere und weniger giftige Arsen5+-Verbindungen zu erhalten. »Dieser Oxidationsschritt kann mit Wasserstoffperoxid durchgeführt werden. Das ist allerdings sehr teuer«, betont Bachmann. »Am Fraunhofer IWKS untersuchen wir deshalb im Rahmen des Projekts die elektrochemische Oxidation mit Diamantelektroden als Alternative. Diese weisen ein besonders großes elektrochemisches Fenster auf, welches in wässriger Lösung zur Bildung von Hydroxylradikalen führt. Diese wiederum oxidieren das gelöste Arsen schnell und zuverlässig ohne Zugabe weiterer Chemikalien.« Andere Projektpartner untersuchen zusätzlich UV- und Ozon-unterstützende sowie mikrobielle Oxidationsprozesse.
Passgenaue Handlungsempfehlungen
Bei allen Arbeitspaketen wird zunächst getestet, ob die jeweilige Methode überhaupt funktioniert und zum gewünschten Ergebnis führt. Sobald alle Einzelergebnisse vorliegen, wird das Fraunhofer IWKS deren Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkungen im Rahmen von Life Cycle Assessment und Life Cycle Costing-Analysen miteinander vergleichen.
»Basierend darauf werden wir ein neues Deponierungskonzept erstellen, das der chilenischen Regierung unter Berücksichtigung von staatlichen Vorgaben und vorhandenen finanziellen Mitteln Handlungsempfehlungen gibt«, fasst Bachmann zusammen. Dies ist vor allem auch deshalb relevant, weil ein Großteil der chilenischen Kupferindustrie, unter anderem auch eine am Projekt teilnehmende Mine, in staatlicher Hand ist.
Manche der Testungen sind bereits abgeschlossen, andere werden es bald sein. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben zwischenzeitlich gegenseitige Probenlieferungen und persönliche Treffen verzögert. Anna-Lisa Bachmann aber ist zuversichtlich, dass alle Partner zusammen bis zum Sommer 2023 eine vielversprechende Strategie erarbeitet haben werden, die der chilenischen Kupferindustrie maßgeblich weiterhilft.