Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Sie ist Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz. Originäre Ideen setzt Fraunhofer gemeinsam mit Unternehmen in Innovationen um – zur Stärkung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Deutschland und Europa.
Seit Januar 2020 ergänzt die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG das Fraunhofer-Portfolio gewinnbringend – und hilft die Energiewende weiter voranzutreiben. Damit betreibt die 1949 gegründete Organisation derzeit 75 Institute und Forschungseinrichtungen in Deutschland. Fraunhofer-weit erarbeiten rund 29 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, das jährliche Finanzvolumen von 2,8 Milliarden Euro. Davon fallen 2,4 Milliarden Euro auf den Kernbereich Vertragsforschung. Rund zwei Drittel davon erwirtschaftet Fraunhofer mit Aufträgen aus der Industrie und öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Rund ein Drittel steuern Bund und Länder als Grundfinanzierung bei, damit die Institute schon heute Lösungen entwickeln können, die für Wirtschaft und Gesellschaft morgen essentiell werden.
Fraunhofer zählt zu den größten Patentanmeldern beim Deutschen Patent- und Markenamt: 2020 meldeten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraunhofer-Gesellschaft 753 Erfindungen an. Es wurden 638 prioritätsbegründende Patentanmeldungen eingereicht. Das entspricht mehr als zwei Patentanmeldungen pro Arbeitstag. Der Bestand an aktiven Patentfamilien, die jeweils alle Schutzrechte in unterschiedlichen Ländern beinhalten, erhöhte sich auf 7667.
Herausforderungen zur Leistungssteigerung nutzen
Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft: »Um diese uns eigene Stärke und die damit verbundenen Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig zu stärken, entwickelt die Fraunhofer-Gesellschaft ihre wissenschaftliche Exzellenz durch kompetenzorientierte Verbünde weiter, definiert in Gestalt der Fraunhofer Strategischen Forschungsfelder systemrelevante Forschungsschwerpunkte und bietet Branchen mit hoher Relevanz für die Innovationskraft Deutschlands und Europas mit unseren leitmarktorientierten Allianzen innovative Systemlösungen an. Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, sind ambitioniert: eine für alle bezahlbare Gesundheitsversorgung, die Vollendung der Energiewende, digitalisierte Wertschöpfung, eine ganzheitlich-nachhaltige Kreislaufwirtschaft sowie eine sichere und resiliente Gesellschaft. Ich bin überzeugt davon, mit unserem Wirken in 2020 hierfür die richtigen Weichen gestellt zu haben.«
Fraunhofer Resilienzforschung
Die Corona-Pandemie verleiht dem Thema Resilienz neue Brisanz im öffentlichen Diskurs. Fraunhofer betreibt seit über zehn Jahren interdisziplinäre Forschung für entsprechende Technologien und Innovationen. Das Kompetenzprofil der Institute umfasst dabei etablierte Themenfelder wie den Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), die Resilienz von Produktions- und Logistikprozessen, dezentrale Energie- und Mobilitätskonzepte für die Energiewende sowie digitale Technologien. Die strategische Zusammenführung und Koordination der vielseitigen Kompetenzen in den Fraunhofer-Instituten ist eine wichtige Grundlage dafür, Abhängigkeiten von anderen Märkten zu vermeiden und die technologische und somit politische Souveränität zu sichern.
Strategische Forschungsfelder
Regelmäßig führen die Fraunhofer-Institute standardisierte Strategieprozesse zur Anpassung ihrer Forschungsfelder und Stärkung ihrer Ausrichtung durch. Diese Prozesse wurden 2020 modifiziert, um übergreifende Kooperationen zu stärken, die Erwartungen der Stakeholder besser zu berücksichtigen und den nachfrageorientierten Kompetenzaufbau qualitätszusichern. Eine zentrale Transferstruktur bilden die 16 Leistungszentren, die vor allem Forschungs- und Entwicklungsangebote in technologischen Schlüsselfeldern für kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung stellen.
Neu hinzu kommt die Entwicklung der Fraunhofer Strategischen Forschungsfelder (FSF), mit denen Fraunhofer insbesondere in zukunftsweisenden Feldern mit hohem Verwertungspotenzial die Themenführerschaft anstrebt. Verfolgt werden die Themen Bioökonomie, Intelligente Medizin, Künstliche Intelligenz, Next Generation Computing, Ressourceneffizienz und Klima-, Wasserstoff- sowie Quantentechnologie. Kriterien für die Auswahl dieser 2020 etablierten FSF waren insbesondere die Relevanz für Wirtschaft und Gesellschaft, wissenschaftliche Exzellenz und strategische Priorität.
Fraunhofer-Kompetenznetzwerk Quantencomputing
Um die anwendungsnahe Forschung im Quantencomputing voranzutreiben, wurde das zentral koordinierte »Fraunhofer-Kompetenznetzwerk Quantencomputing« gegründet. Herz des Netzwerks ist der Quantencomputer IBM Q System One, der in Ehningen in Baden-Württemberg installiert wird und exklusiv von der Fraunhofer-Gesellschaft und ihren Partnern genutzt werden kann. Der Quantencomputer ist seit Anfang 2021 in Betrieb und wird unter deutscher Gesetzgebung betrieben – im Hinblick auf Datenschutz und IP-Sicherung ein wichtiger Vorteil. Bereits seit April 2020 besteht Cloud-Zugriff auf IBM-Quantencomputer in den USA. Organisiert ist das Netzwerk in derzeit sieben regionalen Kompetenzzentren mit jeweils eigenen Forschungsschwerpunkten. Diese Regionalzentren arbeiten eng mit Partnern und Kunden aus Forschung und Industrie zusammen.
Fraunhofer-Innovationsprogramm
Die Bundesregierung hat im Zukunftspakt ihres Eckpunktepapiers »Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken« als Reaktion auf die aktuelle Krise beschlossen, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu unterstützen, um den Abbruch laufender Forschungsarbeiten zu verhindern. Dazu hat der Fraunhofer-Vorstand im Mai 2020 das »Fraunhofer-Innovationsprogramm« initiiert. Dieses soll innovative Vorhaben institutsübergreifend strukturieren, Kompetenzen adressieren, die aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Krise besonders betroffen sind, und einen Mehrwert zur Zukunftssicherung der Institute sowie zur Unterstützung des Wiederanfahrens der Wirtschaft leisten.
Innerhalb weniger Wochen wurden Konsortien aufgesetzt, die gemeinsame Initiativen mit hohem Synergiepotenzial in Forschungsfeldern wie etwa Green ICT, Trusted Electronics oder Digitale Pharmaproduktion starteten.
Wissenschaftspolitische Rahmenbedingungen
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist in den beiden wichtigsten Beratergremien der Bundesregierung zu Forschung und Innovation vertreten: im Hightech-Forum und im Innovationsdialog. Das Hightech-Forum berät mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft die Bundesregierung bei der Umsetzung der Hightech-Strategie 2025. Die Leitung obliegt Prof. Neugebauer in Co-Vorsitz mit Christian Luft, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist zudem Mitglied im Steuerkreis des Innovationsdialogs, welcher der Bundesregierung als unabhängiges, vertrauliches Beratungsgremium zu innovationspolitischen Zukunftsfragen dient.
Im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets billigten Bundestag und Bundesrat Anfang Juli 2020 einen zweiten Nachtragshaushalt zur Unterstützung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen mithilfe eines Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro. Ziel ist die Aufrechterhaltung und Stärkung der Forschungskooperationen mit der Wirtschaft, insbesondere KMU. Für die außeruniversitäre Forschung standen im Jahr 2020 Mittel im Umfang von 400 Millionen Euro aus dem Haushalt des BMBF bereit. Dabei konnten sowohl Finanzierungsausfälle bis zur Höhe des wegfallenden Unternehmensfinanzierungsanteils gewährt als auch ein Kompetenzerhalt der außeruniversitären Forschungseinrichtungen ermöglicht werden.
Mit dem klaren Fokus auf den Kompetenz- und Kapazitätserhalt beantragte die Fraunhofer-Gesellschaft beim Bund eine zusätzliche Zuwendung für den durch die Corona-Pandemie entstandenen Fehlbedarf. Ende 2020 bewilligte das BMBF in zwei Schritten eine Zuwendung von insgesamt knapp 195 Millionen Euro. In den Nachverhandlungen des Haushalts durch den Deutschen Bundestag im November 2020 wurden drei neue Fraunhofer-Initiativen bewilligt: das Fraunhofer-Zentrum für Biogene Wertschöpfung und Smart Farming, das die Forschung von fünf Fraunhofer-Instituten vereint, ein Fraunhofer Cluster of Excellence zur Stärkung der Immunforschung sowie ein Fraunhofer-Zentrum für Öffentliche Sicherheit.
Beteiligungen und Ausgründungen
Die Fraunhofer-Gesellschaft war zum Bilanzstichtag an insgesamt 86 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen beteiligt. Insgesamt investierte die Fraunhofer-Gesellschaft 1,9 Millionen Euro ins Eigenkapital der Beteiligungen. Es kamen drei Unternehmen hinzu, bei denen sich die Fraunhofer-Gesellschaft am Grund- bzw. Stammkapital beteiligt. Der Buchwert aller Beteiligungen erhöhte sich auf 9,1 Millionen Euro.
Seit über 70 Jahren kommt Fraunhofer der Verantwortung nach, Wissen und Know-how in Wirtschaft und Gesellschaft zu transferieren. Hierfür bedarf es eines breiten und differenzierten Sets an Transferwegen. Ausgründungen sind hierbei ein wichtiger Bestandteil der Verwertungsaktivitäten. Mit der zu diesem Zweck eigens gegründeten Abteilung Fraunhofer Venture unterstützt die Fraunhofer-Gesellschaft Gründerinnen und Gründer bei der Vorbereitung einer Ausgründung. Im Jahr 2020 unterstützte Fraunhofer Venture 64 neue Ausgründungsprojekte; es gingen 26 Spin-offs aus der Fraunhofer-Gesellschaft hervor. Mit dem 2019 aufgelegten Förderprogramm für Technologietransfer AHEAD bündelt Fraunhofer seine Maßnahmen zur Unterstützung interner Gründungsinteressierter. Das umfangreiche Begleitangebot hat ein jährliches Volumen von 10 Millionen Euro und richtet sich speziell an Mitarbeitende, die für aktuelle Projekte Unterstützung im Technologietransfer via Ausgründung suchen.