Forschergeist, wissenschaftliche Exzellenz und das Streben nach innovativen Technologien in der angewandten Forschung – diese Ziele hat sich die Fraunhofer-Gesellschaft seit ihrer Gründung 1949 auf die Fahne geschrieben. In diesem Sinne vergeben der Freistaat Bayern und die Fraunhofer-Gesellschaft jährlich den »Hugo-Geiger-Preis für wissenschaftlichen Nachwuchs«. Geehrt werden junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende Promotionsleistungen, die in enger Kooperation mit einem Fraunhofer-Institut entstanden sind.
Die diesjährige Preisverleihung fand im Rahmen des Symposiums »Netzwert« der Fraunhofer-Gesellschaft in München statt. Überreicht wurden die Hugo-Geiger-Preise vom stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten und Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger und von Andreas Meuer, Vorstandsmitglied der Fraunhofer-Gesellschaft für den Bereich Finanzen und Digitalisierung. Das Symposium »Netzwert« ist die größte interne Vernetzungsveranstaltung für alle Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler und damit ein ideales Forum für die Verleihung des Hugo-Geiger-Preises. Pandemie-bedingt wurde die Veranstaltung im hybriden Format durchgeführt.
Hubert Aiwanger, Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, sagte: »Der Hugo-Geiger-Preis soll deutlich machen, wie wichtig anwendungsorientierte Forschung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für den Wirtschaftsstandort Bayern sind. Dabei gilt es, die ›besten Köpfe‹ für Innovationen zu gewinnen. Mit Fraunhofer haben Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher, gerade auch in Bayern, einen starken Partner an ihrer Seite.«
Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, sagte anlässlich der Verleihung des Hugo-Geiger-Preises: »Fraunhofer steht für exzellente Forschung und innovative Lösungen. Gerade in herausfordernden Zeiten sind unsere Kompetenzen mehr denn je gefragt, um nachhaltige Antworten zu finden, zum Wohl der Gesellschaft und zur Stärkung der deutschen und europäischen Wirtschaft. In diesem Sinne freut es mich ganz besonders, heute drei Nachwuchsforschende mit dem Hugo-Geiger-Preis auszuzeichnen, die mit ihren exzellenten Promotions-Leistungen eindrucksvoll ihr kreatives Potenzial unter Beweis gestellt haben, um ganz im Sinne unseres Leitbilds innovative Antworten auf aktuelle bedarfs- und problemorientierte Fragestellungen zu finden.«
Das sind die Preisträger
Den ersten Preis erhielt Dr. Simon Fichtner. In seiner Promotionsarbeit am Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT in Itzehoe wollte Fichtner die Leistungsfähigkeit des piezoelektrischen Dünnfilmmaterials Aluminiumscandiumnitrid (AIScN) verbessern. Doch dann gelang ihm eine erstaunliche Entdeckung. AIScN besitzt ferroelektrische Eigenschaften. Nach dem Anlegen einer Spannung ändern die AIScN-Kristalle ihre elektrische Ausrichtung – ihre atomare Struktur ist schaltbar und somit in der Lage, bestimmte Zustände zu speichern. Die ferroelektrischen Bauteile bescheren Halbleiterelementen im Bereich Next Generation Computing einen enormen Leistungsschub.
Das Interesse der internationalen Fachwelt ist groß. Das Fraunhofer ISIT verbucht bereits Industrieaufträge für AIScN-Bauteile in Höhe von etwa vier Millionen Euro. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die Anschlussforschung mit 2,3 Millionen Euro. Auch die US-amerikanische Forschungsbehörde DARPA hat die Erforschung weiterer Anwendungen von AIScN in Auftrag gegeben.
Holographische Vermessung bewegter Objekte
In der Industrie wird die Produktqualität inzwischen häufig mithilfe optischer Verfahren kontrolliert. Ein für die Industrie relativ neues optisches Verfahren ist die digitale Holographie. Sie liefert extrem genaue 3D-Daten von Oberflächen. Dazu musste das Objekt jedoch bisher beim Messen absolut stillstehen. Dieses Problem hat Dr. Annelie Schiller in ihrer Dissertation am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg gelöst: Dank eines neuartigen Messaufbaus kann sie bewegte Objekte digital-holographisch mikrometergenau vermessen.
Bei der holographischen Vermessung wird die Oberfläche eines Objekts mit Laserlicht beleuchtet. Überlagert man das reflektierte bzw. gestreute Licht mit Referenzlicht, so entsteht ein Interferenzbild, das die nötigen 3D-Daten liefert. Bislang zerstörten jedoch schon kleinste Bewegungen die darin enthaltene 3D-Information. Für die Industrie eröffnet die holographische Vermessung bewegter Objekte neue Anwendungsfelder und nicht zuletzt die Möglichkeit einer verbesserten und schnelleren Qualitätskontrolle in der Fertigung. Für ihre bahnbrechende Promotion wurde Dr. Schiller der zweite Preis verliehen.
Glasbearbeitung mit Ultrakurzpuls-Laser
Ein Präzisionsverfahren zur mikrometergenauen Bearbeitung von Glas und anderen transparenten Materialien mit einem Ultrakurzpuls-Laser hat Dr. Christian Kalupka entwickelt und dafür den dritten Preis erhalten. In seiner Promotionsarbeit am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen untersuchte er zunächst, was genau passiert, wenn der Laserstrahl in Glas eindringt. Mit einem am Fraunhofer ILT entwickelten Pump-and-Probe-Mikroskop konnte er das komplexe Wechselspiel zwischen Licht und Materie beobachten, das sich im Bereich einiger hundert Femtosekunden abspielt. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird es möglich, Parameter wie Energie und Pulsdauer das Lasers so einzustellen, dass Gläser auf den Mikrometer genau bearbeitet werden können. Damit lassen sich maßgeschneiderte Prozesse für die Bearbeitung unterschiedlicher Glassorten konzipieren. Das Verfahren ist auch auf andere Materialien wie Silizium anwendbar. Es könnte in Zukunft zur Erzeugung von Komponenten für die 5G-Technik oder bei der Entwicklung von Quantencomputern zum Einsatz kommen.