Viele Kommunen verzeichnen eine Zunahme von Holzkohlegrills in Restaurants, Gaststätten und Imbissbuden. Doch beim Grillen mit Holzkohle wird die Luft in der näheren Umgebung durch Feinstaub und viele andere verbrannte Abgasbestandteile belastet. Den Anwohnern stinken der Rauch und die unangenehmen Gerüche gewaltig. Sie sorgen sich zudem um mögliche gesundheitliche Folgen durch die Luftbelastung. Dies gilt auch für die Angestellten der betroffenen Gastronomiebetriebe, die bei einer nicht ausreichenden Absaugung der Luft dem Grillrauch direkt ausgesetzt sind. Viele der Gaststätten betreiben keine Abgasreinigungsanlagen. Ob die installierten Absaugvorrich-tungen funktionieren, muss noch geklärt werden. Diese Aufgabe übernimmt Dr.-Ing. Mohammad Aleysa, Wissenschaftler am Fraunhofer IBP in Stuttgart. Im Auftrag des Umweltbundesamts untersucht er mit seinem Team, welche Schadstoffemissionen aus den gewerblichen Gastronomiebetrieben wie etwa Holzkohlegrills, Pizza- und Brotbacköfen entweichen und mit welchen Verfahren sich die Geruchsbildung und die Abgase minimieren lassen. Dabei kommen Aleysa und seinem Wissenschaftsteam am Stuttgarter Institut ihr jahrelanges Know-how in der Entwicklung und Erforschung von Verbrennungstechnologien und Abgasreinigungsanlagen und dem Monitoring von Messtechniken sowie der Integration von Energieerzeugern in Gebäuden zugute. Die Testergebnisse, wie sauber die handelsüblichen Anlagen arbeiten, werden Mitte 2021 vorliegen.
Hohe Belastung durch Feinstaub und Kohlenwasserstoff
»Wir ermitteln, wie effektiv die herkömmlichen, auf dem Markt verfügbaren Abgasreinigungssysteme tatsächlich für den Einsatz in Gastronomiebetrieben sind und ob damit eine gute Luftqualität im Umfeld und besonders in Wohngebieten sichergestellt werden kann«, sagt Aleysa. Für die Untersuchungen wurde im Labor des Fraunhofer IBP ein gewerblicher Grill mit einer meterhohen fünfstufigen Abgasreinigungsanlage aufgebaut. Eine solche Anlage ist in unterschiedlichen technischen Konstellationen in Gastronomiebetrieben im Einsatz, eine Genehmigung ist nicht erforderlich. Große Mengen an fettreichem Fleisch landeten für die Experimente auf dem Grill. Neben Stickoxiden und Kohlenstoffmonoxid wurden Feinstaub und benzolhaltige sowie polyzyklisch-aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gemessen, zahlreiche der PAK sind nachweislich gesundheitsschädlich. Sie entstehen hauptsächlich durch eine unvollständige Verbrennung von Fetten und ölhaltigen Marinaden. Je fettreicher die Spieße waren, desto höher fielen die Emissionen aus, so die Messergebnisse. Die Abgase werden vor allem von Fett-Schwelbränden ausgelöst. Natürlich trägt der verwendete Brennstoff aufgrund einer unkontrollierten Verbrennung bei der Vorbereitung des für das Grillen notwendigen Glutbetts entsprechend zur Bildung von etlichen Schadstoffen bei. Die jährlich zu erwartende Schadstoffmenge: Auf eine aktive Grillfläche von 0,5 Quadratmeter entwichen 400 bis 500 Kilogramm Fein- und Feinstpartikel, die ermittelte Menge an Kohlenwasserstoff war mit 1,5 Tonnen dreimal so hoch. »Das sind bedenkliche Werte, sie liegen – berücksichtigt man die längere Betriebszeit von gewerblichen Holzkohlegrills – um das 300-fache über dem eines normalen Holzkamins«, so der promovierte Ingenieur.
Mit Hilfe von Software-Simulationen wird darüber hinaus geprüft, ob sich durch eine Erhöhung des Schornsteins die Schadstoffe in der Umgebungsluft besser verteilen lassen und infolgedessen die Geruchsbildung eliminiert werden kann. »Wir vermuten, dass dies nicht zielführend ist und das Problem nur verschiebt. Im Klartext: Nicht der nächste, sondern der übernächste Nachbar wird durch den Grillrauch belästigt,« sagt der Forscher.
Innovative Grilltechnik ohne Geruchsbildung
»Aufgrund bisheriger Forschungen lässt sich feststellen, dass technisch nicht ausgereifte Grilltechniken ohne adäquates Verbrennungskonzept verwendet werden. Die bei dem Grillvorgang entstehenden Emissionen sind ebenso herausfordernd wie eine wirtschaftliche Betreibung der Abgasreinigung«, so Aleysa. Daher arbeiten die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IBP an einer eigenen, bereits patentierten Lösung, welche die Abgasmenge auf ein Zehntel reduziert und die sie mit innovativer Grilltechnologie kombinieren. Dabei wird das Fett behandelt, bevor unangenehme Gerüche entstehen. Im Gegensatz zu verfügbaren Anlagen, die je nach Größe und technischer Kombination bis zu 70 000 Euro kosten, lässt sich die Fraunhofer-Entwicklung kostengünstiger betreiben. Auch die störende Geruchsbildung wird vermieden. Das System liegt als Prototyp vor, Ende 2021 soll es fertiggestellt sein.