Das Symposium bildet den idealen Rahmen für die Verleihung der Hugo-Geiger-Preise, treffen sich doch auf dieser größten internen Vernetzungsveranstaltung zahlreiche Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler. Verliehen wird die Auszeichnung seit nunmehr 20 Jahren. Aus diesem Grund gehören in diesem Jahr auch Hugo-Geiger-Preisträger aus den letzten zwei Jahrzehnten zu den Ehrengästen. Benannt ist der Preis nach Staatssekretär Hugo Geiger, Schirmherr der Gründungsversammlung der Fraunhofer-Gesellschaft am 26. März 1949.
Anlässlich der Preisverleihung drückte Roland Weigert, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, die Anerkennung seines Ministeriums und der Staatsregierung aus: »Fraunhofer ist ein zentraler Pfeiler in der deutschen und internationalen Forschungslandschaft. Wo immer der Puls der Zukunft schlägt, ist Fraunhofer der Taktgeber. Viele erfolgreiche Karrieren in der Wissenschaft – aber auch in der Wirtschaft – nahmen bei Fraunhofer ihren Anfang. In diesem Sinne leisten die Forschungsarbeiten der Preisträger nicht nur einen Beitrag für die Wissenschaft, sondern sind echte Innovationen mit großem wirtschaftlichen Potenzial.« Der Staatssekretär betonte bei dieser Gelegenheit auch die Absicht, das Band zwischen Freistaat und Fraunhofer noch enger zu knüpfen und nannte als Grundsteine dafür Themen wie Künstliche Intelligenz und Quantencomputing.
»Hohe wissenschaftliche Qualität, Neuartigkeit und Interdisziplinarität der Ansätze, gepaart mit deutlicher wirtschaftlicher Relevanz: Diese Kriterien stehen nicht nur für die Vergabe des Hugo-Geiger-Preises – sie stehen auch sinnbildlich für unseren nachhaltigen Erfolg, mit neuen, umsetzbaren Lösungen konsequent auf die Herausforderungen von morgen zu antworten. Dieser Philosophie folgen auch die diesjährigen Hugo-Geiger-Preisträger vorbildlich«, erklärte Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.
Die Preisträger stehen in der erfolgreichen Tradition ihrer Vorgänger. Das demonstrieren ihre wissenschaftlichen Ansätze und die daraus folgende gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz:
Transparente Künstliche Intelligenz
Maschinelles Lernen unterstützt mit Erfolg eine Vielzahl von Anwendungen zur Entscheidungsfindung. Dabei werden die Vorhersagen scheinbar intransparent gefällt. Dieser »Black-Box-Charakter« beeinträchtigt die Akzeptanz bei zahlreichen Anwendungsgebieten, in denen das Verstehen individueller Modellvorhersagen und somit das Vertrauen in das Vorhersagemodell unumgänglich sind.
Diesem fundamentalen Problem widmete sich Dr. Sebastian Lapuschkin, Post-Doktorand am Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI, in seiner mit summa cum laude abgeschlossenen Dissertation. Dazu entwickelte der Informatiker mit »Layerwise Relevance Propagation (LRP)« eine Methode für die Erklärung von individuellen Modellentscheidungen sowie ein methodisches Gerüst für die systematische Analyse genereller, von Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI) erlernten, Verhaltensweisen und Vorhersagestrategien.
Mit dieser Methode schaffte es Lapuschkin, die technischen, ethischen und rechtlichen Einschränkungen moderner KI-Ansätze im Wesentlichen beseitigen zu können. Er ebnete so den Weg für den Einsatz und die Anwendbarkeit moderner und leistungsstarker KI in neuen Anwendungsgebieten in einem zuvor nicht realisierbaren Maß an Transparenz.
Impfstoffe auf neuem Level
An gleich zwei Ansätzen für neue Impfstoff-Technologien wirkte Dr. Lea Bayer mit ihrer Promotion am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI mit. Zum einen konnte Bayer mit dem Ansatz eines genetischen Impfstoffs den Weg für einen Schutz gegen RSV(Respiratorisches Synzytial-Virus)-Infektionen ebnen: Dabei wird der Impfstoff als DNA per »Genfähre« in den Körper auf Basis nicht-humaner Papillomaviren eingeschleust. Vorteile dieser genetischen Impfstoffe sind ihre schnelle Anpassungsfähigkeit auf häufig mutierende Pathogene sowie die Eigenproduktion im Körper des Geimpften.
Zum anderen war Bayer an der Entwicklung eines neuen Verfahrens zur chemikalienfreien Herstellung von Totimpfstoffen beteiligt. Mittels niederenergetischer Elektronenbestrahlung werden die Erreger dabei schnell und reproduzierbar abgetötet. Auf diese Weise können Impfstoffe schneller, sicherer und kostengünstiger produziert werden.Beide Ansätze für Impfstoff-Technologien sind damit hochinnovativ und haben beträchtliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz.
Hocheffizient vor Korrosion schützen
Dr. Hendrik Sändker entwickelte im Rahmen seiner Promotion am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT neuartige Methoden zur Herstellung funktionaler Beschichtungen aus partikulärem Polyetheretherketon (PEEK) mittels Lasertechnik. Der Hochleistungskunststoff PEEK eignet sich noch stärker als Magnesium oder andere Metalle für die Beschichtung von metallischen Bauteilen, wenn zusätzlich zum Schutz vor Abrieb hohe Beständigkeit gegen Temperatur und Korrosion erforderlich sind. Solche Anforderungen werden in vielen Branchen benötigt – vom Maschinen- und Automobilbau bis hin zu Anlagen für die Gewinnung erneuerbarer Energien.
Sändker trug im Rahmen von Förderprojekten mit Industriepartnern wesentlich dazu bei, bedarfsspezifische laserbasierte Herstellungsverfahren zu entwickeln – darunter vor allem als Schlüsseltechnologie ein Zweistrahlverfahren mit signifikant vergrößerter Energieeffizienz. Gemeinsam mit Partnern wie Schaeffler, Evonik, Mahle und Eloxalwerk Ludwigsburg ELB können die Verfahren in die Industrie überführt werden. Die Firma ELB wurde für das gemeinsam mit dem Fraunhofer ILT entwickelte Verfahren bereits mit dem ThinKing Community Award 2019 der Leichtbauagentur Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Der Hugo-Geiger-Preis
Am 26. März 1949 fand unter der Schirmherrschaft des Staatssekretärs Hugo Geiger im Bayerischen Wirtschaftsministerium die Gründungsversammlung der Fraunhofer-Gesellschaft statt. Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Fraunhofer-Gesellschaft hat das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie den »Hugo-Geiger-Preis für wissenschaftlichen Nachwuchs« ins Leben gerufen. Der Preis wird jährlich vergeben und soll hervorragende, anwendungsorientierte Promotionsarbeiten würdigen, die in enger Kooperation mit einem Institut der Fraunhofer-Gesellschaft angefertigt wurden.
Fraunhofer-Symposium Netzwert
Das Fraunhofer-Symposium Netzwert ist die größte Fraunhofer-interne Vernetzungsveranstaltung für Forschende aller Fachrichtungen und Hierarchieebenen. In diesem Jahr steht das zweitägige Event unter dem Motto »Hightech-Strategie – and beyond«. Fraunhofer reflektiert die Forschungsfelder der Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung und blickt mit eigenen Themensetzungen und Transferprojekten darüber hinaus. Lösungsansätze werden in sieben an der Hightech-Strategie orientierten Fachsessions präsentiert und diskutiert: Intelligente Medizin, nachhaltiges Wirtschaften, Technik für den Menschen, Künstliche Intelligenz, Energie und Speicher, Mobilität sowie Quantentechnologie.