In der intensivmedizinischen Pflege von Frühchen ist eine künstliche Beatmung aufgrund der unterentwickelten Lunge häufiger notwendig. Dabei können verschiedene Komplikationen auftreten: Ein Volutrauma entsteht, wenn das Beatmungsgerät zu viel Luft in die kleine Lunge presst. Zu einem sogenannten Barotrauma kommt es, wenn der Apparat Luft mit zu hohem Druck einleitet, besonders wenn das Frühchen eigentlich gerade ausatmen möchte. Um beides zu vermeiden, gehen die Ärzte bei den Kleinsten besonders vorsichtig vor. Beispielsweise wird der Tubus nicht wie beim Erwachsenen luftdicht mit der Luftröhre abgedichtet. So kann immer ein wenig Luft entweichen und das Risiko eines Traumas wird verringert. Die optimale Beatmung der kleinen Patienten wird dadurch jedoch erschwert.
Jan Ringkamp und Dr. Jens Langejürgen von der Fraunhofer-Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA arbeiten deshalb an einem sanfteren Verfahren. Thorax-Monitoring heißt der kleine Apparat, den die Forscher entwickelt haben. »Im Prinzip ist das ein Messgerät, das erkennt, ob ein künstlich beatmeter Patient gerade ein- oder ausatmen möchte«, erklärt Ringkamp. »Damit wäre ein Beatmungsgerät in der Lage, sich ohne Verzögerung an die Wünsche des Patienten anzupassen. Keine Volu- oder Barotraumata mehr und eine optimale Beatmung – so die Vision.«, ergänzt Langejürgen.
Thorax-Monitoring erkennt den Wunsch des Patienten
Das Thorax-Monitoring verwendet zwei Antennen, die sich auf oder neben dem Brustkorb des Patienten anbringen lassen. Die eine sendet eine elektromagnetische Welle aus, die andere empfängt sie. Dabei machen es sich die Wissenschaftler zunutze, dass Muskeln, Fett und Gewebe andere elektrische Eigenschaften besitzen als die Atemluft in der Lunge. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach: Beim Einatmen füllen sich die Lungenflügel mit Luft und dehnen sich aus. In der Luft kommt die elektromagnetische Welle schneller voran als im Gewebe. Beim Ausatmen ist es umgekehrt: Die Lungenflügel fallen in sich zusammen, die elektromagnetische Welle muss sich vor allem durch Gewebe kämpfen und kommt langsamer vorwärts.
Es gibt also einen deutlich messbaren Unterschied zwischen Ein- und Ausatmen, den das Thorax-Monitoring registriert. Das funktioniert auch bei Frühchen und anderen Patienten, die nicht selbst atmen können, dies aber versuchen. »Selbst wenn sich die Lunge nur minimal ausdehnt oder zusammenzieht, wirkt sich das auf den Signalverlauf aus. Wir können im Labor nachstellen, dass wir Änderungen deutlich unter einem Milliliter identifizieren können«, erklärt Ringkamp. »Thorax-Monitoring erkennt also sozusagen den Wunsch des Patienten und kann das Beatmungsgerät anweisen, ihn dabei zu unterstützen. Ein Vorteil unseres Ansatzes besteht darin, dass wir den Patienten hierfür nicht berühren müssen. Dies ist gerade bei der empfindlichen Haut von Frühchen wichtig«, so Langejürgen.
Einen frühen Prototyp haben die Wissenschaftler bereits gebaut und getestet. Im November stellen sie ihn auf der MEDICA dem Fachpublikum in Halle 10 am Stand G05 vor. Zu sehen ist auf dem Messestand eine kleine Puppe, die an einen Beatmungsbeutel angeschlossen ist und von Besuchern beatmet werden kann. Der Körper der Puppe ist mit Wasser gefüllt, ihre künstliche Lunge verdrängt das Wasser im Körper, auf ihrem Brustkorb sind die beiden Antennen angebracht. Ein Bildschirm zeigt das verarbeitete Signal des Thorax-Monitoring.