Der Malawisee ist der drittgrößte See Afrikas, der neuntgrößte weltweit. Er beherbergt etwa 470 Fischarten, davon sind die meisten Buntbarscharten. Chambo heißt eine bei der Bevölkerung besonders beliebte Tilapienart, eine besonders wichtige Proteinquelle und Ernährungsgrundlage. Doch diese endemische Nutzfischart mit dem Fachnamen Oreochromis karongae ist stark überfischt. Um die Ernährungslage der Bevölkerung zu verbessern, wollen Forscherinnen und Forscher der Fraunhofer EMB im Projekt »Ich liebe Fisch« zusammen mit den Partnern mit unterschiedlichsten Strategien die Aufzucht und Produktion des Chambo steigern, effizienter und nachhaltiger gestalten und so der prekären Versorgung mit Proteinen entgegenwirken. Partner im internationalen Forschungsprojekt sind die Gesellschaft für Marine Aquakultur mbh (GMA) in Büsum, die Lilongwe University of Agriculture and Natural Resource (LUANAR), das Quantum for Urban Agriculture and Environmental Sanitation (QUALIVES) und der Innovative Fish Farmers Network Trust (IFFNT). Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE fördert das Vorhaben, das bis Ende 2020 läuft, mit 1,65 Mio. Euro.
Aquakultur ist eine der Maßnahmen, um die Landbevölkerung Malawis mit mehr Chambo-Buntbarschen zu versorgen. Die Produktion vor Ort ist jedoch gering und nicht effizient. Eines der drängendsten Probleme ist die unzuverlässige Versorgung der Teichbesitzer mit Setzlingen. Eine der Hauptaufgaben der Projektpartner besteht daher darin, Methoden zu etablieren, die eine stabile Versorgung der Aquakultur-Bauern, welche die Fische zur marktfähigen Größe aufziehen wollen, mit Setzlingen sicher- stellen.
Aufzuchtanlage zur Nachzucht von eigenen Laichfischbeständen
In einer neuen, eigens vom »Ich liebe Fisch«-Projekt konzipierten und installierten solargestützten Aufzuchtanlage am Bunda College, die unabhängig von der lokalen Netz-Stromversorgung ist, können effizient große Mengen an Fischlarven aufgezogen werden, bis sie die Größe von Fingerlingen mit etwa zehn Gramm Gewicht erreicht haben. Die so gezüchteten jungen Fische, auch Setzlinge genannt, werden dann zu einem günstigen Preis an die Aquakultur-Farmer verkauft. »Bis zu einem marktüblichen Gewicht von 250 bis 330 Gramm können die Fische dann in den Teichbetrieben vor Ort großgezogen werden«, weiß Dr. Sebastian Rakers, Wissenschaftler an der Fraunhofer EMB in Lübeck.
Das Forscherteam arbeitet dabei mit mehreren Communities zusammen, die unterschiedlich organisiert sind: Während einige auf eine langjährige Aquakulturerfahrung zurückblicken, sind andere erst im Aufbau begriffen. Aufgabe der Forscher ist es, die unterschiedlich ausgeprägten Wissensstände zu harmonisieren. »Wir bieten hier ein breites Spektrum an Technologien an. Wir vermitteln den Betreibern der Teichwirtschaften das Know-how, beispielsweise welchen Untergrund sie auswählen müssen, unterrichten sie aber auch in Kryokonservierungstechnologien, die helfen, das ganze Jahr über Fisch zu produzieren«, sagt Rakers.
Reproduktionsraten durch Kryokonservierung erhöhen
Die Kryokonservierung von Chambo-Fischspermien gibt es bislang noch nicht, die Partner erarbeiten im Projekt neue Einfrier-Protokolle für Spermien des Oreochromis karongae, um gezielt Laichpopulationen mit erhöhter Reproduktionsleistung zu züchten. Im ersten Schritt werden vielversprechende Fischstämme ausgewählt, die etwa resistent gegenüber Krankheiten sind und gute Wachstumsparameter aufweisen. Deren Spermien werden eingefroren, wobei man sie mit Frostschutzmitteln vermischt. So verhindert man, dass sich Eiskristalle bilden, die die Zellbestandteile zerstören würden. Die Spermien werden bei -196 °C in flüssigem Stickstoff gelagert und konserviert. »Es kann vorkommen, dass Männchen und Weibchen nicht zeitgleich laichreif sind. Die Folge sind geringe Reproduktionsraten. Die kryokonservierten Spermienproben nutzen wir, um die Paarungszeit zu verlängern und um gezielt Laichpopulationen mit erhöhter Reproduktionsleistung zu züchten«, erläutert der Wissenschaftler. Die Kryokonservierungstechnik wird bereits von den Partnern in Malawi getestet.