Wie reagiert die Verteidigerformation auf die Angreiferlinie? Wie schnell saust der Puck übers Eis? Analysen und Spielauswertungen sind im Leistungssport unerlässlich. Bisher konnten sie jedoch erst nach dem entsprechenden Spielzug durchgeführt werden. Bei den Eishockey-Spielen auf dem »2019 Honda NHL All-Star Weekend« vom 24. bis 27. Januar 2019 in San José, USA, erlebten Fans und Fachleute erstmals eine neue Dimension. In Echtzeit wurden die Daten von Spielern und Puck analysiert und aufbereitet: Das ist ein absolutes Novum.
Die notwendige Technologie dafür hat ein rund 20-köpfiges Forscherteam aus dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Nürnberg entwickelt. Vermarktet wird sie von der New Yorker Ausgründung jogmo world corp., an der das Fraunhofer IIS 25 Prozent der Anteile hält. Stellvertretend für das Team erhalten Thomas von der Grün und Norbert Franke aus dem Fraunhofer IIS sowie Thomas Pellkofer von der Firma jogmo world corp. den Joseph-von-Fraunhofer-Preis.
Puckposition: 2000-mal pro Sekunde gemessen
»Wir haben im Puck einen Sender untergebracht, der ein Signal an insgesamt 16 im Stadion verteilte Empfänger schickt«, erläutert von der Grün, Geschäftsfeldkoordinator Lokalisierung am Fraunhofer IIS. Die Besonderheit liegt nicht nur in der Echtzeitanalyse und der großen Zahl an trackbaren Spielern, sondern vor allem in der hohen Messrate. So wird die Position für den Puck 2000-mal pro Sekunde gemessen. Bei einer Puck-Geschwindigkeit von 140 Kilometern pro Stunde heißt das: alle zwei Zentimeter. Die Spielerposition ermittelt das System 200-mal pro Sekunde.
Zahlreiche Vorteile für Zuschauer, Spieler, Trainer, Teams und Ligen
Doch was lässt sich mit den Daten anfangen? »Es gibt drei Auswertungsebenen«, erklärt Franke, Gruppenleiter am Fraunhofer IIS. »Zunächst einmal das klassische Tracking, Fragen wie: Wie schnell hat sich der Puck bewegt? Doch unser System geht weit darüber hinaus: Denn wir beziehen auch die zweite Ebene, die Analyse, mit ein.« Wie lange braucht ein Spieler, um den Puck anzunehmen und ein Tor zu erzielen? Künftig, so der Plan der Wissenschaftler, soll das System auch noch die dritte Ebene umfassen – die taktische Analyse von Spielzügen.
Für Fans bedeutet das ein zusätzliches Spannungselement. Für die Profis bieten die neue Technologie viel Potenzial. Denn die Echtzeit-Auswertung ihrer Leistung ermöglicht ein spezielles Wahrnehmungstraining. So kann etwa der Torwart sein Stellungsspiel im Training optimieren. Dabei ist das System jedoch keineswegs auf die Anwendung im Sport begrenzt. Die Kombination aus spannender Technologie und Spitzensport ist einfach einmalig – das steckt die Leute an. Zudem ist Sport für uns der ideale und anspruchvollste Showcase: Indem wir auf die schnellste Teamsportart gegangen sind – und das auch noch indoor statt wie bisher outdoor. Schließlich sind dort viele Oberflächen, die die Funkausbreitung beeinflussen. Wir demonstrieren damit: Wir können auch die Anforderungen in vielen anderen Bereichen stemmen, erläutert von der Grün und ergänzt: » In Zukunft muss das System noch schlanker und mobiler werden. Die Realisierung in der schnellsten Sportart bereitet den Weg für weitere Kooperationen mit Sportarten wie Fußball, American Football oder Basketball. Die Daten werden zukünftig für Predictive Analytics zur Verfügung stehen.«