Der Anteil von Kohle im Strommix wird immer geringer, regenerative Quellen werden immer bedeutender. Dies stellt die Netzbetreiber jedoch vor Herausforderungen: Scheint die Sonne vom strahlend blauen Himmel und weht eine frische Brise, erzeugen Solarmodule und Windräder mehr Strom, als benötigt wird. Ist der Himmel dagegen wolkenverhangen und herrscht Flaute, ist Energie Mangelware. Doch wie lassen sich diese Erzeugungsschwankungen trotz der zunehmenden Anzahl an volatilen Stromquellen ausgleichen, um eine stabile Energieversorgung zu gewährleisten?
Produktionsprozesse flexibel an Energielage anpassen
Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg sehen einen Lösungsansatz bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die selber Energie aus Sonne und Wind oder gar aus eigenen Produktionsresten erzeugen. Sie sollen aktive Akteure im intelligenten Energienetz der Zukunft werden und dabei helfen, dieses sicherer und stabiler zu machen. Der Weg dorthin führt über die flexible Gestaltung ihrer energierelevanten Industrieprozesse, das dynamische Management steuerbarer Lasten, die Erzeugung erneuerbarer Energien sowie die Nutzung von Energiespeichern.
»Im europäischen Projekt RELflex entwickeln wir gemeinsam mit der Hochschule Magdeburg-Stendal und weiteren Partnern neue Lösungen und Anwendungen: Sie zielen vor allem darauf ab, die Produktionsprozesse in den KMU flexibler werden zu lassen«, erläutert Dr.-Ing. Pio Lombardi, Projektmanager von RELflex am Fraunhofer IFF. »Das heißt: Die Unternehmen können ihre Produktionsprozesse an die jeweilige Energielage anpassen, bei Engpässen auf Energie aus ihren Speichern zurückgreifen und eventuell auch andere Energiequellen heranziehen – etwa die Verbrennung von Holzabfällen.« Der Kern der Entwicklung ist das dynamische Energiemanagementsystem XDEMS.
Praxistest des Prototyps
Wie sich dieses Energiemanagement im Unternehmensalltag einsetzen lässt, untersuchen die Forscher derzeit bei einem ihrer Projektpartner, der aRTE Möbel GmbH. Ein Beispiel der Vorteile, die sich dadurch bieten: Unternehmen können die Energie, die sie via Photovoltaik und Co. erzeugen, für ihre eigenen Produktionsprozesse nutzen – und somit autarker und unabhängiger von den Netzbetreibern werden. Dies wirkt sich auch auf die Geschäftsmodelle aus: So können sie etwa die Latte bei »grünen« Produkten höher legen und diese nicht nur mit biologisch erzeugten Materialien herstellen, sondern auch mit grüner Energie.
Es gibt für KMU verschiedene Wege, auf das schwankende Energieangebot zu reagieren. »Am effizientesten wäre es, die Produktion anzupassen und Pufferspeicher einzubauen. Man produziert also auf Vorrat, wenn gerade viel Energie zur Verfügung steht, und lagert die produzierten Teile zwischen«, konkretisiert Lombardi. Die zweite Option wäre, die Mitarbeiter je nach Energielage flexibel arbeiten zu lassen – etwa zu späterer Stunde oder aber am Wochenende. Wie groß die Akzeptanz dafür ist, wollen die Forscherinnen und Forscher in einer entsprechenden Umfrage herausfinden. Als dritte Option kommen Energiespeicher in Frage. Die sind derzeit aufgrund hoher Investitionskosten allerdings noch teuer, und die Energiespeicherung ist – je nach Technologie – noch mit Verlusten verbunden.