»Die Zukunft ist seit jeher der Antrieb für die Fraunhofer-Gesellschaft«, erläutert Präsident Prof. Reimund Neugebauer die Mission der Fraunhofer-Gesellschaft. »Wie bauen wir intelligente Maschinen, denen jeder vertraut? Wie lassen sich Medikamente so herstellen, dass sie schneller und günstiger den Patienten helfen? Wie sorgen wir verantwortungsvoll dafür, dass sich jeder sicher fühlt? Als Forschende und Unternehmer beantworten wir diese Fragen und verstehen wir uns als verantwortungsvolle Taktgeber von Wirtschaft und Gesellschaft.« Am 26. März 2019 erinnert im Bayerischen Wirtschaftsministerium ein Festakt an die 70-jährige Erfolgsgeschichte der Fraunhofer-Gesellschaft – und blickt im Spannungsfeld von Wirtschaft und Wissenschaft im internationalen Innovationswettbewerb unter dem Thema »Forschung für Europa« nach vorn. Hochrangige politische Vertreterinnen und Vertreter aus München, Berlin und Brüssel sind ebenso vor Ort wie ausgewählte Repräsentanten aus Wirtschaft und Wissenschaft, darunter Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Staatsminister Hubert Aiwanger, Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek, der CEO der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) Drs. Paul de Krom, Dr. Reinhard Ploss als Vorstandsvorsitzender der Infineon AG und Prof. Heinz Jörg Fuhrmann als Vorsitzender des Vorstands der Salzgitter AG und Senatsvorsitzender der Fraunhofer-Gesellschaft.
Dieser Rahmen wird außerdem genutzt für eine gemeinsame Erklärung der Fraunhofer-Gesellschaft, der LMU und der TUM zum Aufbau eines Instituts für Kognitive Systeme in Bayern, um Lösungen für drängende Fragen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen und Cybersicherheit zu finden. Die drei Organisationen werden ihre Expertisen in diesen zukunftsweisenden Themen künftig bündeln und ergänzen, um so die notwendige Brücke zwischen der Grundlagen- und der Anwendungsforschung zu schaffen. In Kooperation mit weiteren Akteuren wird ausgehend vom Standort München ein Gesamtkonzept entwickelt, das sich zu einem wesentlichen Bestandteil der KI-Strategie der Bundesregierung entwickeln soll. Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte werden resiliente kognitive Systeme und KI sowie KI für autonome Systeme sein.
Herausforderungen und Zukunftsthemen
Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung, erklärt: »Als Vorreiter der angewandten Forschung ist die Fraunhofer-Gesellschaft ein exzellenter Impulsgeber für die deutsche und europäische Wirtschaft. Ich wünsche mir, dass die Fraunhofer-Gesellschaft auch künftig immer wieder neue Wege eröffnet, damit Forschungsergebnisse und neue Technologien schnell und effizient in Industrie und Gesellschaft ankommen. Ich freue mich auf viele weitere Ergebnisse aus der Forschung und Entwicklung der Fraunhofer-Gesellschaft, die dem Wohle der Menschen und der Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland dienen. Zum 70. Geburtstag wünsche ich Fraunhofer neue brillante Ideen, mutigen Forschergeist und das richtige Gespür für die nächste Sprunginnovation.«
Ministerpräsident Dr. Markus Söder sagt: »Bayern und Fraunhofer sind das Dreamteam für Spitzenforschung und Innovation. Gegründet in Bayern, hat Fraunhofer von München aus ein weltweit einmaliges Forschungs-Netzwerk geschaffen. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis konsequenter Arbeit an immer neuen Herausforderungen. Bayern und Fraunhofer gehen dabei Hand in Hand. Allein in den letzten fünf Jahren sind in Bayern 20 neue Forschungsgebäude entstanden. Die Zahl der Fraunhofer-Mitarbeiter in Bayern hat sich in diesem Jahrzehnt um fast 60 Prozent erhöht. Gemeinsam ist es gelungen, in allen Teilen Bayerns herausragende Innovationsschmieden zu schaffen – von der IT-Sicherheitsforschung in Garching über Biotechnologie in Straubing bis zur Forschung am Internet der Dinge am fränkischen Fraunhofer IIS. Wir sind stolz auf Fraunhofer und werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass Forschung bei uns Vorfahrt hat.«
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger: »An ihrem 70. Jahrestag ist die Fraunhofer-Gesellschaft Europas größte Organisation für angewandte Forschung und hat sich zum Innovationsmotor unserer Wirtschaft entwickelt, ihr kommt für den Erfolg des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Bayern eine Schlüsselrolle zu. Mit zehn eigenständigen Instituten und Institutsteilen sowie 20 weiteren Einrichtungen ist sie in allen Regierungsbezirken präsent. Mehr als 4700 Fraunhofer-Mitarbeiter arbeiten heute in Bayern. Fraunhofer ist ein wichtiger Partner für die Unternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung, gerade auch im Mittelstand. So trägt Fraunhofer dazu bei, die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft in Deutschland und Europa zu sichern.«
Prof. Reimund Neugebauer fügt hinzu: »Es ist essentiell, Forschung nicht nur exzellent zu betreiben, sondern neue Themen frühzeitig zu identifizieren und Zukunftsimpulse zu setzen. So können wir schneller auf Marktanforderungen reagieren. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dabei die Grundlage unseres Erfolgs. Sie meistern wie unser Namenspatron den Spagat zwischen Forschung und unternehmerischem Denken, sie übernehmen Verantwortung für die Zukunft, erarbeiten Lösungen für die Herausforderungen von morgen und fragen immer wieder aufs Neue: What’s next?«
Prof. Heinz Jörg Fuhrmann, Vorsitzender des Vorstands der Salzgitter AG und Senatsvorsitzender der Fraunhofer-Gesellschaft, erklärt anlässlich des Festakts: »Gelebte Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig. Energie und Rohstoffe, Gesundheit und Umwelt, Produktion und Dienstleistung, diese wichtigen Themenfelder zählen neben Mobilität, Kommunikation und Sicherheit zu den zentralen Forschungsfeldern der Fraunhofer-Gesellschaft. Gemeinsam mit Fraunhofer arbeiten wir beispielsweise derzeit in dem Projekt SALCOS daran, die CO2-Emissionen der Stahlproduktion durch neue Verfahren spürbar zu reduzieren. Für dieses ambitionierte Vorhaben wünsche ich uns viel Erfolg – und der Fraunhofer-Gesellschaft zu ihrem 70. Geburtstag weiterhin viele Innovationen zum Wohle der gesamten Gesellschaft.«
Dr. Reinhard Ploss, CEO Infineon Technologies AG: »Für die Industrie ist Innovationskraft ein essenzieller Erfolgsfaktor. Die Fraunhofer-Gesellschaft steht wie keine andere Organisation für anwendungsorientierte Forschung und den erfolgreichen Transfer von neuen Erkenntnissen und Technologien in den Markt. Um im Innovationswettbewerb mit anderen Regionen der Welt dauerhaft erfolgreich zu sein, müssen Forschungsorganisationen und Unternehmen in Deutschland und Europa den Wissenstransfer weiter beschleunigen. Dabei sind die Kombination verschiedener Wissensbereiche und der Fokus auf Schlüsseltechnologien für wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutende Anwendungsbereiche, etwa Energie, Mobilität, industrielle Fertigung und Cybersicherheit, entscheidend.«
Drs. Paul de Krom, CEO der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO), fügt hinzu: »Der Ehrgeiz zu bewahren, was wir haben, ist nicht gut genug. Unser Ehrgeiz, unsere Mission muss weit darüber hinausgehen. Unser Ziel muss es sein, die Besten zu sein. Europa muss weiterhin an der Spitze darin sein, seine Unternehmen weiterzuentwickeln und sein Wissen zu vergrößern und in die Anwendung zu überführen. Nur so können wir uns im internationalen Wettbewerb erfolgreich und langfristig an der Spitze positionieren.«
Verleihung des Ehrenzeichens »Der Fraunhofer«
Im Rahmen des anschließenden Bayerischen Staatsempfangs erhält Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal, das Ehrenzeichen »Der Fraunhofer« als höchste Auszeichnung der Fraunhofer-Gesellschaft für seine besonderen Verdienste rund um das deutsche und europäische Innovationsgeschehen. Kommissar Oettinger sagt: »Die Innovationsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft wird angesichts der durch die Digitalisierung ausgelösten enormen Beschleunigung des technologischen Fortschritts zur Schlüsselkompetenz für die Erhaltung unseres gesellschaftlichen Wohlstands. Die Europäische Union wird ihre Anstrengungen im Bereich von Forschung und Innovation in ihrem nächsten Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa deshalb signifikant erhöhen. Damit aber die europäische Forschung auch zu europäischer Innovation führt, braucht es unbedingt Organisationen wie Fraunhofer, die helfen, die häufig bestehende Lücke zwischen reiner Forschung und ihrer wirtschaftlichen Nutzung zu schließen. Das Konzept der Fraunhofer-Gesellschaft ist ein Erfolgsmodell, insbesondere, weil es mit seiner dezentralen Struktur regionale Cluster stärkt. Ich wünsche Fraunhofer auch aus europäischer Sicht weiterhin viel Erfolg bei seinen Projekten.«
Die Fraunhofer-Gesellschaft: Erfolgsmodell und Erfolgsgeschichte
Am 26. März 1949 bat Staatssekretär Hugo Geiger 210 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in das Bayerische Wirtschaftsministerium. Er hatte den Wunsch, mit der Gründung der Fraunhofer-Gesellschaft zum Aufbau der Wirtschaft in Bayern und Deutschland beizutragen. Während das Wirtschaftswunder noch in weiter Ferne lag und Kinder in Trümmern spielten, stellte man sich in einem Münchner Büro mit drei Mitarbeitenden bereits kurze Zeit darauf der Herausforderung, die angewandte Forschung in Deutschland voranzubringen. Mit der Wahl von Hermann von Siemens zum Präsidenten Mitte der 50er Jahre sowie der Gründung erster Institute entwickelte sich Fraunhofer immer mehr zu einer essenziellen Säule der Wissenschaftslandschaft in Deutschland. Mitte der 60er Jahre wurde Fraunhofer offiziell zur Trägerorganisation für angewandte Forschung im deutschen Innovationssystem. Das Fraunhofer-Modell der erfolgsabhängigen Grundfinanzierung erzeugte seit den 70ern jene Dynamik des Erfolgs, die bis heute anhält. Mit der deutschen Wiedervereinigung eröffneten sich unerwartete Chancen auf neue Expansion. Die Fraunhofer-Gesellschaft ergriff schneller und konsequenter als andere Forschungsorganisationen die Gelegenheit und gründete in den neuen Bundesländern über 20 neue Institute und Einrichtungen.
Strategische Initiativen für die deutsche und europäische Wirtschaft und Gesellschaft
Das deutsche Wissenschaftssystem findet international Beachtung, die Leistungen im Industrietransfer, die Netzwerke zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind weltweit beispielhaft. Fraunhofer zählt mit aktuell 72 Instituten und Forschungseinrichtungen, mehr als 26 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einem jährlichen Forschungsvolumen von mehr als 2,5 Milliarden Euro und zahlreichen internationalen Kooperationen zu den wirkungsstärksten Forschungsorganisationen. Mehr als zwei Drittel ihres Budgets verdient die Fraunhofer-Gesellschaft durch Vertragsforschung selbst, etwa ein Drittel erhält sie als Grundfinanzierung von Bund und Ländern. Auf dieser Basis und mit der klaren Ausrichtung auf neue Technologien und Märkte ist die Fraunhofer-Gesellschaft zum Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft geworden: Vom Airbag bis zur weißen LED, vom Kautschuk aus Löwenzahn bis zur mp3-Technologie reichen die Erfindungen und Entwicklungen, die aus ihr hervorgegangen sind. Mit der Agenda 2022 hat die Fraunhofer-Gesellschaft eine Roadmap für ihre Forschungsaktivitäten definiert. Ein wichtiges Ziel ist die Entwicklung umfassender technologischer Systemlösungen für den Standort Deutschland. Dazu wurden »Prioritäre Strategische Initiativen« zu sieben wichtigen Forschungsthemen ins Leben gerufen. In den Prioritären Strategischen Initiativen – kurz PSI – bündelt die Fraunhofer-Gesellschaft die Kompetenzen ihrer Institute, um umfassende Systemlösungen für strategisch wichtige Fragestellungen zu erarbeiten. Alle Themen haben eine hohe Relevanz für die deutsche und europäische Wirtschaft und Gesellschaft. Kognitive Systeme, Künstliche Intelligenz und Datensouveränität, Batteriezellfertigung, Programmierbare Materialien, Quantentechnologie, Translationale Medizin, Öffentliche Sicherheit und die Biologische Transformation bilden den aktuellen Themenkanon.