Erneuerbare Energien nehmen einen immer größeren Stellenwert in unserer Stromerzeugung ein. Allerdings schwankt die erzeugte Strommenge stark – die elektrische Energie muss daher zwischengespeichert werden, bis sie benötigt wird. Auch für moderne Technologien wie die Elektromobilität sind leistungsfähige Batteriesysteme nötig: So ist das Stromnetz beispielsweise nicht für Schnellladestationen mit 350 Kilowatt ausgelegt. Zudem ist nicht überall dort, wo Schnellladestationen sinnvoll wären, ein Stromnetz vorhanden. Lithium-Ionen-Akkus eignen sich für solcherlei Anwendungen nur bedingt: Ihre Zyklenfestigkeit reicht nicht aus – würde man sie zwei- bis dreimal täglich be- und entladen, wären sie nach zwei bis drei Jahren kaputt. Anders dagegen Redox-Flow-Batterien: Sie bieten eine große Zyklenfestigkeit und sind zudem nicht brennbar, recycelfähig und ihre Kapazität und Leistung lässt sich gut anpassen. Sie eignen sich daher insbesondere für Anwendungen, bei denen die Batterie stark gefordert wird. Bisher waren sie jedoch schlichtweg zu teuer.
Neuartige Redox-Flow-Batterien werden erstmalig rentabel
Forscher des Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen konnten die Kosten der Batterien nun deutlich senken. Hergestellt und vermarktet werden die neuartigen Redox-Flow-Batterien vom Fraunhofer-Spin-Off Volterion. Um zu verstehen, wie die Forscherinnen und Forscher Redox-Flow-Batterien optimiert haben, gilt es zunächst einmal einen Blick auf den Aufbau dieser Batterien zu werfen. Sie bestehen aus Stacks – Zellstapel, die den zu speichernden Strom in chemische Energie umwandeln, und Elektrolytflüssigkeit, die diese chemische Energie speichert. Für die hohen Kosten der Batterien sind vor allem die Stacks verantwortlich. »Wir konnten das Gewicht der Stacks auf zehn Prozent reduzieren und somit auch deren Kosten erheblich senken«, erläutert Dr. Thorsten Seipp, ehemals Wissenschaftler am Fraunhofer UMSICHT und nun Geschäftsführer bei Volterion. »Während herkömmliche Stacks oftmals pro einzelne Zelle acht bis zehn Millimeter dick sein müssen, kommen wir mit einer Stackdicke von zwei bis drei Millimetern aus.« Die neuartigen Redox-Flow-Batterien liegen durch diese Materialersparnis in der gleichen Preisklasse wie Lithium-Ionen-Akkus, halten aber mehr als doppelt so lange. Das heißt: Sie werden erstmalig für zahlreiche Anwendungen rentabel.
Der Clou liegt in der Materialentwicklung
Der Clou lag vor allem in der Materialentwicklung. Üblicherweise bestehen die Stacks aus einer Graphit-Kunststoff-Mischung. Durch die Verarbeitung büßen die Materialien ihre polymeren Eigenschaften allerdings ein. Sprich: Die langen Polymerketten werden zerstört, das Material verliert seine Flexibilität und auch einen Teil seiner Stabilität. Zudem lässt es sich nicht verschweißen, sondern muss mit Dichtringen versehen und verschraubt werden. »Wir haben das Material und den Herstellungsprozess am Fraunhofer UMSICHT so angepasst, dass die polymeren Eigenschaften erhalten bleiben. Das heißt: Das Material bleibt stabil und flexibel, kann somit erheblich dünner ausgelegt werden und die Stacks lassen sich miteinander verschweißen. Schnell verschleißende Dichtungsringe sind unnötig«, so Seipp. Das lässt die Stacks nicht nur kostengünstiger, sondern auch deutlich robuster werden.
Vom Klärwerk bis zu MRT-Untersuchungen
Eingesetzt werden die neuartigen Redox-Flow-Batterien unter anderem in einer Kläranlage. Dort wird Strom aus Methan produziert, künftig sollen auch Photovoltaikanlagen zur Energieerzeugung beitragen. Hier soll eine 100-Kilowatt-Batterie gleich zweierlei Schwankungen ausgleichen: Die der Stromerzeugung und die des Stromverbrauchs. Somit kann die Kläranlage künftig ihren gesamten Energiebedarf selbst decken.
Auch bei MRT-Scannern in Kliniken ist eine Redox-Flow-Batterie vielfach lohnenswert. »Jedes MRT-Gerät hat eine Leistung von 200 Kilowatt – sollen drei oder vier Geräte gleichzeitig laufen, ist die Leitung schnell überlastet. Eine neue Stromleitung zu legen ist jedoch mit 80.000 Euro pro Kilometer extrem teuer. Hier ist eine Redox-Flow-Batterie eine gute Alternative«, sagt Seipp. Denn die MRT-Geräte laufen jeweils einige Minuten, verbrauchen in dieser Zeit sehr viel Strom und werden dann bis zur nächsten Untersuchung wieder ausgeschaltet. Die Batterie durchläuft also zahlreiche Be- und Entladezyklen täglich. »Unsere optimierten Batterien sind wie geschaffen dafür – ebenso wie für andere Anwendungen, in denen kurzfristig viel Energie nötig ist, die das Netz nicht zuverlässig liefern kann«, fasst Seipp zusammen.
Momentan arbeiten die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit den Kollegen von Volterion daran, die Kosten für die Batterien noch weiter zu senken. Auch wollen sie die Größen der Anwendungen skalieren: Momentan sind die Batterien auf 100 bis 300 Kilowatt ausgelegt, künftig sollen sie auch im Megawattbereich nutzbar sein.