Für gewöhnlich benutzt man Schmierstoffe auf Mineralölbasis, um Lager zu schmieren. So wird verhindert, dass Metall auf Metall reibt und die Lager verschleißen. In Deutschland werden jedes Jahr rund eine Million Tonnen Schmiermittel verbraucht. Auch die Herstellung, der Betrieb und die Entsorgung ist bei Öl unter Umweltgesichtspunkten problematisch.
Im Sinne des Umweltschutzes wäre es sinnvoll, Schmierstoffe auf Wasserbasis herzustellen. Doch dagegen spricht bislang, dass Metallteile korrodieren, wenn sie Wasser ausgesetzt sind. Einer Arbeitsgruppe vom Fraunhofer IWM in Freiburg ist es jetzt gelungen, Wasser mithilfe von Additiven so zu verändern, dass es in Zukunft tatsächlich als Schmierstoff eingesetzt werden könnte. Dr. Tobias Amann und seine Kolleginnen und Kollegen am Fraunhofer IWM konnten damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen verbessert sich die Schmierung insgesamt, weil Wasser weniger zähflüssig als Öl ist. Zum anderen wird die Korrosion verhindert.
Im Detail haben die Forscherinnen und Forscher ihr Verfahren an einem Gleitlager entwickelt. Ein solches Lager ähnelt einem Ring, der eine rotierende Welle aus Stahl umfasst. Dieser Ring besteht aus mehreren Schichten, die von außen nach innen folgendermaßen aufgebaut sind: einer Hülse, die das Lager umgibt, einer Schicht aus Aluminium und einer Schicht aus gesintertem Metall, die die Welle umfasst. Der Clou besteht darin, dass die gesinterte, innere Schicht von einem kleinen Kanal durchzogen ist. Damit kann das Wasser zwischen der rotierenden Welle und der äußeren Aluminiumschicht fließen. Diese direkte Verbindung ist entscheidend für den elektrochemischen Prozess. Dieser beruht darauf, dass sich zwischen unedlen Metallen wie Aluminium und edleren Metallen wie Eisen eine elektrische Spannung aufbaut – ganze ohne ein elektrisches Feld von außen anlegen zu müssen.
Wasser in Schmierstoff verwandeln
Diese zwischen dem Aluminium im Gleitlager und dem Eisen in der Welle herrschende elektrische Spannung nutzen die Forscherinnen und Forscher aus, um das Wasser in einen Schmierstoff zu verwandeln. »Wir mischen dem Wasser sogenannte ionische Flüssigkeiten zu«, erläutert Dr. Tobias Amann. »Dabei handelt es sich um flüssige Salze, die Anionen und Kationen enthalten.« Im elektrischen Feld richten sich diese Ionen aus und lagern sich auf der Innenseite des gesinterten Metallrings ab – und zwar so, dass ihre Enden nach oben, der rotierenden Welle entgegenragen. So bilden sie eine Art galvanisch hergestellte Schutzschicht, auf der die Welle gleiten kann.
Dass das Verfahren funktioniert, hat das Forscherteam inzwischen zeigen können. Derzeit sind Amann und sein Team auf der Suche nach Industriepartnern, mit denen sie die ionischen Flüssigkeiten noch optimieren wollen. »Eine Herausforderung besteht darin, dass bei der Bewegung der Welle Wärme entsteht, die das Wasser verdampfen lässt«, sagt der Forscher. »Wir wollen jetzt Mischungen von ionischen Flüssigkeiten finden, die dem Verdampfen entgegenwirken.«
Effizientere Elektromotoren
Das mit Ionen versetzte Wasser ist nicht nur umweltfreundlicher als Öl. Es trägt zudem dazu bei, Gleitlager noch effizienter zu machen. Amann: »Die Welle gleitet leichter, wenn sie mit Wasser benetzt ist. Deshalb ist der Energieverbrauch im Betrieb geringer, als beim deutlich viskoseren Öl.« Hinzu kommt, dass die Korrosion vermieden wird. Der Sauerstoff aus dem Wasser reagiert normalerweise mit eisenhaltigen Stählen und führt schließlich zum Rosten. Durch das elektrische Feld wird das vermieden.
In ihren beiden vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg öffentlich geförderten Projekten haben die IWM-Experten zusammen mit Kollegen der Uni Freiburg aber noch mehr als das Gleitlager mit elektrochemischem Innenleben entwickelt. Zusätzlich wurde ein neues Messgerät konzipiert – ein sogenanntes In situ-Tribometer – mit dem sich während des Betriebes direkt am Gleitlager der Verschleiß des Metalls und der Reibwert messen und überwachen lassen. Bislang lässt sich der Verschleiß eines Lagers nur messen, wenn man dieses auseinanderbaut und die Oberflächen anschließend begutachtet und vermisst. Das ist zeitraubend. »Mit unserem neuen Tribometer aber wird jetzt eine In-situ-Messung möglich, die nicht nur die Entwicklung geeigneter Schmierstoffe auf Wasserbasis erleichtert, sondern auch eine kontinuierliche Überwachung von Lagern ermöglicht«, betont Amann.