Drohnen beeinträchtigen zunehmend den Flugverkehr, die Bundespolizei warnt sogar vor einer massiven Gefährdung durch unbemannte Luftfahrzeuge. 2018 wurden 158 Vorfälle an deutschen Flughäfen gemeldet. Anfang Mai dieses Jahres musste der Flugbetrieb am Frankfurter Flughafen wegen der Sichtung einer Drohne kurzzeitig komplett eingestellt werden. Die Situation ist brisant, Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der im privaten Umlauf befindlichen Drohnen bis 2030 um knapp 80 Prozent auf 847 000 Stück erhöhen. Sie gefährden nicht nur landende Verkehrsflugzeuge, bedroht sind auch tief fliegende Helikopter. Von Piloten besonders gefürchtet wird der Aufprall auf die Cockpitscheiben, die Flügelvorderkanten und das Triebwerk. Nach Expertenmeinung schädigt ein Zusammenstoß mit Drohnen Luftfahrtbauteile massiver als eine Kollision mit einem Vogel. Während jedoch die Toleranz eines Luftfahrzeugs gegenüber Vogelschlag für die Zulassung durch standardisierte Testverfahren nachgewiesen werden muss, existieren für die Sicherheit bei Kollisionen mit Drohnen keine entsprechenden Vorschriften. Ein Forscherteam am Fraunhofer EMI in Freiburg sieht hier großen Handlungsbedarf. »Drohnen verhalten sich rein mechanisch nicht wie Vögel und wiegen zudem deutlich mehr. Daher ist es unklar, ob die Sicherheit eines Vogelschlag-sicheren Flugzeugs im Fall einer Kollision mit einer Drohne gewährleistet ist«, sagt Dr. Sebastian Schopferer, Wissenschaftler am Fraunhofer EMI.
Hohes Gefährdungspotenzial
Erste Aufpralltests mit Drohnenbatterien und -motoren bestätigten das Gefährdungspotenzial. »Wir haben diese beiden Komponenten eines handelsüblichen Quadrokopters mit einem Druckluftbeschleuniger auf unterschiedliche Geschwindigkeiten – zwischen 115 Meter pro Sekunde und 255 Meter pro Sekunde – gebracht und auf flache, in einem Prüfstand eingespannte, bis zu acht Millimeter dicke Aluminiumplatten aufprallen lassen. Dabei wurden die Platten erheblich verformt und eingebeult, die Drohnenkomponenten vollständig zerstört«, kommentiert Schopferer die Versuchsergebnisse, die von einer Hochgeschwindigkeits-Videokamera aufgezeichnet wurden. Batterien und Motoren können aufgrund ihres Gewichts besonders großen Schaden anrichten.
Primäres Ziel der Versuchsreihen mit den genannten Komponenten ist es, den Impulsübertrag beim Aufschlag zu ermitteln und das Schädigungsbild an Flugzeugmaterialien, wie Aluminiumlegierungen und Faserverbundwerkstoffen, zu untersuchen. Zusätzlich zu diesen dynamischen Untersuchungen werden quasi-statische Druckversuche durchgeführt, um Parameter wie Steifigkeiten und Festigkeiten der Komponenten bestimmen zu können. Diese spielen eine elementare Rolle bei der Ableitung numerisch effizienter, prognosefähiger Simulationsmodelle, welche die Luftfahrtindustrie nutzen kann, um neue, wichtige Erkenntnisse zum Aufprallverhalten von Drohnen zu erlangen. Hiermit lassen sich schon während der Designphase Aussagen über die Drohnenschlagfestigkeit neuartiger Flugzeugkomponenten treffen.
Beschleunigungstests mit kompletten Drohnen
Im nächsten Schritt planen die Forscherinnen und Forscher den Aufbau eines neuartigen Teststands, der es ermöglicht, komplette Drohnen bis zu einem Gewicht von drei Kilogramm auf Geschwindigkeiten von bis zu 150 Metern pro Sekunde zu beschleunigen. »Damit untersuchen wir das Aufprall- und Fragmentierungsverhalten von ganzen Drohnen beim Impakt auf starre und flexible Ziele, um die vermutete katastrophale Wirkung einer Kollision mit Flugzeugen zu studieren. Versuche in dieser Drohnen-Gewichtsklasse sind bislang weltweit einzigartig«, erläutert Schopferer. Die Experimente werden mit verschiedenen Varianten durchgeführt, sowohl Hobby- als auch semiprofessionelle Modelle mit einer Masse von einem bis zu drei Kilogramm werden zum Einsatz kommen. Nicht nur Flugzeughersteller sollen von den Tests profitieren, auch Zulassungsbehörden werden mit den Ergebnissen wichtige Informationen erhalten, um die von Drohnen ausgehende Gefährdung für den Luftverkehr umfassender bewerten zu können.