Das goldene, futuristisch anmutende Gerät – klein wie eine Brotbox – musste einiges über sich ergehen lassen: abrupte Temperaturschwankungen von minus 40 bis plus 60 Grad Celsius, Kälte und Hitze unter Vakuumbedingungen, zudem kräftige Schüttelpartien auf einer dreiachsigen Vibrationsplatte. Bei all dem sollte es noch Höchstleistung bringen und stabil funktionieren. Am Ende des Stresstests nach den harten Kriterien der European Space Agency (ESA) war klar: Diese Quantenquelle wird auch einen Raketenstart überstehen und ist robust genug für die Bedingungen im All.
Erstmals ist es Forschenden vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena gelungen, eine enorm stabile und gleichzeitig leistungsfähige Quantenquelle zu entwickeln. Sie kann mit Hilfe eines nichtlinearen Kristalls, auf den ein Laserstrahl trifft, 300 000 verschränkte Photonenpaare pro Sekunde erzeugen. Mit diesen Zwillings-Lichtteilchen lässt sich künftig sensible Kommunikation sicher verschlüsseln. Das Prinzip dahinter: Die zwei Photonen besitzen eine miteinander verschränkte Polarisation, unabhängig davon, wie weit sie voneinander entfernt sind. Darauf basierend lassen sich Schlüssel zwischen zwei Kommunikationspartnern etablieren, die beiden sofort verraten, wenn jemand versucht, ihre Kommunikation abzuhören. Denn greift jemand Unbefugtes ein, zerfällt die Verschränkung und der Zugriff ist nachweisbar.
Robuste Quelle mit hohem Output
Doch was hat die Quantenquelle im Weltraum zu suchen? Nun könnten die verschränkten Photonen auch durch Glasfaserkabel, etwa die Telefonleitung, an ihre Bestimmungsorte gelangen. Doch das würde die Reichweite sehr beschränken und die wichtige Verschränkung stören. Die bessere Lösung ist, die Quantenquelle mit einem Satelliten in den niedrigen Erdorbit zu schicken, wo sie von 400 Kilometern Höhe die doppelten Lichtteilchen möglichst störungsfrei zur Erde senden kann.
»Die größten Herausforderungen dabei waren die Stabilität sowie die Leistungsfähigkeit der Quantenquelle«, erklärt Dr. Oliver de Vries, Projektverantwortlicher beim Fraunhofer IOF. »Denn durch die Passage durch die Erdatmosphäre ist die Verlustrate hoch. Darum gilt es, so viele verschränkte Zwillingsphotonen wie möglich zu erzeugen, damit maximal viele davon auch bei den Kommunikationspartnern auf der Erde ankommen.« Für einen Schlüssel werden dabei immer mehrere Photonenpaare benötigt. »Durch einen ausgeklügelten Aufbau, wirksame anorganische Verbindungsverfahren und robuste Materialien, die sich bei Temperaturänderungen möglichst wenig ausdehnen, optimierten wir die Stabilität der Quantenquelle«, verrät de Vries weiter.
Erster europäischer Quantensatellit in vier Jahren
Die Technologie stößt bereits jetzt auf großes Interesse vor allem bei Banken und Regierungsorganisationen, für die eine sichere Kommunikation essentiell ist. Bis die Quantenverschlüsselung jedoch in drei bis fünf Jahren ihren Weg in die Anwendung findet, muss noch die nötige Infrastruktur zum Austausch der Schlüssel geschaffen werden. So müssten die Kommunikationspartner die Lichtteilchen zum Beispiel mit einem Teleskop empfangen, das wiederum in die IT-Struktur eingebunden werden muss. Auch dafür hat de Vries schon Pläne im Kopf. »Denkbar wäre ein Geschäftsmodell, in dem Fraunhofer den Satelliten mit einer Quantenquelle ausstattet, während externe Partner die Empfangsinfrastruktur anbieten sowie die Schlüssel verkaufen.« Erklärtes Ziel des Forscherteams ist es, in etwa vier Jahren den ersten europäischen Quantensatelliten ins Weltall zu schicken.