Salzstreuer nach dem Vorbild von Klatschmohn, Robotergreifarme wie Elefantenrüssel, Kameras wie Insektenaugen – die Natur stand schon Pate für viele Innovationen. Doch die klassische Bionik ist nur die erste Stufe eines weit größeren und umfassenderen Trends. »Unter der Biologischen Transformation verstehen wir die systematische Anwendung und Kombination von Prozessen, Prinzipien und Materialien aus der Natur in der Technik,« erklärt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, und ist überzeugt: »Sie wird zu völlig neuen und nachhaltigeren Wertschöpfungs- und Produktionsabläufen führen. Der Fokus auf die Natur als Innovationstreiber wird eine neue Ära einläuten.«
Die Biologische Transformation äußert sich in verschiedenen Ausprägungen: Neben der Bionik, also der Imitation natürlicher Strukturen, gehört auch die Biotechnologie dazu, etwa die Produktion von Pharmawirkstoffen mithilfe von Zellen. Die nächste Stufe ist nun die Biointelligenz, also die Verschmelzung von Biologie und IT, deren erste Anzeichen wir etwa mit maschinellem Lernen und schwarmintelligenten Logistiksystemen schon kennen. Doch das ist nur der Anfang.
Auswirkungen auf Industrie und Gesellschaft
Indem wir von der Natur lernen, können wir Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit wie Ressourcen- und Energieverbrauch, Klimawandel oder auch die Resilienz wichtiger Versorgungssysteme finden und gleichzeitig nachhaltiges und effizientes Wachstum fördern. Denn die Biologische Transformation ist eine logische und notwendige Ergänzung zu Digitalisierung und Industrie 4.0. Kurzum: Sie sichert die Nachhaltigkeit des technischen Fortschritts. Aus diesen Gründen hat auch die Politik das Thema auf ihrer Agenda: Die Bundesregierung fördert die Forschung daran langfristig mit dem Ziel, den Ansatz noch besser in die Schlüsselbereiche der Wirtschaft zu übertragen.
Verschiedene technologische Entwicklungen ermöglichen diese neue Denk- und Herangehensweise. Zum einen können biologische Prozesse und Muster durch die Fortschritte in der Digitalisierung, zum Beispiel bessere Rechnerleistungen und neue Algorithmen, immer besser analysiert und verstanden werden. Zum anderen stehen völlig neue Technologien und Vernetzungsmöglichkeiten zur Verfügung. Beides sind wichtige Voraussetzungen für die Biologische Transformation. Und doch wird sie nur gelingen, wenn die Lebens-, Material- und Produktionswissenschaften, die IT sowie andere Disziplinen schon früh zusammenwirken und ihre Erkenntnisse in die Fertigung und weitere wichtige Wirtschaftsbereiche einbringen.
Austausch über Grenzen hinweg
»Durch vernetzte Forschung entstehen völlig neue Denkansätze. Dafür bietet diese neue Initiative die richtige Plattform. Ich hoffe, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie weitere Interessierte dem Ruf der Fraunhofer-Gesellschaft folgen und so neue Ideen und Lösungen für eine ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigere Zukunft entstehen«, sagt Dr. Georg Schütte, Staatssekretär im Forschungsministerium.
Gebündelt in sechs Fokus-Sessions diskutieren bei »FUTURAS IN RES« internationale Experten und Expertinnen Ideen, Chancen und Herausforderungen zu den Schwerpunkten Industrie 4.0, Bio-Manufacturing, Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Bionik, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Fragen, die dabei erörtert werden, sind unter anderem: Welches Potenzial hat »Biology by Design«, um neue, nachhaltige Produktionslösungen zu schaffen? Wie können wir dieses Potenzial für einen effektiveren Umweltschutz, eine nachhaltigere Ressourcennutzung und die Resilienz wichtiger Versorgungssysteme nutzen? Welche Innovationen erlauben zukünftig einen nachhaltigen Umgang mit dem Material Kunststoff? Welche neuen Ansätze bietet die Künstliche Intelligenz, die über eine reine Imitation menschlicher Verhaltensweisen hinausgehen? Und wie gestalten wir die Biologische Transformation der Produktion so, dass sie der Gesellschaft und den einzelnen Menschen zugutekommt?
Über »FUTURAS IN RES« – mit Fraunhofer die Zukunft verstehen
Das Wissen um die komplexen Wirkungen neuer Technologien und disruptiver Innovationen ist erfolgskritisch für ganze Gesellschaften und Volkswirtschaften. Verschiedenste Lebens-, Erfahrungs- und Arbeitswelten verschmelzen künftig immer stärker. Struktureller Wandel durch technologische Entwicklungen muss daher frühzeitig erkannt, verstanden und kommuniziert werden, um langfristige Auswirkungen in ökonomischer, sozialer, politischer und auch kultureller Hinsicht aktiv mitgestalten zu können. »FUTURAS IN RES« ist hierfür das richtige Forum: Ideen treffen auf Lösungen, Entwicklungen treffen auf Befürworter und Mahner, Denker treffen auf neue Fragen. Im Rahmen der neuen Konferenzreihe der Fraunhofer-Gesellschaft können sich Gestalter und Entscheider aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik künftig jährlich schon heute zu den Themen und technologischen Paradigmenwechseln von morgen austauschen. »FUTURAS IN RES« verbindet den Anspruch wissenschaftlicher Exzellenz mit gelebter Internationalität und direktem Blick auf die Wertschöpfung – und bietet mit relevanten Zukunftslösungen einen nachhaltigen Nutzen für Industrie und Gesellschaft.