Weltweit ist die Publikation von Forschungsergebnissen zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Leider agieren in diesem Umfeld auch Marktteilnehmer, die sich nicht der wissenschaftlichen Redlichkeit verpflichtet fühlen. Eine der Methoden, die nicht auf wissenschaftlichen Fortschritt, sondern auf Gewinnmaximierung abzielt, ist das sogenannte Predatory Publishing. Der Begriff bezeichnet unlautere Geschäftsmodelle, bei denen mit betrügerischer Absicht Geschäftsprozesse renommierter Verlage kopiert oder vorgetäuscht werden. Qualitätssicherung (z.B. Peer Review-Prozess durch Editorial Board) und redaktionelle Bearbeitung der Artikel finden häufig nicht statt. Zu den Praktiken der Predatory Publisher und der Anbieter von Predatory Conferences zählen u.a.:
- - Nachahmung und Kopie der Titel und Layouts renommierter Zeitschriften
- - Article Processing Charges (APC) werden verlangt, obwohl so gut wie kein Peer Review-Verfahren angewendet wird, was im absoluten Gegensatz zu renommierten Gold Open Access Journals steht
- - Fälschen von Informationen der Editorial Board-Mitglieder (Scheinpartizipation namhafter Wissenschaftler)
- - Konferenzveranstalter werben um Teilnahme und Beiträge mit scheinbar renommierten Konferenzbänden und hohen Besucherzahlen
- - Werbung mit falschen Wissenschaftsindikatoren (Impact Factor) und Falschaussagen zu Indexierungsanagaben in namhaften Datenbanken
Qualitätssicherungskriterien greifen
Fraunhofer publiziert jährlich rund 10 000 wissenschaftliche Beiträge. Dabei sind Veröffentlichungen, die nicht im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis erfolgen, die absolute Ausnahme und werden von uns entsprechend untersucht und verfolgt. Aktuell handelt es sich um 19 Einzelfälle im Kontext des Predatory Publishing aus dem Zeitraum 2014 bis 2017 (das entspricht weniger als 0,05% der Publikationen in diesem Zeitraum), die uns allesamt bekannt sind. Die intensive Analyse hat ergeben, dass bei keinem Akteur Mutwilligkeit unterstellt werden kann. Bei einigen Journalen war es für die Betroffenen aufgrund der sehr verschleiernden Darstellung dieser Anbieter vorab schwierig zu erkennen, dass es sich um »Peer Review-lose«Publikationen handelte. In einigen Journalen wurden die Artikel sogar ohne das Wissen der Autoren veröffentlicht, Artikel trotz Zurückziehens publiziert und Konferenzbeiträge veröffentlicht, obwohl die Teilnahme im Vorfeld der Konferenz abgesagt worden war.
Die verschwindend geringe Zahl der Fälle belegt, dass – von bedauerlichen Einzelfällen abgesehen – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraunhofer-Gesellschaft im Einklang mit der guten wissenschaftlichen Praxis publizieren und die Qualitätssicherungskriterien greifen.
Das Vertrauen, das der Wissenschaft entgegengebracht wird, ist für Fraunhofer und die gesamte Forschungsgemeinschaft essentiell. Wissenschaftliche Redlichkeit und die Beachtung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis sind unverzichtbare Voraussetzungen, um dieses Vertrauen aufrechtzuerhalten. Dabei gelten auch die Grundsätze der Fraunhofer Policy zur Umsetzung wissenschaftlicher Integrität. Den Einsatz von Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft oder Drittmitteln für unredliche Publikationen und artverwandte Konferenzbesuche lehnen wir ab. Die Erklärung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie weiterer europäischer Akademien in Sachen Open Access und »Raubzeitschriften« vom Oktober 2016 unterstützen wir ausdrücklich.
Präventive Qualitätssicherungsmaßnahmen
Um unlauteren Praktiken proaktiv noch besser zu begegnen und die nötige Aufklärungsarbeit zu leisten, ist in jeder Fraunhofer-Einheit eine wissenschaftlich erfahrene und qualifizierte Ombudsperson für gute wissenschaftliche Praxis von der Institutsleitung benannt. Diese Ombudsperson wirkt mit bei der Vermittlung der wissenschaftlichen Integrität und berät in Konfliktfällen in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis. Wir ermutigen alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sich vertrauensvoll an ihre Ombudsperson zu wenden. Unterstützung zu den Themen Recherche und Publizieren gibt es zudem vom Fachinformationsmanagement an den jeweiligen Instituten. Darüber hinaus wurde eine »Fraunhofer Policy zur Umsetzung wissenschaftlicher Integrität« entwickelt. Damit hat Fraunhofer klare Regeln und Verfahren für ihre Institute und Einrichtungen etabliert. Des weiteren unterstützt Fraunhofer seine Autoren über diverse begleitende Maßnahmen, die auch der Prävention dienen, um nicht Opfer von Predatory Publishing zu werden. Diese Maßnahmen sind unter anderem:
- - Bei allen Fragen des wissenschaftlichen Publizierens unterstützt ein Fraunhofer-weiter Publikationssupport Wissenschaftler, Ombudspersonen und Fachinformationsmanager. Dabei gibt es die Möglichkeit, Expertenmeinungen zum Veröffentlichungsprozess einzuholen, um unseriöse Praktiken aufzudecken.
- - Der regelmäßige Newsletter des Publikationssupports informiert darüber hinaus über aktuelle Entwicklungen und gibt Warnungen über die entsprechenden Tätigkeiten unseriöser Verlage aus. Ein Wiki ergänzt die Datenbasis mit Empfehlungen im Umgang mit unseriösen Verlagen.
- - Im Januar 2018 wurde bereits ein Fraunhofer-weites Webinar zum Thema Predatory Publishing durchgeführt, um über das Thema anschaulich aufzuklären, Informationen breiter zur Verfügung zu stellen und zukünftig Handlungsempfehlungen auszuarbeiten. Auch Hinweise auf einzelne Predatory Publisher sind bereits erfolgt. Weitere Webinare sind für dieses Jahr geplant, um die Reichweite zu erhöhen.
- - Mit der gezielten Informationsveranstaltung »Wissenschaftliches Publizieren« werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Fraunhofer-Einrichtungen intensiv geschult. Das Thema Predatory Publishing umfasst dabei einen eigenen Schulungsblock mit Fallbeispielen und Handlungsoptionen im Zweifelsfall. Fraunhofer empfiehlt seinen Mitarbeitenden u.a. die Kampagnen »Think, Check, Submit« und »Think, Check, Attend«.
Um weiter gegen Praktiken wie das Predatory Publishing vorzugehen, kommt es in erster Linie darauf an, verstärkt für qualitative und seriöse Publikationswege zu sensibilisieren. Neben internen Maßnahmen werden von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen derzeit auch organisationsübergreifend Mechanismen entwickelt, um gemeinsam gegen unredliche Praktiken, die der guten wissenschaftlichen Praxis entgegenstehen, vorzugehen.