3D-Digitalisierung trifft Ultraschall
So haben die Experten den Ansatz von CultLab3D um eine Ultraschall-Untersuchung erweitert. »Die Restauratoren können also in der digitalen Darstellung in das Innere des Objekts hineinzoomen und erkennen somit sofort, ob sich dort Instabilitäten, Korrosion und Löcher verbergen«, sagt Peter-Karl Weber, Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT. Das Besondere: Solche Untersuchungen sind nun innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen.
Möglich macht es ein elastischer Gurt, der an dem Objekt befestigt wird. »An ihm ist jeweils ein Ultraschallwandler angebracht. Über eine spezielle Elektronik können die Wandler zwischen Sender und Empfänger umschalten. Statt die Ultraschallwandler ständig neu positionieren zu müssen, reicht es nun, dem Kunstobjekt den Gurt umzulegen. Eine Kamera erkennt über QR-Codes auf den Wandlern, an welcher Stelle das Ultraschall-Tomogramm aufgenommen wurde, eine Software fügt die Ultraschallbilder in den digitalen Scan ein.
Bei Ultraschalluntersuchungen tragen Mediziner ein Gel auf die Haut der Patienten auf, um den Ultraschall in den Körper zu leiten. Bei Kunstgegenständen würde das Gel die Objekte beschädigen. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP entwickeln daher ein Material, mit dem sich der Ultraschall trocken einkoppeln lässt. Dieses Material hat die gleichen Eigenschaften wie das Gel und lässt sich rückstandsfrei entfernen.
Goldemail im Grünen Gewölbe
Eines der berühmtesten Museen Sachsens ist das Grüne Gewölbe im Dresdner Schloss. Darin befinden sich auch die filigranen Goldemail-Preziosen vom Hofjuwelier Dinglinger, die den Hofstaat des indischen Großmoguls darstellen. Diese waren mehrere Jahrzehnte in Vitrinen ausgestellt, die unbekannterweise viele Schadstoffe ausgasten. Die Folge: Die kunstvolle Emaillierung platzte Stück für Stück ab. Zwar wurden die Splitter akribisch gesammelt. Doch wie lassen sie sich wieder fixieren? Die Anforderungen an ein geeignetes Konservierungsmaterial sind extrem hoch: Es muss transparent sein, eine sehr lange Haltbarkeit besitzen, ähnliche Eigenschaften aufweisen wie Glas und darüber hinaus Email und Metall fest miteinander verbinden.
»Das passende Material – das Email-ORMOCER® – haben wir am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg bereits vor zwanzig Jahren entwickelt«, erklärt Dr. Gerhard Schottner, der dortige Abteilungsleiter. Dieser Werkstoff eignet sich nicht nur zur nachhaltigen Konservierung von Email-Preziosen, sondern, wie sich in der Restaurierungswerkstatt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden herausgestellt hat, zum dauerhaften Kleben von Elfenbein und Bergkristall. Leider waren im Laufe der Jahre die von der Industrie gelieferten Ausgangsstoffe nicht mehr in der benötigten Qualität erhältlich. Denn kleinste Unreinheiten können bei der Synthese dieser Silizium-organischen Verbindungen bereits große Unterschiede bewirken. Was also tun? »Wir brauchen für den Erhalt von Kulturerbe das beste Material. Die benötigten Mengen sind aber extrem klein«, erklärt Schottner. Daher sind Materialentwicklung und Vertrieb unrentabel für ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen. Das Vorstandsprojekt und eine Finanzierung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt boten einen Ausweg. Das ISC-Team analysierte die Ausgangstoffe sowie Einzelschritte der Herstellung bis ins kleinste Detail, wie Feuchtigkeit und Temperatur, und untersuchte den Einfluss der verschiedenen Lösungsmittel auf das Endprodukt. Nun ist fast geschafft: Das Material ist in der Endphase des Testens, der verantwortliche Restaurator Rainer Richter von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist höchst zufrieden.