Das Thema Biologische Transformation ist in aller Munde. Bei dieser Art des Wirtschaftens steht die nachhaltige Nutzung von biologischen Ressourcen wie Pflanzen oder Mikroorganismen im Vordergrund. Sie soll zukünftig die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen wie Erdöl, Kohle oder Gas reduzieren und helfen, die großen Herausforderungen wie Klimawandel und globales Bevölkerungswachstum zu meistern. Die Biologische Transformation bietet Chancen und Möglichkeiten für nahezu alle Branchen. Ein Einsatzgebiet biologischer Ressourcen sind Werkstoffe – zum Beispiel naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK). Durch ihre Vorteile sind sie als Alternative für glas- und kohlefaserverstärkte Kunststoffe (GFK bzw. CFK) interessant: Sie sind nachwachsend, biologisch abbaubar und robust, verbrauchen weniger Energie in der Herstellung, sind leichter und weisen bessere akustische Eigenschaften auf. Der Nachteil bisher: Sie nehmen sehr leicht Wasser auf, werden dadurch beschädigt und verlieren ihre sonst guten mechanischen Eigenschaften.
Faserbehandlung und Garntechnik clever kombiniert
Das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt hat dieses Problem nun zusammen mit dem Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Sondierungsprojekt »Bastfix« gelöst. Der Ansatz: Eine clevere Kombination aus spezieller Faserbehandlung und Garnverfahren. »Eine reine Oberflächenbehandlung der Naturfasern mit wasserabweisenden Schichten bringt keinen Fortschritt«, erklärt Dr. Roland Klein, Gruppenleiter für Grenzflächendesign im Forschungsbereich Kunststoffe am LBF. »Das Wasser dringt dann nach wie vor über Schnittkanten oder sonstige Beschädigungen in die Naturfaser ein.« Aus diesem Grund haben die Wissenschaftler die Fasern so behandelt, dass sie im Innern feuchteabweisend sind. Das gelang ihnen, indem sie Polymere im Innern der Naturfasern erzeugt haben. »Zunächst haben wir die Monomere des Kunststoffs in die Hohlräume der Naturfasern eindringen lassen. Die Polymerisation lief dann direkt im Innern der Fasern ab«, beschreibt Klein den Kern der neuen Faserbehandlung. Der Einsatz des Verfahrens ist insbesondere für thermoplastische Faserverbunde interessant, da bei deren Herstellung das geschmolzene Polymer sehr viskos ist, nicht ins Innere eindringt und die Fasern nur oberflächlich benetzt. Der Vorteil von Thermoplasten: Sie lassen sich auch nach der Herstellung noch beliebig verformen.
Neue Einsatzgebiete für NFK
Bei ihren Versuchen verwendeten die Forscher Flachsfasern in Form eines Vorgarns, also dem Zustand vor dem Verspinnen zu Garnen und deren Weiterverarbeitung zu textilen Flächen. Das hat den Vorteil, dass hierbei die Fasern vollständig mit dem Monomer getränkt werden können, da sie noch einzeln vorliegen. Die vollständige Tränkung wäre an einem verdrehten Garn oder einem Gewebe gegebenenfalls nicht gewährleistet. Hier kommt nun das Garnverfahren der ITA ins Spiel. Im Umwindespinnverfahren ordnen die Aachener Wissenschaftler die Naturfasern parallel an und umwinden die parallelen Stränge mit einem Umwindefilament. Der Vorteil: Die Fasern sind dabei nicht verdreht, was Ihnen eine erhöhte Festigkeit verleiht. »Indem man beide Verfahren kombiniert, lassen sich die physikalischen Eigenschaften der Naturfasern voll ausschöpfen. Durch diese beiden Entwicklungen wird das Einsatzgebiet für NFK stark erweitert, sodass sie auch in Außenbereichen und hochbeanspruchten Bauteilen eingesetzt werden können«, schildert Klein den Mehrwert. Bislang kommen NFK vor allem in Autos vor, zum Beispiel als Innenverkleidung von Türen.
Für seine Forschungsarbeiten erhielten Klein und sein Team den »DNFI Innovation in Natural Fibres Award 2017«. 15 Organisationen aus der Textilbranche hatten die Discover Natural Fibres Initiative (DNFI) nach dem Internationalen Jahr der Naturfaser der Vereinten Nationen 2009 gegründet.