Seit 1999 zeichnet die Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium hervorragende, anwendungsorientierte Promotionsarbeiten, die in enger Kooperation mit einem Fraunhofer-Institut angefertigt wurden, mit dem Hugo-Geiger-Preis aus. Benannt ist der Preis nach Staatssekretär Hugo Geiger, Schirmherr der Gründungsversammlung der Fraunhofer-Gesellschaft am 26. März 1949. Vergeben werden insgesamt drei Preise, die mit 5000, 3000 und 2000 Euro dotiert sind. Die Einreichungen bewertet eine Jury mit Vertretern aus Forschung und Entwicklung sowie der Wirtschaft. Kriterien der Beurteilung sind wissenschaftliche Qualität, wirtschaftliche Relevanz, Neuartigkeit und Interdisziplinarität der Ansätze. In diesem Jahr fand die Verleihung zum ersten Mal im Rahmen des Fraunhofer-Symposiums »Netzwert« statt.
Lösung bedarfsorientierter Forschungsfragen
Anlässlich der Preisverleihung sagte Franz Josef Pschierer, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie: »Bayern ist ein international herausragender Wirtschaftsstandort. Unsere innovativen Produkte und Dienstleistungen sind weltweit gefragt. Grundlage ist unter anderem eine exzellente anwendungsnahe Forschung und Entwicklung in den Unternehmen selbst, aber auch in Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer-Gesellschaft. Hier wird bereits heute an marktfähigen Technologien von morgen geforscht. Mit dem vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gestifteten Hugo-Geiger-Preis wollen wir herausragende Dissertationen an einem Fraunhofer-Institut würdigen und sichtbar machen. Denn der wissenschaftliche Nachwuchs von heute ist der Vordenker und Leistungsträger von morgen. Wir können unsere Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft nur erhalten, wenn wir auch künftig schneller, innovativer und kreativer sind. Dazu leisten die drei Preisträger einen wertvollen Beitrag – meinen herzlichen Glückwunsch!«
Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, ergänzte: »Der Anspruch erstklassige wissenschaftliche Leistungen zu erbringen, die zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen, zeichnet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraunhofer-Gesellschaft aus. Die Exzellenz und Originalität unserer Forschung ist die Grundlage für unseren Erfolg. In diesem Sinne freut es mich ganz besonders, dass wir heute drei junge Forschende ehren, die mit ihren anwendungsorientierten Promotionsarbeiten neue Wege eröffnen, bedarfs- und problemorientierte Forschungsfragen zu beantworten.«
Transparent und leitfähig
Der erste Preis ging in diesem Jahr an Dr. Astrid Bingel vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF für ihre Arbeit zum Thema maßgeschneiderte TCO-Schichten und Schichtsysteme: Aktive photonische Elemente wie Flachbildschirme, LEDs und OLEDs sind aus unserer modernen Informations- und Kommunikationstechnologie kaum noch wegzudenken. Schlüsselelemente für diese Bauelemente sind transparente und zugleich leitfähige Beschichtungen, sogenannte Transparent and Conductive Oxide, kurz TCOs. Bingel gelang es im Rahmen ihrer Doktorarbeit, TCO-Schichten mit unterschiedlichsten Transparenzbereichen und elektrischen Leitfähigkeiten zu realisieren, die physikalischen Ursachen dieser Eigenschaften zu ergründen und anwendungsspezifisch verfügbar zu machen. Ihren Schwerpunkt legte Bingel auf transparente und leitfähige Schichten auf Zinkoxid-Basis. Dabei konnte sie mithilfe einer nur wenige Nanometer starken Zwischenschicht aus Silber ein Materialsystem entwickeln, das einen vielversprechenden Ersatz für das kommerziell genutzte, jedoch teure Indiumzinnoxid bietet. Das von Frau Bingel ausgewählte Herstellungsverfahren ist etabliert, unkompliziert und lässt sich ohne Weiteres auf industrielle Maßstäbe hochskalieren.
Mehr Sicherheit im App-Store
Den zweiten Hugo-Geiger-Preis erhielt Dr.-Ing. Siegfried Rasthofer vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT für seine Promotionsarbeit, die sich mit der Analyse von Android-Software auf schädliche Inhalte beschäftigt: Cyberangriffe, bei denen Hacker Schadcodes verteilen, bedrohen Wirtschaft, Behörden und Privatleute gleichermaßen und führen immer wieder zu großen Schäden. Besonders riskant: Verstecken sich die Schadcodes in Softwareprodukten, haben gängige Virenschutz-Programme kaum eine Chance, sie zu finden. Bisher hatten die Betreiber von App-Stores große Probleme, verschleierte schadhafte Apps automatisch zu identifizieren. In seiner Dissertation lieferte Siegfried Rasthofer neue Ansätze, um Schadcodes in Apps zu erkennen und zu untersuchen. Dies funktioniert sogar dann, wenn die Hacker den Schadcode verschleiern. Im Rahmen der Doktorarbeit ist unter anderem die lizenzierbare Software »CodeInspect« entstanden, die vom Fraunhofer SIT angeboten wird. Die Ergebnisse der Dissertation liefern zudem die Basis dafür, künftig auch Sicherheitsanalysen von nativem Binärcode durchführen zu können.
Neue Filter für Bildsensorik
Der dritte Preis wurde an Dr.-Ing. Maximilian Rumler vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB für seine Arbeit über optische Filter für die Bildsensorik verliehen: Bevor das einfallende Licht auf die Pixel eines Bildsensors trifft – etwa in einer Digitalkamera –, wird es von einem optischen Filter in die Primärfarben Rot, Grün und Blau zerlegt. Aktuell bestehen solche Filter aus organischen Polymeren. Diese lassen sich allerdings nicht beliebig verkleinern, zudem altern sie durch UV-Strahlen und Wärme. Rumler beschäftigte sich in seiner Dissertation mit plasmonischen Filtern, die eine Alternative zu den heute üblichen Farbfiltern bieten. Welche plasmonischen Filterstrukturen eignen sich am besten für die Bildsensorik? Mit dem Simulationsprogramm »Dr.LiTHO« aus dem Fraunhofer IISB berechnete er das spektrale Filterverhalten, untersuchte die Einflüsse unterschiedlicher Faktoren und senkte darüber hinaus die benötigte Berechnungszeit. Weiterhin optimierte er das Prägeverfahren der substratkonformen Imprintlithografie und nutzte es erstmals dazu, plasmonische Filterstrukturen großflächig herzustellen. Herr Rumler konnte somit zeigen, dass sich großflächige photonische Strukturen im Nanometerbereich potenziell kostengünstig produzieren lassen.