Wie Adern den menschlichen Körper durchziehen Kupferkabel den Rumpf von Flugzeugen. Sie übertragen elektrische Signale, die z. B. Sensoren zur Temperaturmessung, LEDs in Decken oder elektronische Anschlüsse in Sitzen steuern. Für die Montage werden einzelne Stränge zu Kabelbäumen zusammengefasst. »Aktuell laufen Fertigung und Montage der Kabelbäume zu 100 Prozent manuell ab. Das ist sehr aufwändig und teuer«, macht Dr. Ralf Zichner deutlich. Der Leiter der Abteilung Printed Functionalities am Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz arbeitet zusammen mit seinem Forscherteam an Fertigungsverfahren, die elektrische Leiterbahnen automatisiert direkt auf Flugzeugbauteile drucken. Die Vorteile: Es entsteht kein Ausschuss bei der Produktion, die Druckvorlagen können schnell und flexibel angepasst werden, das klassische Verlegen der Kabelbäume entfällt und die Flugzeughersteller sparen Platz und Gewicht.
Kabelbäume einfach ausdrucken
»Wir verwenden elektrisch leitfähige Tinte aus Silber, die wir im Sieb- oder Inkjet-Druckverfahren in wenige Mikrometer dünnen Schichten direkt auf Leichtbauwerkstoffe der Luftfahrt, zum Beispiel hochtemperaturbeständige Kunststoffe, aufbringen«, erklärt Zichner. Neben der Verwendung von Drucktechnologien zur Herstellung von Leiterbahnen integrieren die Chemnitzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch Mikrokontroller, Dioden, Kondensatoren, Widerstände und andere Elektronikkomponenten in Module für die Luftfahrt. Dabei müssen Tinte und Druckverfahren optimal auf die Werkstoffe abgestimmt sein, auf die gedruckt wird. Für diese Prozesse und speziell für die Anforderungen der Luft- und Raumfahrt hat das Fraunhofer ENAS umfassendes Know-how. Die Technologie steht kurz vor der Einführung. Aktuell wird sie im Fraunhofer-Leitprojekt »Go Beyond 4.0« optimiert.
Wirtschaftliche Fertigung mit Thermoplasten
Ein Beispiel für luftfahrttaugliche Kunststoffe sind hochtemperaturbeständige Thermoplaste. Sie sind wichtiger Bestandteil leichter, stabiler Faserverbundkunststoffe (FVK), die beim Bau von Flugzeugen nicht mehr wegzudenken sind. Thermoplaste lassen sich in einem bestimmten Temperaturbereich um- oder urformen, kühlen nach der Bearbeitung rasch aus und können schnell weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus punkten sie mit guter Flammresistenz und der Möglichkeit zur Funktionsintegration. »Bisher fehlte es in der Luftfahrt jedoch an Konzepten zur wirtschaftlichen Fertigung von funktionsintegrierten Thermoplaststrukturen«, stellt Tobias Joppich aus der Abteilung Polymer Engineering/Thermoplastverarbeitung am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal fest.
Das Forschungsinstitut hat zusammen mit Partnern im LuFo V-1 Programm einen wichtigen Schritt getan, um das Potenzial der Thermoplaste auch beim Bau von Flugzeugen zu nutzen. Gemeinsam entwickelte man ein neues, speziell auf Frachträume abgestimmtes Bauteil- und Fertigungskonzept mit modularen Versteifungselementen. Die Leichtbauexperten produzieren diese aus faserverstärkten Hochtemperaturthermoplasten im Hybrid-Molding-Verfahren, einer Kombination aus Umform- und Spritzgießverfahren. Die Leichtbauelemente sind flammfest, stabil, lassen sich automatisiert in großen Stückzahlen herstellen und einfach montieren: Man steckt sie einfach zusammen. »So können Hersteller Innenwände von Frachträumen schnell in flexiblem Design versteifen«, sagt Joppich. Die stabile Gitterstruktur wird anschließend per Laserdurchstrahlschweißen an der Innenwand des Frachtraums befestigt. Das neue Konzept der Badener lässt sich auch auf andere Flugzeugbauteile übertragen, beispielsweise auf die Außenhaut, Verbindungselemente oder interne Bauteile wie Sitzstrukturen. Auch hybride Werkstoffkombinationen kann das Fraunhofer ICT realisieren.