Virtuelles Museum im Internet
Der Aufwand lohnt sich: »Ein Großteil der Museumssammlungen lagert in Kellern, es fehlt einfach an Ausstellungsflächen. Das Germanische Nationalmuseum hat einen Fundus von 2500 alten Instrumenten, die in unterirdischen Depots aufbewahrt werden. Durch die Digitalisierung mit Computertomographie können wir die Bestände ins Internet bringen und für jedermann zugänglich machen, quasi ein virtuelles Museum schaffen«, sagt Dr. Theobald Fuchs, Leitender Wissenschaftler am Fraunhofer EZRT und Leiter des Projekts MUSICES.
Mehr als hundert Instrumente aus vergangenen Jahrhunderten hat das Team bereits digitalisiert – von der Büchsentrompete über die Mundharmonika bis hin zum Tafelklavier. Die unterschiedlichen Größenordnungen verlangen Scans in verschiedenen Anlagen. Das Tafelklavier etwa wurde im Linearbeschleuniger durchleuchtet, dem europaweit größten Computertomographen. Die XXL-Röntgenumgebung besteht aus zwei acht Meter hohen Stahltürmen und einem drei Meter breiten Drehteller in einer 400 Quadratmeter großen Halle mit 14 Metern Deckenhöhe. Kleinere Streich- oder Blasinstrumente werden in gängigen Anlagen geröntgt. Bei allen Untersuchungen befinden sich die Objekte auf einem Drehteller zwischen der Röntgenquelle und dem Flachbilddetektor, der sehr hohe Ortsauflösungen erreicht. Eine eigens entwickelte Halterung fixiert die Instrumente wackelfrei. Der Röntgenstrahl durchdringt das rotierende Objekt, abhängig von Materialstärke und -dichte sind unterschiedliche Strahlendosen erforderlich. Je nach Beschaffenheit des Instruments dauert so ein Scan mehrere Stunden. Dabei erstellt der Computertomograph mehrere Tausend Einzelbilder, die zusammengesetzt ein dreidimensionales Bild ergeben.
Bis Januar 2018 wollen die Forscher ihre Ergebnisse im Internet veröffentlichen. Diese umfassen sämtliche CT-Daten, aber auch das Messverfahren inklusiver aller Schritte dokumentieren sie detailliert und nachvollziehbar. Der Standard hält alle Details für die Computertomographie fest. Die Richtlinien geben an, wie die einzelnen Instrumente gemessen werden sollten.
Metadaten werden öffentlich zugänglich gemacht
Darüber hinaus sollen alle technischen Parameter und Metadaten am Ende des Projekts in einer am GNM entwickelten Datenbank veröffentlicht werden. »Erstrebenswert wäre es, wenn man den kompletten Bestand an historischen Instrumenten des Germanischen Nationalmuseums 3D digitalisieren und ins Internet stellen könnte. Wie das am besten zu bewerkstelligen ist, haben wir mit unserem Standard festgehalten«, so Fuchs. »Einer von vielen Faktoren, die man jetzt einschätzen kann, ist der Aufwand. Ein Beispiel: Um eine Geige komplett mit einer Auflösung von weniger als 50 Mikrometern zu röntgen, benötigt man bis zu 20 Stunden. Folglich ist man in der Lage, das für die Anzahl von x Instrumenten hochzurechnen. Dabei fällt eine bestimmte Menge an Volumendaten an, für die man spezielle Festplatten, eine bestimmte Menge an Netzwerkkapazität und besondere Software benötigt. All dies haben wir aufgelistet«. Ein weiterer Vorteil: Die Erfahrungen und Erkenntnisse mit den Musikinstrumenten lassen sich auch auf andere Kulturgüter übertragen, etwa auf wissenschaftliche Instrumente wie Fernrohre oder auf alte Waffen.
Bereits auf der Langen Nacht der Wissenschaften am 21. Oktober in Fürth können Interessierte einen Blick ins Innere zahlreicher historischer Instrumente werfen: Im Rahmen einer Ausstellung präsentiert das Fraunhofer EZRT CT-Aufnahmen, die als exemplarisch für die Versuchsreihe gelten.