Das Bild ist stechend scharf – man fühlt sich, als würde man tatsächlich durch die fantastischen Welten wandeln, die die VR-Brille um einen herum entstehen lässt. Bisher sind die Brillen jedoch meist noch recht schwer und sperrig. Das liegt vor allem an den Displays, die das Kernstück einer jeden VR-Brille bilden. Kommerziell verfügbare VR-Brillen nutzen in der Regel Displays aus dem Smartphone-Markt. Diese sind kostengünstig verfügbar und erlauben ein großes Sichtfeld mit einfachen Optiken. Der Nachteil liegt in der verpixelten Bilddarstellung durch die limitierte Auflösung und die unzureichende Pixeldichte. Weiterhin kommen modulierende LCD- und LCOS-basierte Mikrodisplays zum Einsatz. Diese sind nicht selbstleuchtend, so dass eine externe Beleuchtung erforderlich ist. Um die VR-Brillen leicht und ergonomisch zu gestalten, setzen einige Hersteller bereits auf OLED-Mikrodisplays: Diese basieren auf organischen Leuchtdioden, die auf einen Silizium-Chip integriert werden und von selbst leuchten. Damit sind sie energieeffizient und bieten sehr hohe Kontrastverhältnisse >10.000:1. Darüber hinaus ermöglicht der Wegfall der Hintergrundbeleuchtung einen vereinfachten Aufbau mit weniger optischen Komponenten.
Ein weiterer Vorteil besteht in der hohen Schaltgeschwindigkeit der OLEDs im Bereich von wenigen Mikrosekunden im Vergleich zu Millisekunden bei LCDs. Dies ermöglicht hohe Bildwiederholraten sowie den Einsatz spezieller Modulationsverfahren zur Verbesserung des wahrgenommenen Bildes.
Kompaktes Design und hohe Auflösung
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden entwickeln im EU-Projekt LOMID, kurz für Large cost-effective OLED microdisplays and their applications, gemeinsam mit Industriepartnern neuartige OLED-Mikrodisplays, die deutlich bessere Eigenschaften aufweisen als die handelsüblichen. »Unser Ziel ist es, eine neue Generation von OLED-Mikrodisplays zu entwickeln, die ein kompaktes Design der VR-Brillen erlauben und sich durch eine exzellente Bildqualität auszeichnen«, erläutert Philipp Wartenberg, Abteilungsleiter am FEP, das im Projekt für den Entwurf der integrierten Schaltung im Silizium-Chip, das OLED-Prototyping sowie die Gesamt-Projektkoordination zuständig ist. »Erreichen wollen wir das über ein spezielles Design des OLED-Mikrodisplays.« So weit, so gut. Doch was ist an den Mikrodisplays, die im Projekt entwickelt werden, so besonders? Zum einen ihre Auflösung: Sie erreichen extended full-HD, ihre Auflösung beträgt 1920 x 1200 Pixel (WUXGA). Die Bildschirmdiagonalen liegen bei einem Zoll, die Bildwiederholrate bei 120 Hertz. Das heißt: Es werden 120 Bilder pro Sekunde eingeblendet – Bewegungen in der virtuellen Welt wirken damit sehr flüssig.
Spezielle Schaltungen auf dem Chip
Das Mikrodisplay setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Dem Silizium-Chip zur Ansteuerung der Pixel sowie der OLED. Diese selbst besteht aus mehreren organischen Schichten, die monolithisch auf Silizium-Wafern integriert werden. Welche Auflösung und Bildrate das Mikrodisplay hat, gibt der Chip vor – und zwar durch seine integrierte Schaltung. Der Clou liegt in der Art der Schaltung. »Die Kunst besteht nicht nur darin, Auflösung und Bildwiederholrate hochzuschrauben, sondern dabei den Stromverbrauch auch noch möglichst gering zu halten«, sagt Wartenberg. »Das ist uns sehr gut gelungen – dank eines ausgeklügelten Systemkonzepts und moderner Designmethodik sowie unserer mehr als zehnjährigen Erfahrung im Design von OLED Mikrodisplays am FEP.«
Einen ersten Prototyp gibt es bereits. Diesen stellen die Forscher vom 5. bis 7. Dezember 2017 in Brüssel vor, auf dem European Forum for Electronic Components and Systems EFECS. Bis Mitte 2018 sollen weitere Prototypen folgen. Für die zeitnahe Überführung dieses Mikrodisplays in ein Markt-Produkt haben die beteiligten Industriepartner bereits Interesse signalisiert. Die Anwendungen der OLED-Mikrodisplays sind dabei keineswegs nur auf VR-Brillen begrenzt – auch wenn diese mittelfristig der größte Markt sein dürften. Sie eignen sich darüber hinaus für andere Produkte, etwa Augmented-Reality-Brillen (AR) oder View-Finder in Kameras. Die Basis-Technologie CMOS-integrierter Lichtemitter (und ggf. –detektoren) bietet auch Anwendungspotenzial in anderen Marktsegmenten, z.B. optischer Messtechnik, Identifikation oder Optogenetik.
Insbesondere für Mikrodisplays in consumer-tauglichen Augmented Reality-Brillen sehen die Forscher noch einige bislang ungelöste Herausforderungen, die sie künftig angehen wollen: Sehr hohe Helligkeiten und Effizienz (wofür die bisherigen Farbfilter abgelöst und durch direkt strukturierte Emitter ersetzt werden müssen), gute Ausbeute bei großer (Chip-)Fläche, gekrümmte Oberflächen für kompaktere Optik, kreisförmige Leuchtflächen, irreguläre Pixel-Matrizen bei noch höherer Pixeldichte, integrierte Augenverfolgung und transparente Substrate.