Leichtbau für die Großserie: Fraunhofer-Projektzentrum startet in Wolfsburg
Am neuen Fraunhofer-Projektzentrum in Wolfsburg arbeiten drei Fraunhofer-Institute zusammen. Es ist eng verzahnt mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen der Region. Die Forscher erarbeiten gemeinsam Systemlösungen für die Serienfertigung von ressourcenschonenden und kostengünstigen Leichtbaukomponenten für die Automobilindustrie. Am 22. April 2015 unterzeichneten der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, Professor Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, neben weiteren Partnern eine Vereinbarung über diese Kooperation am Forschungsstandort Niedersachsen.
Die industrielle Fertigung von Fahrzeugen steht vor großen Herausforderungen. Erhebliche Mengen an Rohstoffen und Energie sind für die Produktion erforderlich.Doch Ressourcen sind knapp und teuer, Energiepreise steigen. Deutschland als Hochtechnologiestandort und gleichzeitig rohstoffarmes Land benötigt neue Ansätze, um Ressourcen einzusparen.
»Leichtbaustrukturen, die bisher in kleinem Umfang für exklusive Sportwagen oder Flugzeuge hergestellt werden, sollen künftig für alle Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Im Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg entwickeln wir Lösungen für nachhaltige Material- und Antriebskonzepte. Wir ergreifen die Chance, gemeinsam mit unseren Partnern aus der Region eine gesamte Prozesskette für Leichtbaustrukturen abzubilden, großseriennah zu erproben und damit neue Impulse für die industrielle Produktion zu setzen«, erklärt Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.
Die drei Fraunhofer-Institute für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen, für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz und für Holzforschung WKI in Braunschweig bilden dabei unter der Gesamtkoordination von Professor Matthias Busse das Startteam für dieses Projekt. Das Fraunhofer-Projektzentrum Wolfsburg hat eine offene Struktur und kann je nach Forschungsbedarf durch weitere Fraunhofer-Institute und Arbeitsgebiete ergänzt werden. Damit leistet das Projektzentrum einen wichtigen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Unternehmen. Die Forschungsergebnisse können auch für Windkraftanlagen, Flugzeuge und weitere Transportmittel nutzbar gemacht werden.
Fraunhofer-Projektzentrum erweitert bestehendes Netzwerk
Mit der Gründung des Open Hybrid LabFactory e.V. (OHLF) in Wolfsburg am 27. Mai 2013 hat sich ein Verbund von Partnern aus Industrie und Wissenschaft zusammengefunden, der die Entwicklung einer umfassenden Wertschöpfungskette ermöglichen soll. Mit diesem Ziel vor Augen kombinieren die Projektpartner verschiedene Materialien, entwickeln neue Verfahren, um Faserverbundwerkstoffe herzustellen und nachwachsende Rohstoffe zu verarbeiten bis hin zum Recycling. Andere Themen sind: Effizienz steigern und Emissionen senken sowie industrielle Serienfähigkeit ermöglichen. Dies möchten die Forscher bei ihrer Arbeit zur Material- und Prozessentwicklung in Pilotprozessen demonstrieren.
Das Fraunhofer-Projektzentrum ist nun Teil des OHLF und ergänzt die dort bereits bestehenden Aktivitäten. Das Land Niedersachsen, die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Volkswagen AG und weitere Industriepartner finanzieren das Projektzentrum. Ein weiterer Forschungspartner und Initiator des OHLF ist die TU Braunschweig. Für die Aufbauphase stehen in den nächsten fünf Jahren insgesamt 33 Mio Euro als Finanzierung am Standort Wolfsburg zur Verfügung. Fraunhofer und das Land Niedersachsen übernehmen den maßgeblichen Teil der Kosten für die notwendigen Investitionen in die Erstausstattung des Projektzentrums, vor allem für die benötigte Anlagentechnik. Die Infrastruktur wird seitens des Open Hybrid LabFactory e.V. bereitgestellt. Das Projektzentrum soll in fünf Jahren etwa fünfzig Arbeitsplätze bieten.
Systemlösungen für den serienfähigen Leichtbau
Die Wissenschaftler starten mit vierzehn Projekten für zukunftsträchtige Leichtbaulösungen. Dazu gehört beispielsweise die Oberflächenvorbehandlung von Fasern und Faserhalbzeugen, um die Produktionsgeschwindigkeit der Leichtbaumaterialien zu erhöhen und die Qualität von Verbundwerkstoffen zu verbessern. Für neue Werkstoffkombinationen benötigt man innovative Füge- und Fertigungstechnologien. Daneben sollen auch Naturfasern für die neuen Materialien aufbereitet und integriert werden. Immer mit dem Blick auf eine effiziente Fertigung von Faserverbundbauteilen in mittleren und großen Stückzahlen werden entsprechende Fertigungsanlagen im Rahmen des Projektzentrums entwickelt und aufgebaut. »Wir müssen Rohstoffe effizienter und intelligenter nutzen, mehr recyceln und nach Alternativen forschen. Nur so lassen sich aus weniger Ressourcen mehr Produkte fertigen und die Belastung für die Umwelt maßgeblich senken«, fasst Professor Neugebauer zusammen.