Die digitale Filmrolle
Statt schwerer Filmrollen werden heute digitale Filmkopien an die Kinobetreiber verschickt. Mit der Software easyDCP lassen sich diese Datenpakete einfach im geforderten Standard erstellen, so dass die digitalen Streifen auch in jedem Kino laufen.
Mehr als ein Jahrhundert lang dominierte analoge Technik das Kino. Die bewegten Bilder wurden auf Filme aus Zelluloid beziehungsweise Polyester gebannt. Dabei galten weltweit einheitliche Standards: Der Filmstreifen ist 35 Millimeter breit und am Rand mit einer Perforation versehen. Deshalb konnten Kinohits – egal, wo sie gedreht wurden – in jedem Lichtspielhaus der Welt gezeigt werden. Das hat sich mit der Digitalisierung des Kinos geändert: Heute verschicken die Verleiher meist keine Filmrollen mehr, sondern digitale Kinopakete (Digital Cinema Package; DCP) via Festplatte oder auch via Satellit. Darin sind die verschlüsselten digitalen Film- und Audiodaten sowie die Untertitel verschiedener Sprachversionen enthalten.
Auch das D-Cinema braucht einheitliche Standards. Nur dann laufen digitale Filme in jedem Kino – egal, mit welcher Kamera sie aufgenommen wurden, mit welchen Programmen die Postproduktion erfolgte oder welche Projektoren installiert sind. Die technischen Vorgaben fürs digitale Kino haben 2005 die sechs größten Hollywood-Studios in der »DCI-Norm« definiert. Im Auftrag der Studios haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen weltweit gültige Testverfahren zur Einhaltung der Spezifikationen des DCI-Standards erarbeitetet. Damit die digitalen Filmkopien ebenfalls dieser Norm entsprechen, haben die Experten des Fraunhofer IIS eine Software entwickelt, mit der sich DCPs zuverlässig für alle Abspielsysteme passend herstellen lassen.
Einfache und übersichtliche Bedienung
»Bei der Entwicklung von »easyDCP« konzentrierten wir uns darauf, die Bedienung möglichst einfach und übersichtlich zu gestalten«, sagt Dr. Siegfried Fößel, der die Abteilung Bewegtbildtechnologien am IIS leitet. Ein Konzept, das die Nutzer überzeugte. In kurzer Zeit wurde die Software zum Marktführer. Mehr als 1000 Kunden nutzen schon das Programm. Mittlerweile integrieren große Firmen die Software in ihre Produkte – darunter Quantel, Drastic und Blackmagic Design.
»Wir haben mit »easyDCP« erstellte digitale Filmpakete auf den unterschiedlichsten Abspielgeräten getestet und die Software kontinuierlich verbessert. Dabei ist auch das Feedback der Nutzer eingeflossen«, erläutert Heiko Sparenberg, Leiter der Gruppe Digitales Kino am Fraunhofer IIS. »Darum hat sich das Programm am Markt durchgesetzt.« Die Software ermöglicht es nicht nur großen Studios, sondern auch kleineren, unabhängigen Produzenten und Filmemachern eigene digitale Kinopakete zu erstellen. Von den umfangreichen Funktionen des Programms, wie der Herstellung von Untertiteln und Tonspuren in verschiedenen Sprachen, Unterstützung des 3D-Formats oder der 4K-Auflösung, profitieren Postproduktionsfirmen, Filmproduktionen, Verleiher und Filmfestivals. Die Software ist unter anderem bei der Berlinale im Einsatz. Dort wird die Qualität der aus aller Welt gelieferten digitalen Filmkopien geprüft. Fehlerhafte Filmpakete lassen sich so rechtzeitig erkennen und für die Vorführung vorbereiten.
Für ihre Arbeiten zum Thema »Das digitale Kino erobert die Welt – Software zur Erstellung von digitalen Kinopaketen ermöglicht den Durchbruch des digitalen Kinos« erhalten Dipl.-Inf. Heiko Sparenberg und Dr.-Ing. Siegfried Fößel einen der Joseph-von-Fraunhofer-Preise 2014.