Wasserstoff-Infrastrukturen

Die Transformation des Energiesystems mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 stellt eine große Herausforderung dar. In allen Nachfragesektoren besteht großer Handlungsbedarf. Der zunehmende Anteil an Erneuerbaren Energien bei der Erzeugung von Strom und Wärme bedingt die Notwendigkeit von geeigneten Speicher- und Sektorkopplungsoptionen für eine effiziente Ausgestaltung des Energiesystems. 

 

In der nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) der Bundesregierung wird auf grünen Wasserstoff als wesentlichen Baustein gesetzt, um den Energiebedarf in Deutschland flächendeckend klimaneutral zu sichern. Die NWS zeigt, dass die Nutzung von grünem H2, neben Energieeffizienz und der direkten Nutzung der Erneuerbaren, eine zentrale Rolle bei der Transformation der Industrie, des Verkehrssektors und der Energiewirtschaft hin zu Nachhaltigkeit und Klimaneutralität einnimmt. Die sehr ambitionierten Ziele in allen Sektoren bis 2030 und 2045 können nicht erreicht werden, wenn Wasserstoff und seine Derivate nicht in erheblichen Mengen ins System gebracht werden. Dies ist in der Nationalen Wasserstoffstrategie klar erklärt. Daraus ergibt sich, dass im Jahr 2030 alleine aus inländischer Erzeugung etwa 30 TWh bzw. ca. 1 Mio. t Wasserstoff pro Jahr zu handhaben und zu verteilen sind. Für die vollständige Defossilisierung des nationalen Energiesystems wird dieser Wert noch erheblich höher liegen. Für diese Dimension von Mengen muss bereits in 2030 ein entsprechendes Transport- und Verteilernetz existieren.

TransHyDE – Speicher und Transportlösungen für Grünen Wasserstoff

Das Wasserstoff-Leitprojekt TransHyDE, mit seinen fünf Forschungs- und vier Umsetzungsverbünden erarbeitet Lösungen, wie ideale Wasserstoff-Infrastrukturen beschaffen sein sollten, um gröstmögliche Effizienz und Resilienz zu schaffen. Im technologischen Zentrum von TransHyDE steht die Erforschung und Entwicklung von Transport- und Speicheroptionen für gasförmigen und flüssigen Wasserstoff, Ammoniak sowie flüssige organische Träger (Liquid Organic Hydrogen Carrier, LOHC). Die erarbeiteten Ergebnisse fließen direkt in Roadmapping Prozesse für die Entwicklung einer Wasserstoffinfrastruktur bis 2045 sowie die Schließung von Normierungs-, Standardisierungs-, Zertifizierungs- und regulatorischen Lücken ein. Koordiniert wird das Leitprojekt u.a. vom Fraunhofer IEG.

Die Fraunhofer-Institute IEE, IEG, IFF, IKTS, ISE, ISI und SCAI erarbeiten im Verbund Systemanalyse des Wasserstoff-Leitprojekts eine Einordnung der jeweiligen Transporttechnologieoptionen in das Gesamtsystem. Diese Analyse berücksichtigt die räumliche und zeitliche Entwicklung von Angebot, Bedarf und verknüpfender Transport- und Logistikinfrastruktur für grünen H2 auf nationaler und EU-Ebene, ebenso wie die daraus entstehenden Wechselwirkungen zu Strominfrastrukturen und anderen Energieträgern.

Im Verbund Sichere Infrastruktur erarbeiten die Fraunhofer-Institute IEG, IPM und IWM Konzepte und Methoden zur Bewertung von Werkstoffen und Bauteilen im Kontakt mit H2-Gas und deren Eignung für einen unfallsicheren und dauerhaften Einsatz unter praxisnahen Bedingungen in einer realen H2-Transportinfrastruktur. Sie entwickeln Gassensoren und Sensorsysteme zur Gewährleistung der Sicherheit von H2-Infrastrukturen und Komponenten und erproben die Sensorik unter praxisnahen Bedingungen am Prüfstand.

Das Fraunhofer ISE erforscht im Verbund AmmoRef eine anwendungsbezogene, industriell umsetzbare, sichere und kostengünstige Technologie zur Reformierung von Ammoniak.

Die Erforschung von Wasserstoff-Pipeline-Beschichtungen, Bewuchsschutz sowie optimierten Beschichtungs- und Klebesystemen für LOHC-Speicher ist Arbeitsschwerpunkt des Fraunhofer IFAM im TransHyDE Verbund Helgoland. Die Transformation des Energiesystems mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 stellt eine große Herausforderung dar. In allen Nachfragesektoren besteht großer Handlungsbedarf. Der zunehmende Anteil an Erneuerbaren Energien bei der Erzeugung von Strom und Wärme bedingt die Notwendigkeit von geeigneten Speicher- und Sektorkopplungsoptionen für eine effiziente Ausgestaltung des Energiesystems.

 

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© Projektträger Jülich im Auftrag des BMBF

Speicherung von Wasserstoff als Flexibilitätsoption

Die Speicherung von Wasserstoff ist ein wesentlicher Baustein zur Umsetzung der Energiewende. Denn Wasserstoff kann nur dann eine Flexibilitätsoption darstellen, wenn die zeitlich voneinander abweichende Wasserstoffnachfrage und –erzeugung ausgeglichen werden können. Der geologische Untergrund sowie physikalische und chemische Speichertechnologien bieten Möglichkeiten zur Speicherung von Wasserstoff. Die Kohlenwasserstoffindustrie nutzt den Untergrund schon seit Jahrzehnten in Deutschland und der Welt, um große Mengen an Erdgas im Porenraum der Gesteine (sog. “Porenspeicher”) oder in Salzkavernen zu lagern. Insgesamt werden in Deutschland rund 24 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Untergrund gespeichert. Damit besitzt Deutschland nach den Vereinigten Staaten, Russland und der Ukraine die viertgrößten Speicherkapazitäten weltweit.

Im Projekt H2-Forschungskaverne entwickelt das Fraunhofer IMWS eine H2-Speicherforschungsplattform für die großindustrielle Untergrundgasspeicherung von grünem Wasserstoff in Salzkavernen am Standort Bad Lauchstädt. Das Vorhaben ist in die Forschungsinitiative HYPOS eingebettet.

Im Projekt H2-Sponge »H2-Speicherpotenzial geologischer Gesteinsformationen« werden die Voraussetzungen für eine zukünftige sichere Untergrundspeicherung von Wasserstoff im Porenraum von Gesteinen geschaffen. Wesentliche Fragestellungen betreffen die geologischen Anforderungen an die Speicherung, die Priorisierung von Standorten und die experimentelle Untersuchung von Gesteinen im Kontakt mit Wasserstoff. Zu diesem Zweck werden zwei neuartige Wasserstoffprüfstände entwickelt, mit denen der Speicherprozess im Untergrund simuliert werden kann. Zum einen gilt es, in einem mobilen geochemischen Labor die Langzeitintegrität von Gesteinen in Kontakt mit Wasserstoff zu untersuchen. Zum anderen werden in einem Wasserstoffpermeameter und einem Wasserstoffporosimeter Experimente zu transienten Speicher- und Transportprozessen durchgeführt. Erst das Zusammenspiel dieser Versuchsstände ermöglicht eine aussagekräftige Bewertung von potenziellen Wasserstoffspeichergesteinen und der Dichtheit von Speichern. Weitere Aspekte, die untersucht werden, sind die strategische Planung von Monitoringkonzepten zur lückenlosen Überwachung aller Prozesse und die Entwicklung von Analysemethoden zur Integritätsbewertung von Wasserstoffspeicherbohrungen. Ziel ist es, Vorschläge für den Umgang mit Wasserstoff in geologischen Untergrundspeichern zu erarbeiten und geeignete Infrastruktur- und Sicherheitskonzepte zu entwickeln.

Poröse Gesteinsprobe eingebracht in den H2-Autoklaven des Fraunhofer IEG
© Fraunhofer IEG/Mollwitz
Poröse Gesteinsprobe eingebracht in den H2-Autoklaven des Fraunhofer IEG für Versuche unter Drücken von bis zu 50 MPa und Temperaturen von bis 200°C zur experimentellen Untersuchung von Gesteins-Fluid Wechselwirkung in potentiellen Speicherhorizonten für Wasserstoff.
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© Fraunhofer-Zentrum HTL
Herstellung eines isotensoiden Kugeltanks im KuWaTa-Projekt.

KuWaTa – Kugelförmige Wasserstofftanks

Im KuWaTa-Projekt des Fraunhofer HTL wurden mittels isotensoider Wickeltechnik aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) kugelförmige Wasserstofftanks entwickelt. Die Hochdruckspeicher für gasförmigen Wasserstoff sind für 700 bar ausgelegt und sollen bei einem Durchmesser von 1,25m 40 kg Wasserstoff speichern. Die Verwendung der Kugelform hat deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen zylindrischen Tanks. Aufgrund der konstanten Spannungsverteilung auf der Kugeloberfläche können die Wandstärken im Vergleich zu bislang üblichen Zylindergeometrien deutlich verringert werden. Bei gleichem Tankgewicht können so größere Mengen an Wasserstoff gespeichert werden. Durch die Verwendung von speziellen, diffusionshemmenden Matrices und Linern wird die Masse weiter reduziert und zusätzliche Gewichtseinsparungen werden erzielt. Das Verhältnis von Tankgewicht zu gespeichertem Wasserstoff liegt aktuell im Automotive Bereich bei 15:1. Mit dem Kugeltank wird ein Gewichtsverhältnis von 5:1 angestrebt. Durch die Nutzung der isotensoiden Faserablage wird gewährleistet, dass alle Fasern in der Armierung nahezu äquatorial in Umfangsrichtung abgelegt werden. Dadurch wird die Druckbelastung optimal auf die Fasern übertragen und so eine bestmögliche Auslastung der hohen Faserfestigkeiten ermöglicht. Hierfür wurde im KuWaTa Projekt ein spezieller Wickelalgorythmus für ein 5Achs-Roboter-System entwickelt. Die gleichförmige Belastung der Tankoberfläche konnte in Berstversuchen erfolgreich gezeigt werden.

 

Begleitung von Transformationsprozessen

Wie kann der Transformationsprozess zu einem weitgehend treibhausgasneutralen Energiesystem in Deutschland konkret aussehen? Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie BMWi modellieren die Experten des Fraunhofer ISI Szenarien für ein kostenoptimiertes und sicheres Energiesystem und liefern damit eine wichtige Orientierungshilfe für die Diskussion um die Weiterentwicklung der Energiewende. Mit dem Nachfragemodell FORECAST untersuchten sie für die Netzbetreiber zudem die Nachfrageseite des europäischen Energiesystems.

Auch Entwickler, Unternehmen und Investoren brauchen genauere Angaben zur Wirtschaftlichkeit, bevor sie in eine Wasserstofftechnologie investieren. Energiesystem-Modellierungen aus dem Fraunhofer IEG und Fraunhofer ISE können belastbare Angaben machen – von Wasserstoffentstehungskosten, Wirkungsgrad und Wasserstoffausbeute bis hin zu Machbarkeitsstudien sowie Ertragsgutachten. Beispielsweise wird im Projekt hyBit ermittelt, wie der Einsatz von Wasserstoff in der Schwerindustrie die industriellen Wertschöpfungsketten beeinflusst.

Ob innovative Energietechnologien erfolgreich sind, hängt unter anderem von der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Unterstützung ab. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Wasserstofftechnologien untersucht das Fraunhofer ISI im EUProjekt HYACINTH. Das Projekt H2-Chancendialog am Center for Responsible Research and Innovation des Fraunhofer IAO zielt darauf ab, das Innovationspotenzial gesellschaftlicher Perspektiven zu identifizieren, um neue Wasserstofflösungen kollaborativ und unter Einbezug unterschiedlicher Stakeholder zu entwickeln.

Vom Import zur regionalen Verteilung

Um den Bedarf an grünem Wasserstoff decken zu können, wird Deutschland einen Großteil des grünen Wasserstoffes samt Syntheseprodukten importieren müssen, da hierzulande erneuerbare Energiequellen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Unter der Leitung des Fraunhofer ISI entwickeln das Fraunhofer IEG und ISE im Projekt HYPAT einen globalen Wasserstoff-Potenzialatlas identifizieren dafür umfassend mögliche Export- und Importländer, die zugehörigen Wasserstoffexportkosten und leiten erstmals ab, zu welchen Preisen Wasserstoff global gehandelt werden könnte. Im Fokus stehen Exportpartnerschaften auf Augenhöhe - für eine gesicherte, ökonomische und ökologisch nachhaltige Produktion und Versorgung.

Neben der detaillierten Erhebung der weltweiten techno-ökonomischen Potenziale und Analyse der Wasserstoffketten, schließt die Analyse die nachhaltige Deckung der eigenen Energienachfrage, das Erreichen eigener Klimaziele und das Einhalten spezifischer Nachhaltigkeitskriterien für die Wasserstoffwirtschaft der Partnerländer ein. Neben der Identifikation geeigneter Quellenländer und Importrouten für den internationalen Bezug von Wasserstoff, ist die Entwicklung der nationalen Wasserstoffinfrastruktur von zentraler Bedeutung, um regionale Erzeuger und Verbraucher von Wasserstoff miteinander zu vernetzen.

Gemeinsam mit dem Fraunhofer ISI erarbeitete das Fraunhofer IEG im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg (MWAE) die Grundlagen für den Aufbau eines Wasserstofftransportnetzes im Land Brandenburg. Ziel der Machbarkeitsstudie war die Entwicklung eines übergeordneten Wasserstoffnetzes, das regionale Wasserstofferzeuger, -speicher und -endverbraucher miteinander verbindet und sich in eine deutschlandweite Wasserstoffinfrastruktur einfügt. Wo möglich wurde dabei auf die Umrüstung bestehender Erdgasleitungen abgestellt. Die Studie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Konkretisierung und Umsetzung der Wasserstoffstrategie des Landes Brandenburg.